Interview mit Michael S. Langer

von André Schulz
29.09.2018 – Mit Michael S. Langer wurde kürzlich, vielleicht zum ersten Mal, ein Schachfunktionär mit einer wichtigen Aufgabe in einem großen Sportverband, im Niedersächsichen Sportbund betraut. In einem Interview spricht Michael S. Langer über seine Aufgaben, die Verbindung von Sport und Schach und aktuelle Vorgänge in der Schachwelt. | Foto: Deutscher Schachbund

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Michael S. Langer ist Präsident des Niedersächsischen Schachverbandes, war Vizepräsident Finanzen des Deutschen Schachbundes und wurde kürzlich zum 1. Vorsitzenden der Ständigen Konferenz der Fachverbände im Landessportbund Niedersachsen gewählt, gehört nun also dem Präsidium des Landessportbund Niedersachsen an.

Welche Aufgabe hat die Ständige Konferenz der Fachverbände im Landessportbund?

Sie vertritt die Interessen aller Fachverbände im LSB Niedersachsen sowohl nach innen in die verschiedenen Gremien als auch gegenüber externen Ansprechpartnern wie z.B. der Politik

Wie ist das Standing des Schachverbandes im Landessportbund? Wird Schach als Sport ernst genommen oder eher belächelt?

Mittlerweile erlebe ich eine echte Akzeptanz auch von den großen Verbänden und natürlich von der gesamten Struktur selbst. Das war bestimmt nicht immer so ;-)

Ist es ein Novum, dass ein Schachfunktionär solch eine Aufgabe in einem Landessportbund übernimmt oder gab es das schon öfter?

Ich kann es nicht beschwören, aber ich bin mir gerade ziemlich sicher, der erste Schachspieler in einer solchen Rolle zu sein!

(Anmerkung der Redaktion: André van der Velde war bereits von 2007 bis 2013 Mitglied im Präsidium des Hamburger Sportbundes.)

2014 gab es eine heftige Diskussion um die Verteilung von Fördergeldern für den Sport. Wer sich damit näher beschäftigte, konnte auch den Eindruck gewinnen, dass es eine Front zwischen den Olympischen und Nichtolympischen Sportverbänden gab und dass die Nichtolympischen Verbände den Schachbund gerne losgeworden wären, um an die Fördergelder zu kommen. Stimmt das oder war der Eindruck falsch?

Ob das tatsächlich im Detail stimmt, werden wir wohl nie abschließend wissen. Was aber in jedem Fall galt: Es war eine damals eher rudimentär aufgestellte Lobby für Schach in der Sportorganisation. Wir mussten damals schon sehr auf uns allein gestellt und breit gefächert agieren, um den drohenden Schaden vom DSB abzuwenden. Der LSB Niedersachsen war damals einer der wenigen Partner, auf die sich der DSB verlassen konnte.

Auf welche Weise kann sich das Schach innerhalb der Sportverbände besser profilieren?

Klingt jetzt wahrscheinlich ein wenig platt, aber ich bin mir sicher, dass das nur über aktive Mitarbeit funktionieren kann. Die Erfahrungen von 2014 sind mein Kernmotiv für den von mir eingeschlagenen Weg.

Überall hört man vom Sterben besonders der kleinen Vereine. Was können diese und besonders die kleinen Schachvereine dagegen unternehmen.

Es ist gar nicht so klar, dass insbesondere die kleinen Vereine die ersten sind, die verschwinden. Über das Thema „Fehlende Ressourcen im Ehrenamt“ beklagen sich auch vermeintlich gesunde mittelgroße und große Vereine.  Ich antworte mal mit meinen Schlagworten aus meinem Bericht zum NSV-Kongress: Der AK Mitgliedergewinnung schrieb das Konzept  der  Durchführung von Mini-Vereinskonferenzen fort. Hier treffen sich wenige Vertreter aus einer Region… Mit denen werden konkrete Arbeitsschritte definiert und umgesetzt

In Batumi hat gerade die Schacholympiade begonnen. In Kürze wird in der FIDE ein neues Präsidium gewählt. Der Deutsche Schachbund hat sich früh auf der Seite von Makropoulos positioniert - eine richtige Entscheidung?

Nein! Der DSB hat sich aus meiner Sicht und das ohne Not viel zu früh festgelegt. Ab und zu werde ich noch von deshalb irritierten Vertretern anderer internationaler Verbände angesprochen.  Ich gebe aber gern zu, dass ich alles andere als neutral bin und auch heute noch zu meinen Sichtweisen im Vorfeld der letzten Wahlen stehe.

Zuletzt war der Schachbund sehr mit sich selber beschäftigt, mit der Frage der Neuausrichtung der Deutschen Schachamateurmeisterschaft. Wie bewerten Sie diese Vorgänge?

Sorgenvoll und auch verärgert. Ich befürchte, dass die Zahl der Sieger in diesem aus meiner Sicht viel zu lauten Szenario überschaubar groß bleibt. Zudem stört mich, dass für andere, m.E. sehr wichtige Themen einfach kein Platz bleibt.

 

Die Fragen stellte André Schulz.


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.