Baden und Württemberg gewinnen bei den Deutsche Senioren-Mannschaftsmeisterschaften

von Hartmut Metz
22.08.2023 – Die Schachverbände von Baden und Württemberg denken über einen Zusammenschluss nach. Bei den Deutschen Mannschafts-Seniorenmeisterschaften in Böblingen teilten die Teams der Verbände schon einmal die Titel. Württemberg gewann die 50+ und Baden die 65+-Meisterschaft. Hartmut Metz berichtet. | Foto: Bernd Rosen verfolgt in der letzten Runde die vergeblichen Bemühungen seines Vaters, gegen Georg Nippgen den Mattangriff zu vollstrecken. (Fotos: Hartmut Metz)

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Baden und Württemberg zumindest bei den Titeln vereint

Deutsche Senioren-Mannschaftsmeisterschaft in Böblingen

Baden und Württemberg! Auch wenn sich die Vereine trotz des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nicht grün sind: Gemeinsam räumten die Teile des Bundeslands die Titel bei den Deutschen Senioren-Mannschaftsmeisterschaften (DSMM) in Böblingen ab. In der  Kategorie Ü65 dominierte der kleinere Landesteil und blieb ungeschlagen. In der Ü50 gab sich Gastgeber Württemberg keine Blöße und ließ sich nach einem 2:2 zum Auftakt gegen Bayern  nicht mehr vom Erfolgskurs abbringen und marschierte mit 13:1 Punkten zur souveränen Titelverteidigung. Dass sich Baden und Württemberg nicht auch noch die Silbermedaillen teilten, lag an den Gästen aus dem südlichen Teil des „Ländles“. Sie verpatzten in der Ü50 einen möglichen klaren Sieg über Württemberg, mit dem das Quartett von Bernd Fugmann nach Gold hätte greifen können. Nach der überflüssigen 1,5:2,5-Niederlage unterlag Baden auch in der Schlussrunde gegen Nordrhein-Westfalen in derselben Höhe und rutschte so hinter Rheinland-Pfalz, das sich die Vizemeisterschaft mit 11:3 Zählern verdiente. Dank der klar besten Brettpunkte blieb Baden wenigstens mit 9:5 Punkten Bronze vor Bezwinger NRW und Württemberg III. Württemberg I verdankte den Turniersieg vor allem Markus Kottke, der nach zwei Auftaktremis keine Gnade mehr kannte und die restlichen fünf Begegnungen an Brett drei beziehungsweise vier überzeugend gewann. Dafür erhielt der Leinfeldener den gestifteten größten Pokal für den erfolgreichsten Württemberger bei der DSMM. Zudem überzeugte Spitzenspieler Ralf Müller mit 5/7. Christian Beyer (3,5/7), Thomas Brückner (4/6) und Mario Born, der einmal auflief und remisierte, kamen bei dem alten und neuen Meister zudem zum Zuge.

Württemberg verteidigt in der Ü50 den Titel souverän mit 13:1 Punkten: Christian Beyer (von links), Thomas Brückner, Spitzenspieler Ralf Müller, Mario Born und Topscorer Markus Kottke.

Enge Platzvergabe in der Ü65

Noch enger ging es in der Ü65 zu: Während sich Baden bei den Altvorderen nach vier klaren Auftaktsiegen mit drei 2:2 ins Ziel remisierte, nahmen sich die Quartette dahinter gegenseitig die Punkte ab. So kamen fünf Teams durchweg auf 9:5 Zähler! Württemberg  hatte die Nase im Kampf um Silber dank 16,5:11,5 Brettpunkten vorne. Nordrhein-Westfalen II und Hessen, die ebenfalls der überlegenen badischen Equipe ein 2:2 abtrotzten, verbuchten jeweils 16 Brettzähler aus 28 Partien, so dass die Drittwertung den Ausschlag gab für das NRW-Team, das sich ausschließlich aus Katernberger Vereinsmitgliedern zusammensetzte. Im Scherz ulkte ein Mitspieler, die Drittwertung müsste „nach dem Durchschnittsalter  des Teams vergeben werden“. Dass dann die Katernberger vorne liegen würden, stand außer Frage, hatten sie doch mit dem 91-jährigen Erich Krüger und dem 90-jährigen Willy Rosen die wahren Altmeister in ihren Reihen. Diesbezüglich hätte auch Bernd Rosen, der erst im März die Altershürde von 65 für den Wettbewerb nahm, den Schnitt nicht torpedieren können … Doch statt nach Alter gab tatsächlich bei der Drittwertung die Buchholz den Ausschlag. Mit 15 und 14,5 Brettpunkten folgten Bayern und Nordrhein-Westfalen I auf den Plätzen fünf und sechs.

