Weltspitze in Mainz

von ChessBase
23.07.2008 – Nächste Woche ist es so weit: Am Montag, den 28. Juli, beginnen die Chess Classic Mainz und wie jedes Jahr bedeutet das eine Woche Spitzenschach in den unterschiedlichsten Turnieren und Veranstaltungen. Besonders reizvoll versprechen dieses Jahr die Schnellschachduelle zwischen Anand, Carlsen, Morozevich und Judit Polgar zu werden. Oder das stärkste Turnier aller Zeiten, in dem Rybka, das stärkste Computerprogramm der Welt, Shredder, Deep Sjeng und Naum, deren Elozahlen für ein Turnier der Kategorie 29 sorgen, gegeneinander treten. Nicht zu vergessen das ORDIX und das FiNet-Open, in denen vom Spitzengroßmeister bis zum Vereinsspieler alle Spielstärken vertreten sind. Harry Schaack wirft einen Blick auf die Turnierwoche in Mainz. Zur Vorankündigung...

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NUR DIE BESTEN
Von Harry Schaack

Wenn in der Woche vom 28. Juli bis zum 3. August in der Mainzer Rheingoldhalle die Chess Classic zum 15. Mal stattfinden, werden sich wie immer die Besten messen. Das gilt 2008 mehr denn je.

Die Live Elo-Liste vom 1. Juli (http://chess.liverating.org) zeigte just die drei Spieler auf den ersten drei Plätzen, die vom 1.-3. August zusammen mit der besten Frau der Welt, Judit Polgar, bei den Chess Classic in Mainz um die 13. GRENKELEASING Rapid World Championship spielen werden: Weltmeister und Branchenführer Viswanathan Anand, Magnus Carlsen und Alexander Morozevich. Im Gegensatz zur Fide Weltrangliste berücksichtigte die Live-Eloliste das Aerosvit-Turnier von Foros, das noch im Juni zu Ende ging und das der norwegische Superstar Magnus Carlsen mit einem Punkt Vorsprung überlegen gewann.

Die Auseinandersetzung verspricht Hochspannung, denn der Weltranglisten-Erste und 10-malige Sieger der Chess Classic Vishy Anand muss sich mit dem Ausnahmetalent Magnus Carlsen duellieren, der mit nur 17 Jahren bereits am Thron des Inders kratzt. Carlsen ist zweifellos einer der allergrößten Talente der Schachgeschichte. Innerhalb kürzester Zeit hat er sich in der Weltspitze etabliert. Nun gilt er als erster Aspirant des kommenden WM-Zyklus, in dem der WM-Herausforderer für 2010 ermittelt wird. Mit seinem geteilten Sieg im ersten von insgesamt sechs Qualifikationsturnieren, dem so genannten Grand Prix, hat er bereits den Grundstein dafür gelegt.


Magnus Carlsen: Eins der größten Talente der Schachgeschichte

Spannend ist die Frage, ob das "Wunderkind" dem indischen Favoriten Anand, der die Chess Classic seit mehr als einer Dekade dominiert, gerade im Schnellschach Paroli bieten kann. Noch führt Anand die Bilanz der beiden klar an. Beim diesjährigen Melody Amber in Nizza, wo der Weltmeister allerdings außer Form spielte, gelang Carlsen sein erster Schnellschachsieg. Vielleicht werden die Chess Classic richtungsweisend für die Kämpfe beider in den kommenden Jahren.


Was kommt dort auf mich zu? Weltmeister Anand ist nachdenklich.

Alexander Morozevich, der Dritte im Bunde, wird ein Wörtchen um den Turniersieg mitreden wollen. Der Moskowite präsentierte sich zuletzt in Hochform beim Kategorie 18 Turnier in Bosna Sarajewo. Mit diesem spektakulären Turniersieg, von denen es schon so viele in seiner Karriere gab, katapultierte er sich auf Platz 3 der Weltrangliste. Morozevich gilt als einer der kreativsten Spieler der Weltspitze. Das zeigt sich auch an einer ganzen Reihe von ungewöhnlichen Eröffnungen, die er in Topturnieren immer wieder erfolgreich angewendet hat. Es darf spekuliert werden, mit welcher Waffe er seine Gegner in Mainz überraschen wird.

