Kandidatenturnier: Visa-Probleme

von André Schulz
04.03.2024 – Vier Wochen vor Beginn der Kandidatenturnier in Toronto warten noch fast alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen und ihre Begleitpersonen auf die Erteilung der schon vor Monaten beantragten Visa. Die FIDE hat nun öffentlich an die kanadischen Behören appelliert und will notfalls das Turnier in ein anderes Land verlegen. | Fotos: Lennart Ootes

ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024 ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024

ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

Mehr...

Knapp vier Wochen vor Beginn der Kandidatenturniere (3. bis 22. April in Toronto), die mit dem offenen Turnier und dem Frauenturnier diesmal gemeinsam stattfinden sollen, warten die Spieler bzw. Spielerinnen und auch die Begleitpersonen immer noch auf die Zusage für ihre Einreise-Visas. 

Die betroffenen Spieler, darunter die indischen Kandidaten R Praggnanandhaa, Vidit Gujrathi und Gukesh D, Teilnehmer im offenen Turnier, sowie Koneru Humpy und R Vaishali als Teilnehmerinnen im Kandidatenturnier der Frauen haben laut Informationen von The Indian Express die für die Vergabe des Visas notwendigen daten und Informationen schon vor Monaten bei den kanadischen Behörden eingereicht. Bisher erfolgte jedoch seitens der kanadischen Behörden keinerlei Reaktion. Nun wird die Zeit knapp.

Von Seiten des indischen Verbandes und der indischen Spieler wurden inzwischen bereits versucht, auf dem Wege über kanadische Abgeordnete und Minister die Visumsvergabe zu beschleunigen. Bisher allerdings ohne Erfolg. 

Die FIDE hat mit einer Pressemeldung in den verschiedenen sozialen Medien die Angelegenheit öffentlich gemacht und sich mit einem Appell an die kanadischen Behörden gewandt. Bis spätestens Ende der Woche sollen die Zusagen für die Visa erfolgt sein, ansonsten müsste der Weltschachbund eiligst einen alternativen Austragungsort suchen. Der Termin für die Turniere soll laut FIDE nicht geändert werden. Der Umzug der Kandidatenturniere wäre allerdings für die FIDE nicht nur aus organisatorischen Gründen mit hohem Aufwand und finanziellen Verlusten verbunden. Laut FIDE wurden bereits 1000 Eintrittskarten für die Turniere in Toronto verkauft. Auch für die beteiligten Spieler und ihr Begleitpersonen käme ein Umzug teuer, da die meisten sicher schon ihre Flüge und Unterkünfte gebucht haben.

Sollten die Kandidatenturniere in Kanada, deren Finanzier die kanadische Milliardärsfamilie Scheinberg ist, wegen der Visa-Probleme nicht zustande kommen, ist Spanien als Ersatz-Austragungsort im Gespräch.

Die kanadische Tageszeitung Toronto Star zitiert Vladimir Drkulec, den Präsidenten des Kanadischen Schachverbandes. Dieser hatte mitgeteilt, dass von den insgesamt 40 Personen, die ein Visum beantragt hatten, bisher nur zwei ihr Visum tatsächlich erhalten hätten.

Die Verzögerung der Visa könnte einen politischen Hintergrund haben. Ian Nepomniachtchi,  Kateryna Lagno und Aleksandra Goryachkina sind russische Staatsbürger. Kanada ist einer der entschiedensten Unterstützer der Ukraine nach dem russischen Angriff. Mit Indien gibt es eine diplomatische Verstimmung, nachdem khalistanische Separatist Hardeep Singh Nijjar in Vancouver erschossen wurde. Kanada vermutet Indien hinter diesem Mord, was Indien aber bestreitet. 

Pressemitteilung der FIDE

Dringender Visum-Appell an die kanadische Regierung bezüglich des FIDE-Kandidatenturniers

Das prestigeträchtigste Turnier der Schachwelt, das FIDE-Kandidatenturnier, bei dem die Herausforderer für den Weltmeistertitel sowohl in der offenen als auch in der Frauenkategorie ermittelt werden, wird vom 3. bis 22. April in Toronto, Kanada, stattfinden.

Es ist das erste Mal in der Geschichte des Schachs, dass das prestigeträchtigste Turnier in Kanada ausgetragen wird, womit die wachsende Rolle des Landes in der Schachwelt anerkannt wird.

Bedauerlicherweise haben die Spieler aus verschiedenen Ländern der Welt, die ihre Visumsanträge vor einigen Monaten eingereicht haben, noch keine Neuigkeiten über ihren Status erhalten. Da nur noch ein Monat bis zum FIDE-Kandidatenturnier verbleibt, gibt es ernsthafte Bedenken hinsichtlich der rechtzeitigen Ankunft der Spieler in Toronto.

In Anbetracht der Popularität des Spiels in diesem Land und seiner wachsenden Rolle in der Schachwelt bitten wir die kanadische Regierung um Unterstützung bei der dringenden Lösung dieser Angelegenheit. Die Gewährleistung einer sicheren und rechtzeitigen Ankunft der Spieler ist entscheidend für den Erfolg und die Integrität des FIDE-Kandidatenturniers und für die Förderung Kanadas als Gastgeber des wichtigsten Schachturniers des Jahres, das von Millionen von Zuschauern weltweit verfolgt wird.
 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
Diskussion und Feedback Senden Sie Ihr Feedback an die Redakteure