FIDE: Visa-Probleme alle gelöst. Willkommen in Toronto!

von André Schulz
08.03.2024 – Die FIDE hat nun gemeldet, dass alle offenen Visa-Anträge für die Einreise der Kandidaten und ihrer Begleiter sowie Organasiationspersonal von den kanadischen Behörden bewilligt wurden und die Kandidatenturniere wie geplant am 3. April in Totonto beginnen können.

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Nachdem zahlreiche Visa-Anträge von von Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen der beiden Kandidatenturniere sowie von Begleitpersonen und Organisationspersonen von den kanadischen Behörden nicht beantwortet worden waren, obwohl zum Teil schon vor Monaten gestellt, hatte die FIDE am vergangenen Freitag über die sozialen Medien, Facebook und X, einen Appell an die kanadischen Behörden gerichtet und damit auch gleichzeitig die Öffentlichkeit informiert. Sie drohte zudem mit einem Ultimatum, die Kandidatenturnier zu verlegen. Wie es hieß, wäre man in Spanien bereit gewesen, kurzfristig einzuspringen.

Im Hintergrund der Untätigkeit der kanadischen Einwanderungsbehörde, die diese Visas vergibt, standen politische Gründe. Einige Antragsteller hatten offenbar ihre Visa problemlos erhalten, etwa 40 Personen aber nicht. Die FIDE hatte die Personen, die noch auf ihr Visum warten mussten, nicht genannt, doch meldeten indische Medien, dass die indischen Spieler und ihrer Begleitpersonen betroffen waren.

Zwischen Kanada und Indien gibt es eine ernsthafte diplomatische Verstimmung, nachdem im letzten Jahr der nach Kanada emigrierte indische Aktivist und Separatist Hardeep Singh Nijjar auf dem Parkplatz vor einem Sikh-Temple Opfer eines tödlichen Anschlags geworden war. Nijahr hatte ich dafür eingesetzt, dass die Mitglieder der Sikh-Religion, die vor allem im Norden des Landes leben, sich von Indien abspalten sollen, um einen eigenen Staat zu gründen. Nach monatelangen Untersuchungen waren die kanadischen Sicherheitsbehörden zu der Überzeugung gelangt, dass indische Beamte und Diplomaten hinter diesem Mordanschlag steckten. Im September letzten Jahres hatte der kanadische Premier Justin Trudeau Indien öffentlich beschuldigt und löste damit eine große Empörung in Kanada und auch im Nachbarland USA aus. Der Vorfall war zudem Thema beim G-20 Gipfel im vergangenen September in Neu Delhi. Kanada bestritt aber alle Anschuldigungen. 

Der Streit eskalierte, als als Indien eine Aussetzung der Visabearbeitung in Kanada ankündigte. Die indischen Konsulate in Kanada seien Bedrohungen ausgesetzt und könnten den normalen Betrieb, darunter Visumanträge bearbeiten, nicht durchführen, lautete die Begründung. In der Folge wiesen Kanada und Indien gegenseitig Diplomaten aus. Indien warnte seine Bürger, nicht nach Kanada zu reisen, da das Land ein Ort sein, "an dem Terroristen, Sezessionisten oder Extremisten geduldet würden und frei agieren könnten".

Die Trägheit der kanadischen Behörden bei der Vergabe der Visa für indische Staatsbürger ist also als Vergeltungsmaßnahme auf die Aktionen der indischen Behörden zu sehen.

Nach dem öffentlichen Appell des Weltschachbundes meldete Vladimir Drkulec, der Präsident des kanadischen Schachverbands, am Mittwoch, dass die Visaanträge der indischen Teilnehmer nun alle positiv beantwortet wären. Im offenen Kandidatenturnier nehmen mit Praggnanandhaa R, Vidit Santosh Gujrathi und Gukesh D drei Inder teil, im Kandidatenturnier der Frauen mit Vaishali Rameshbabu und Koneru Humpy zwei Inderinnen. Aber auch der Antrag von Anand, Vizepräsident der FIDE, war lange offen.

Master Class Band 12: Viswanathan Anand

Als Viswanathan Anand auf der europäischen Schachbühne erschien, hatte er in Indien schon einige Erfolge erzielt, die indischen Jugendmeisterschaften und als Jugendlicher auch die Landesmeisterschaften der Erwachsenen gewonnen. Mit gerade einmal 14 Jahren wurde Anand 1984 für die Schacholympiade in die indische Nationalmannschaft berufen. 1987 wurde er Juniorenweltmeister, 1988 verlieh die die FIDE dem 19-jährigen den Titel eines Großmeisters.

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Es blieben aber noch zehn weitere offene Anträge unbeantwortet, vermutlich der russischen Teilnehmer Ian Nepomniachtchi und Aleksandaa Goryachkina und Kateryna Lagno und ihren Begleitern. Auch Funktionäre, nicht zuletzt der russische FIDE-Präsident Arkady Dvorkowich, und Personen aus dem Organisationsteam können betroffen gewesen sein.

Die FIDE meldete einen Tag vor Ablauf ihres Ultimatums am heutigen Freitag, dass nun auch diese Einreiseanträge von den kanadischen Behörden bewilligt wurden.

Die beiden Kandidatenturnier können nun also wie ursprünglich geplant, am 3. April in Toronto mit der Eröffnungsfeier beginnen. Die erste Runde wird am 4. April gespielt. Es ist das erste Mal seit 60 Jahren, dass ein Kandidatenturnier auf dem amerikanischen Kontinent ausgetragen wird. Das letzte fand 1962 in Curacao statt.

Turnierseite der Kandidatenturniere...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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