Vaishali holt dritte GM-Norm

von Thorsten Cmiel
24.10.2023 – Vaishali Rameshbabu stand immer etwas im Schatten ihres spielstarken jüngeren Bruders Praggnanandhaa. Beim Qatar Open holte die 22-Jährige nun aber ihre dritte GM-Norm und ist auf dem Weg in die Frauen-Weltspitze. Thorsten Cmiel hat ihren Erfolg beim zweitstärksten Open in diesem Jahr nachgezeichnet.

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Vaishali holt dritte Großmeisternorm in Katar

Das Erzielen von Normen ist für jeden Spieler auf seinem Level etwas Besonderes und eine Hürde die man erst einmal überspringen muss. Hat man einen spielstarken Bruder kann das Motivation, aber genauso ein weiteres Hindernis sein. Vaishali hat dieses „Problem“ inzwischen abgelegt. Das schilderten mir ihr Coach Ramesh RB und die Spielerin selbst schon vor längerer Zeit. Sehr reflektiert. Und tatsächlich gibt es keinen Grund auf die Erfolge des anderen neidisch zu sein oder sich gehemmt zu fühlen. Vaishali und ihr Bruder Praggnanandhaa, Pragg, erzielten bisher ähnliche Erfolge Vaishali gewann bei der Schacholympiade in ihrer Heimatstadt zwei bronzene Medaillen im Team und am dritten Brett. Pragg schaffte ebenfalls zwei dritte Plätze. Erst kürzlich gewannen beide bei den Asienspielen mit den indischen Teams Silbermedaillen. Vaishali, ist 22 Jahre alt und spielt seit fast 17 Jahren Schach. 2012 (U12) und 2015 (U14) gewann Vaishali zwei Teenager-Weltmeisterschaften; genau wie Pragg, der wie seine ältere Schwester 2013 und 2015 zwei WM-Titel (U8) und (U10) erringen konnte. Asien- und nationale Titel werden vermutlich nur noch von Chronisten gezählt.

Eine Großmeisternorm im zweitstärksten Open des Jahres zu erzielen, dabei in acht von zehn Runden gegen Großmeister zu spielen und sehr gut mitzuhalten ist ein grandiose Leistung. Vaishali erzielte jetzt ihre dritte Norm und gewann natürlich gleichzeitig den Frauenpreis in Höhe von 5000 US-Dollar.

Die besten Frauen beim Qatar Open: 1. R. Vaishali 5.0/9 2. Divya Deshmukh 5.0/9 3. Alua Nurmanova 4.5/9. Zhu Chen gratuliert.

Die junge Inderin startete mit rasanten vier Punkten aus fünf Partien und besiegte mit Sethuraman einen Landsmann und den Usbeken Shamsiddin Vokhidov. In der sechsten Runde wurde sie herunter gelost und spielte gegen Gukesh. Beide kommen aus Chennai und sind seit 2021 Studenten in der WACA, der Westbridge Anand Chess Academy. Vaishali war nah dran die indische Nummer Eins sogar zu schlagen. Der 17-jährige Großmeister kam jedoch mit den Verwicklungen besser zurecht.

Vaishali lag mit Plus zwei immer noch solide auf Kurs für ihre dritte Großmeister-Norm. Es folgte eine ausgekämpfte Partie gegen Aditya Mittal.

Die beiden Spieler verließen als letzte Spieler den Turniersaal. Leider wurde die Partie ab dem siebenundfünfzigsten Zug, vermutlich wegen eines technischen Fehlers, nicht mehr übertragen.

In der vorletzten Runde spielte die Inderin gegen einen Gegner, der selbst ein Großmeisternorm erzielen wollte und letztlich in der letzten Runde knapp scheiterte. Vaishali spielte solider als sonst mit Weiß und konnte das erwünschte Resultat erzielen. Ihr Ergebnis in der Schlussrunde spielte keine Rolle mehr. Sie verlor letztlich ein haltbares Turmendspiel gegen den Turnier-Senior Gregory Kaidanov, der in der Runde zuvor gegen Magnus Carlsen herunter gelost worden war und klar verloren hatte. Kaidanov war der Erste, der Vaishali nach der Partie zur dritten GM-Norm gratulierte.

Nach der letzten Runde gab Vaishali Chessbase India ein kurzes Interview. Sie analysiert im Schnelldurchgang ihre Partie gegen Vokhidov aus der fünften Runde. Großartig.

In Katar hatte Pragg abgesagt und stattdessen einige PR-Termine in Indien absolviert. Er half seiner Schwester bei der Eröffnungsvorbereitung. Beim Grand Swiss werden die beiden zusammen mit ihrer Mutter auf der Isle of Man antreten. Die junge Inderin war in Katar zusammen mit ihrer Mutter, Nagalakshmi, die für viele Fotografen inzwischen selbst zu einem beliebten Fotomotiv geworden ist. Nagalakshmi spielt zwar selbst kein Schach, kann aber offenbar anhand der Mimik ihrer Kinder erkennen, ob eine Partie in Gefahr ist und scheint mitzuleiden, wenn es mal nicht gut läuft.

Vaishali und Nagalakshmi

Vaishali fehlen noch etwas über dreißig Ratingpunkte und sie wird die nach Koneru Humpy und Harika Dronavalli dritte indische Großmeisterin. Bis dahin ist es jedoch noch ein ordentliches Stück Arbeit. Es gibt ein warnendes Beispiel: Die Inderin Vijayalakshmi, Subbaraman hatte 2005 ihre Normen zusammen, erreichte aber „nur“ eine Rating von 2485. Sie versuchte noch etwas länger die Ratinghürde zu überspringen, schaffte es aber nur zum Titel GM-elect, also Großmeister auf Abruf oder unter einer Bedingung.

Stars müssen Autogramme geben

Kommentierte Partien

Ich werde nie mehr erwähnen, dass Vaishali die Schwester von Pragg ist, außer die beiden gehen wieder gemeinsam durch ein Ziel, werden zum Beispiel beide Einzelweltmeister. Denn Vaishali ist eine hervorragende Spielerin aus eigenem Recht.


Thorsten Cmiel ist Fide-Meister lebt in Köln und Milano und arbeitet als freier Finanzjournalist.