Ergänzt wird das Viererfeld durch Judit Polgar, die herausragende weibliche Protagonistin der Schachgeschichte. Sie war die erste Frau, die sich nicht nur regelmäßig erfolgreich mit der Weltklasse messen konnte, sie war auch seinerzeit mit 13 Jahren die jüngste Großmeisterin aller Zeiten. Sie gehörte zu den Top Ten und spielte 2005 im Achterturnier von San Luis um die Weltmeisterschaft. 2004 forderte sie Anand in einem der spannendsten Matchs der Chess Classic alles ab. Die spektakuläre Auseinandersetzung bot den Zuschauern Kampfschach vom Feinsten. Alle acht Partien wurden entschieden und Anand konnte erst durch einen Doppelschlag in den letzten beiden Runden 5-3 gewinnen.


Judit Polgar

Die Zuschauer dürfen also gespannt sein, denn alle vier Teilnehmer der 13. GRENKELEASING Rapid World Championship zeichnen sich durch ihr aggressives Spiel und ihren unbedingten Siegeswillen aus. Vishy Anand erwartet daher diesmal eine besonders schwere Aufgabe. Die Chess Classic sind für den Inder eine der letzten Generalproben vor seiner Titelverteidigung im klassischen Schach gegen Wladimir Kramnik, die im Oktober in Bonn stattfindet.

Die Superlative bei den diesjährigen Chess Classic setzt sich auch bei den Frauen fort, die sich vom 29.-31. Juli bei der 2. FiNet Chess960 Rapid Woman World Championship messen. Auch hier sind die zuletzt herausragenden Spielerinnen versammelt. Chess960 ist die Schachart, die die Chess Classic popularisiert hat und bei der die Figuren auf der Grundreihe zufällig verteilt werden. Die Idee stammt eigentlich von dem kürzlich verstorbenen ehemaligen Weltmeister Bobby Fischer, wird aber erst seit den Chess Classic auch in der Weltspitze gespielt.

Titelverteidigerin bei den Frauen ist Alexandra Kosteniuk, die vor zwei Jahren die deutsche Vertreterin Elisabeth Pähtz bezwang. Der Europameistertitel von 2004 war der wohl wichtigste Erfolg ihrer Karriere. Die beste russische Schachspielerin muss sich in Mainz mit den drei Erstplatzierten der diesjährigen Frauen-Europameisterschaft messen.


Alexandra Kosteniuk

Den Titel gewann nach 2005 zum zweiten Mal Kateryna Lahno - ein Kunststück, das bei der EM weder den Frauen noch den Männern bisher gelang. Die ukrainische Nachwuchshoffnung ist mit 19 Jahren auch die Jüngste im Feld. Platz 2 der diesjährigen EM belegten gemeinsam Victorija Cmilyte, die in dieser Saison mit Baden-Baden erneut Deutscher Meister wurde und sich im letzten Jahr als beste Frau über das FiNet Open qualifizierte, sowie Natalia Zhukova, die sich bei den Chess Classic schon 2006 qualifizierte und 2000 ebenfalls schon einmal den EM-Titel erringen konnte.

Schließlich setzt sich die Auswahl der Besten auch bei der 4. Livingston Chess960 Computer WM fort. Neben Titelverteidiger Rybka und dem erfolgreichsten Programm der Schachcomputergeschichte Shredder, haben sich im Internetturnier von ICC die Programme Naum und Deep Sjeng qualifiziert. In der aktuellen Computerweltrangliste belegen die vier Programme die ersten vier Plätze. Damit ist die Livingston Chess960 Computer WM mit einem Eloschnitt von 2981 und einer Kategorie 29 das stärkste Turnier aller Zeiten ist!


Rybkaentwicker Vasik Rajlich


Stefan Meyer-Kahlen präsentiert eine der zahlreichen Trophäen, die sein Programm Shredder schon gewonnen hat.

Den Weltmeisterschaften im Schnellschach und im Chess960 können die Zuschauer abends in der Rheingoldhalle live beiwohnen. Diejenigen, die sich auch zu den Open angemeldet haben, erhalten freien Eintritt. Sie können sich entweder im Silent Viewing in der Rheingoldhalle die Züge via Kopfhörer oder im Public Viewing im Foyer von Großmeistern fachmännisch erklären lassen. Natürlich steht dieser Service auch den Sponsoren und geladenen Gästen im Gourmet Club bei delikater Verkostung zur Verfügung.