Die badische Ü65 überzeugt durch mannschaftliche Geschlossenheit: Georg Nippgen (von links), Hajo Vatter, Kapitän Bernd Fugmann, Vladimir Podat und Clemens Werner.

Die Badener brillierten durch eine geschlossene Mannschaftsleistung: Vladimir Podat, Clemens Werner und Hajo Vatter blieben durchweg ungeschlagen und holten 5/7. Nur der ehemalige Bridge- Welt- und -Europameister Georg Nippgen fiel am vierten Brett mit 4/7 etwas ab. In der letzten Runde unterlag das Heidelberger Urgestein Willy Rosen. Der 90-Jährige ließ zwar einen fulminanten Mattangriff aus, sicherte sich aber im Bauernendspiel den vollen Zähler. So gewann der Katernberger die Brettwertung für die vierte Position mit 5/7. Sohnemann Bernd Rosen verfolgte die letzte Darbietung seines Vaters zwar kopfschüttelnd ob der verpassten Möglichkeiten. Doch insgesamt zeigten sich beide Familienmitglieder überglücklich, dass sie bei den Senioren zusammen spielen können.

„Stramme Leistung“ von Vater und Sohn

„Eine super Sache“, nannte Willy Rosen das Novum, das sich durch Vater und Sohn in einem Ü65-Team ergab. Hätte Bernd Rosen schon in der ersten Runde das Spitzenbrett besetzt, wäre für die Katernberger wohl Platz zwei herausgesprungen. „Bei der unnötigen Auftaktniederlage standen alle neben sich, bis auf den fantastisch spielenden Krüger“, blickte Bernd Rosen auf das 1,5:2,5 beim Turnierstart gegen Württemberg II zurück. „Danach lief es super“, ergänzte der mit Abstand Jüngste im Team. „Vater und Sohn zusammen zehn Punkte! Das ist eine stramme Leistung!“, pries der ungeschlagen gebliebene Karl-Heinz Hüttemann die Performance seiner beiden Mannschaftskameraden in 13 Partien. „Wir waren das Rückgrat der Mannschaft“, pflichtete Willy Rosen gerne bei. Da Krüger nach starkem Beginn ohne Niederlage seinem anstrengenden Kampfgeist Tribut zollen musste und bei 2,5/6 endete sowie Wilfried Beilfuß (1,5/5) deutlich hinter seinen Möglichkeiten blieb, musste die Attraktion des Turniers für die Punkte sorgte: Das garantierte die „Rosen-Zange“ am ersten und vierten Brett, die bei den Gegnern dornenreich zustachen. Bernd Rosen gewann die erste drei Partien und schloss sein sechstes Duell mit einem zweiten Remis ab. Die 5/6 des Esseners, der 2004 von der Deutschen Schachjugend (DSJ) zum ersten „Trainer des Jahres“ gekürt worden war, waren die beste Leistung bei der DSMM mit einer Performance von 2425 Elo. Annähernd heran kam nur Reinhold Schnelzer, der in der Ü50 den Preis am Brett eins eroberte. Seine 5,5/7, die einer Leistung von 2392 Elo entsprechen, half freilich Bayern I wenig. Das Quartett dümpelte mit 7:7 Punkten im Mittelfeld und landete in dem 14er-Feld sogar hinter Bayern II (8:6), das Rang sechs belegte.

Sächsische Frauen nur inoffiziell Meister

Zu den Attraktionen der Senioren-Meisterschaften zählten neben Vater und Sohn Rosen auch die Damen-Teams. Erstmals nahmen in der Ü50 zwei teil und prallten direkt aufeinander. Der 2,5:1,5-Sieg der sächsischen Auswahl über Schleswig-Holstein geht in die Annalen ein. Deutscher Meister wurden die Sächsinnen aber dadurch nicht offiziell: „Dafür müssen mindestens drei Teams starten, um einen Titel vergeben zu können“, erläuterte Gerhard Meiwald, stellvertretender Vorsitzender der Seniorenkommission, bei der Siegerehrung. Die inoffiziellen Meisterinnen holten mit einem 2:2 gegen die Landesnachbarn von Sachsen-Anhalt einen dritten Mannschaftspunkt.

Die sächsischen Damen sind „nur“ inoffizieller Meister, gehen aber dennoch als Siegerinnen im ersten Frauen-Match in die Annalen der Senioren-Mannschaftsmeisterschaft ein.

Überfordert waren die Schleswig-Holsteinnerinnen, die alle sieben Kämpfe verloren. Anke Freter bot dabei an Brett zwei mit 3/6 den Männern am meisten Paroli. Die Sächsinnen holten alle 2/7, Spitzenspielerin Gerda Strate sogar nur 1,5 – doch sie häuften ihre nur zwei Einzelsiege beziehungsweise vier Remis gegen Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt im rechten Moment zusammen an.

