Interview mit Michael S. Langer

von André Schulz
07.11.2023 – Der Deutsche Schachbund erwirtschaftete in den letzten Jahren ein Defizit, dessen Ursache und Ausmaß zur Zeit noch von einem Untersuchungsausschuss beleuchtet wird. In einem Interview spricht Michael S. Langer über die Finanzlage des DSB, aber auch über einen überraschenden Geldsegen beim NSV und über die Reform der Zweiten Bundesliga.

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Michael S. Langer ist schon seit vielen Jahren in verschiedenen Funktion im Deutschen Schach aktiv, zunächst im Schachbezirk Braunschweig, dann im Niedersächsischen Schachverband, dem er seit 2007 als Präsident vorsteht. Von 2003 an war er erst Schatzmeister des Deutschen Schachbundes, dann nach einer Reform des Präsidiums bis 2015 der Vizepräsident Finanzen des Deutschen Schachbundes, von 2011 bis 2015 in dieser Funktion auch Stellvertretender Präsident des DSB. Seit 2020 ist Michael S. Langer zudem der Vizepräsident Vereins-/Organisationsentwicklung im Stadtsportbund Braunschweig und gehört seit 2022 auch dem Landesrundfunkrat Niedersachsen an und damit dem Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks.

Im Februar 2022 stellte der Deutsche Schachbund in seinen Finanzen ein hohes Defizit fest. Ursprünglich ging man von einem Defizit von 89.500 Euro aus, denn wurde festgestellt, dass das tatsächliche Haushaltsdefizit für 2023 über 300.000 Euro betragen wird und vielleicht sogar höher ausfällt. 

Mehrere Projekte schlug hier zu Buche, da sie nicht ausreichend gegenfinanziert waren. Dies trifft besonders auf den vor einigen Jahren ins Leben gerufenen Meisterschaftsgipfel zu. Aber auch das Projekt "Schach macht Schule" und verschiedene Onlineprojekte verursachten Mehrausgaben in Höhe von etwa 60.000 Euro in den letzten beiden Jahren, die nicht durch Mehreinnahmen gedeckt waren. Die allgemeine Kostensteigerung und Inflation als Folge der Pandemie und des russischen Angriffs auf die Ukraine schlagen auch beim Deutschen Schachbund zu Buche.

Aufgrund der finanziellen Mehrbelastungen wurden die Rücklagen des Schachbundes von über 600.000 Euro aufgebraucht.

Beim letzten Bundeskongress am 21./22. Mai 2023 stellte sich das alte Präsidium mit Ullrich Krause im Hinblick auf die finanzielle Schieflage nicht mehr zur Wiederwahl. Es wurde ein neues Präsidium mit Ingrid Lauterbach als Präsidentin gewählt. Das neue Präsidium hat am 1. August 2023 einen Untersuchungsausschuss mit den Finanzexperten Alexander von Gleich und Dr. Matthias Kierzek berufen, um die Gründe für das Defizit festzustellen. Der Bericht der Experten wird am 25. November bei einer Klausurtagung vorgestellt und soll beim außerordentlichen Bundeskongress (Online) am 9. Dezember diskutiert werden.

In seinem Interview mit André Schulz skizziert Michael S. Langer die Situation, auch aus Sicht der Landesverbände und spricht über die möglichen Lösungsansätze. 

In einer viel besseren Situation befindet sich der Niedersächsische Schachverband, der in den Genuss einer Erbschaft in einem hohen sechsstelligen betrag gekommen ist. Ein weiteres Thema des Interviews ist die Reform der Zweiten Bundesligen, die nach der laufenden Saison vollzogen wird und auch viele Auswirkungen auf die nachfolgenden Ligen haben wird. Schließlich berichtet der Vorsitzende des Niedersächsischen Landesverbandes auch von den Vorbereitungen des Jubiläums seines Verbandes im kommenden Jahr. 2024 feiert der Niedersächsische Verband seinen 100sten Geburtstag.


Die Fragen stellte André Schulz. Aufnahme, Technik und Schnitt: Arne Kähler


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.