Viele Schachfans fiebern aber sicherlich schon den beiden großen Schnellschach-Open entgegen, bei denen sie sich selbst spielend in einem Turnier mit der absoluten Weltklasse messen können. Die Open der Chess Classic sind nicht zuletzt wegen ihrer zahlreichen Ratingpreise beliebt. So kann jeder in seiner Leistungsklasse attraktive Preise gewinnen. Das Budget für beide Open beträgt 40.000 Euro.

Zunächst gibt es Donnerstag und Freitag (31. Juli und 1. August) die Möglichkeit, sich ohne Eröffnungstheorie im 7. FiNet Open, dem stärksten Chess960 Turnier der Welt, zu profilieren. Die Leistungsdichte ist hier besonders hoch. Im letzten Jahr waren ein Drittel der 280 Teilnehmern Titelträger.

Das ORDIX Open brach 2007 alle Rekorde. Mit sensationellen 762 Teilnehmern war es das größte Turnier seiner Art, das jemals ausgetragen wurde. Ein Viertel des Feldes bestand aus Titelträgern und das wird sich voraussichtlich auch dieses Jahr nicht ändern. Viele Amateure haben hier die Chance, einmal einem Weltklassespieler in einer Wettkampfpartie gegenüber zu sitzen. Mit Sergei Movsesian (Elo 2723) und Pavel Eljanov (Elo 2716) sind gleich zwei 2700er im Feld vertreten. Auch die deutsche Nr. 1. Arkadi Naiditsch, der kürzlich in Dortmund Wladimir Kramnik bezwingen konnte, hat zugesagt. Darüber hinaus sind jetzt schon 16 Spieler mit einer Elo von über 2650 angemeldet, darunter Anands Sekundant Peter Heine Nielsen, Akopian, Motylev, Sasikiran und der ehemalige FIDE-Weltmeister Rustam Kasimdzhanov. Im Teilnehmerfeld finden sich mit Rafael Vaganjan oder Ulf Andersson, die in Mainz Stammgäste sind, auch Stars der Vergangenheit. Besonders interessant wird aber der Auftritt des Schnellschachexperten Hikaru Nakamura sein. Der beste Spieler der Welt über die ganz kurze 1 Minuten Distanz, dem so genannten Bullet, überrascht immer wieder mit exzentrischen Eröffnungen. So hat er beispielsweise die Zugfolge 1.e4 e5 2.Dh5 schon mehrfach gegen starke Konkurrenz erfolgreich angewendet. Der Amerikaner ist schon jetzt eines der Highlights der diesjährigen Veranstaltung.

Trotz der gewaltigen Teilnehmerzahlen zeichnen sich die Chess Classic vor allem durch ihre ausgezeichnete Organisation aus. Mit pünktlichem Rundenbeginn und einem reibungslosen Ablauf hat sich die Veranstaltung einen Namen gemacht.

Um sich das Medieninteresse zu sichern, dass ihr gebührt, finden die Chess Classic wegen der Olympiade in Peking etwas früher statt. Die Überschneidung mit den Sommerferien ermöglicht es vielen Schülern an den beiden Kinder-Open, dem 2. Mini-ORDIX (29. Juli) und dem 2. Mini-FiNet (30. Juli) mitzuspielen. Die Betreuung und Beratung der Eltern durch einen Großmeister während des Turniers macht diese Open besonders reizvoll für talentierte Nachwuchsspieler.

Den Auftakt der Chess Classic bildet am Montag, den 28. Juli traditionell das Simultan, das diesmal von Weltmeister Vishy Anand gegeben wird. Mit nur vier abgegebenen Remisen an 40 Brettern erreichte der Inder 1994 das bislang beste Ergebnis. Diejenigen, die einmal gegen den Weltmeister spielen wollten, hatten wie jedes Jahr in mehreren Versteigerungen bei Ebay die Chance dazu, sich einen Platz zu ergattern.

Mehr Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen sind im Internet auf www.chesstigers.de zu finden, wo man sich auch zu den Turnieren voranmelden kann.

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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