Bei der Siegerehrung waren erstaunlich viele Teilnehmer noch dabei. Meiwald freute sich über den prall gefüllten Saal im Hotel „Rilano“. Neben den sieben geehrten Teams wurden auch Brettpreise in den beiden Altersklassen vergeben. Außer Schnelzer und Kottke wurden in der Ü50 Ingo Lindam (NRW) und Bernd Schneider für ihre 5/7 an Brett zwei beziehungsweise drei ausgezeichnet. Der Badener hatte zudem das Blitzturnier, das an einem Abend ausgetragen wurde, mit 6/7 gewonnen. Bester Ersatzspieler war der an Brett fünf gemeldete Karl-Heinz Jergler, obwohl er in allen Kämpfen bei Bayern zum Einsatz kam und 4,5 Zähler eroberte. In der Ü65 sicherten sich bis auf Willy Rosen Spieler von Mannschaften, die fern der Medaillen einkamen, die Brettpreise: Ulrich Nehmert (Hessen), Karl Heinz Göring (Bayern) und Rainer Erler (Sachsen-Anhalt) erspielten durchweg 5,5 Punkte. Bester Ersatzmann war Karl Brettschneider bei Württemberg III mit 3,5/7.

Die besten Punktesammler in der Ü65 waren von Brett eins bis fünf: Ulrich Nehmert (von links), Karl-Heinz Göhring, Rainer Erler, Willy Rosen und Karl Brettschneider.

Die Topscorer in der Ü50 an Brett eins bis fünf: Reinhold Schnelzer (von links), Ingo Lindam, Bernd Schneider, Markus Kottke und  Karl-Heinz Jergler.

Nächster Termin noch offen

Wo und wann die nächsten deutschen Senioren-Mannschaftsmeisterschaften stattfinden, bleibt vorerst offen. DSB-Seniorenreferent Wolfgang Block bat zum Abschluss der Veranstaltung um Bewerbungen aus den Landesverbänden. Sollten sich Organisatoren zieren, würde vermutlich Württemberg wieder in die Bresche springen. Der Böblinger Mario Born gewann quasi nebenbei den Titel mit der Ü50 und hatte genügend Energie, alles zu organisieren, abends notfalls den Barkeeper an der Hotelbar zu spielen, nachdem er eine Übertragung des Bundesliga-Auftaktspiels zwischen Werder Bremen und Bayern München auf eine Leinwand ermöglicht hatte – und wenn ein Skatfreund gebraucht wurde, war Born ebenfalls zur Stelle. Für Württemberg als erneuter Ausrichter spricht, dass Born das Senioren-Turnier für „leicht zu organisieren“ hält im Vergleich zum Böblinger Open. Auch wenn dann vor dem Jahreswechsel mehr als doppelt so viele Spieler ins Hotel „Rilano“ pilgern, „macht die Vereinsarbeit auch noch Spaß“, betont Frohnatur Born. So ist der Motor des SC Böblingen schon lange quasi der Harry Kane seines Clubs – aber eigentlich unbezahlbar wertvoll …

Die Endergebnisse:

31. DSenMM-LV 2023 50+ 

Endstand nach 7 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 Württemberg 1 13
2 Rheinland-Pfalz 11
3 Baden 9
4 Nordrhein-Westfalen 9
5 Württemberg 3 9
6 Bayern 2 8
7 Württemberg 2 7
8 Berlin 7
9 Bayern 1 7
10 Hessen 6
11 Mecklenburg-Vorpommern 6
12 Sachsen-Anhalt 3
13 Sachsen (F) 3
14 Schleswig-Holstein (F) 0

https://chess-results.com/tnr805505.aspx?lan=0

31. DSenMM-LV 2023 65+

Endstand nach 7 Runden

Rg. Team  Wtg1 
1 Baden 11
2 Württemberg 1 9
3 Nordrhein-Westfalen 2 9
4 Hessen 9
5 Bayern 1 9
6 Nordrhein-Westfalen 1 9
7 Sachsen-Anhalt 1 8
8 Sachsen 1 8
9 Bremen 7
10 Württemberg 2 7
11 Bayern 2 7
12 Niedersachsen 6
13 Württemberg 3 6
14 Brandenburg 5
15 Schleswig-Holstein 5
16 Sachsen 2 4
17 DBSB 4
18 Sachsen-Anhalt 2 3


Hartmut Metz ist Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) mit Hauptsitz in Karlsruhe. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM und Deutsche Ü50-Seniorenmeister 2023 von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de.