Zum 80sten Geburtstag: Fragen an Vlastimil Hort

von ChessBase
12.01.2024 – Eine Schachlegende wird heute 80 Jahre als - Vlastimil Hort. In einem kurzen Interview erzählt er unter anderem, wann und wie er Schach gelernt hat, welchen Spieler er am meisten bewunderte, warum er die CSSR verließ und was er von den Online-Schnellschach-Turnieren hält.

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Fragen Vlastimil Hort anlässlich des 80sten Geburtstages

Wann und wie hast du Schach gelernt und wie war es möglich ohne Internet und Online – im Schach so gut zu werden?

Mit ca. 5 Jahren habe ich mit dem Schach begonnen. Eigentlich war es Zufall. Ich musste zwei Monate in Quarantäne im Krankenhaus verbringen. Was es für eine Krankheit war, weiß ich nicht mehr, nur das der freundliche Doktor Novak, den Namen habe ich nie vergessen, mir die ersten Züge im Schach beibrachte.

Ich bin in einen Schachclub gegangen, in Tschechien gab es davon viele. Am Anfang habe ich meistens verloren, aber ich lernte schnell von meinen Gegnern und vor allem war ich dem Spiel mit Leidenschaft verfallen.

Hattest du einen Schachlehrer?

Nein!

Gab es gute Schachbücher nach dem Krieg in der Tschechoslowakei zu kaufen?

Ich erinnere mich nur an mein erstes Schachbuch, indem lediglich die Schachregeln erklärt und ein paar Partien, zum Beispiel von Aljechin, präsentiert wurden. Damals war ich sieben Jahre alt. Der Autor war Professor Zmatlik. Daran habe ich mich abgearbeitet und nach kurzer Zeit konnte ich alle Partien auswendig nachspielen.

Bei der Junioren-Weltmeisterschaft (U20) 1961 in Den Haag | Foto:. H. Lindboom, W. van Rossem / ANEFO, via http://nationaalarchief.nl.)

1968 war ein besonderes Jahr in der tschechischen Nachkriegsgeschichte. Der Prager Frühling wurde gewaltsam beendet. Welche Auswirkungen hatte das für die tschechischen Schachspieler und besonders für dich?

Wir waren danach sehr eingeschränkt und hassten natürlich alles Russische! Uns wurde nur erlaubt an Turnieren in den Ostblockstaaten teilzunehmen. Westliche Schachbücher oder Schachzeitschriften waren für uns tabu. Alles war Pro-Russisch, auch die Funktionäre vom Tschechoslowakischem Schachverband.

Wann hast du beschlossen, die CSSR zu verlassen?

Am liebsten wäre ich natürlich 1968 gegangen, aber mein Sohn Daniel war da gerade erst ein Jahr alt. Ich wollte ihn nicht alleine lassen und vor allem aufwachsen sehen. Irgendwann hatte ich so die Nase voll,1982 dass ich nur noch den Gedanken hatte, alles hinter mir zu lassen. Mein Sohn wollte leider nicht mit, so dass ich nach dem Turnier in Tunis 1982 in die BRD flüchtete.

Warum bist du nach Deutschland gegangen, warum nicht in die USA wie Kavalek?

In Deutschland hatte ich schon gute Kontakte. Zu diesem Zeitpunkt war ich von PragoSport schon an Mäzen Hilgert und seinem Schachclub in Porz „ausgeliehen“.

Wie hast du den Sprung ins Fernsehen geschafft?

Die Idee kam von Dr. Claus Spahn, der beim WDR in der Redaktion saß. Kennengelernt hatten wir beide uns in Meran während des Wettkampfs „Hübner-Kortschnoi. Vielleicht hat ihm mein tschechischer Akzent und mein Humor gut gefallen. Jedenfalls haben wir dort schon viel gelacht.

Rückblickend: Wer waren die interessantesten Spieler, denen du begegnet bist? Wer waren die „bad guys“?

Die interessanteste Begegnung war mit Paul Keres. Unangenehme Erinnerungen habe ich an Florin Georghiu.

Meine Partien gegen die UdSSR-Schachlegenden

Vlastimil Hort hatte als Weltklassespieler Gelegenheit, gegen viele dieser sowjetischen Ausnahmespieler anzutreten und stellt auf dieser DVD Partien und Geschichten der Spieler der goldenen sowjetischen Generation vor.

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Vlastimil Hort und Paul Keres (r.), 2.v.l. ist Frantisek Blatny, Luhačovice, 1969

Welches waren die schönsten Turniere und Turnierorte? Wo hast du am liebsten gespielt?

Am absolut schönsten war Monte Carlo und die Turniere von Joop van Oosterom!

Was war dein größter Erfolg, was deine größte Enttäuschung?

Mein größter Erfolg war, dass ich mich in Manila für das Kandidatenturnier qualifizieren konnte. Dementsprechend meine größte Enttäuschung die verlorene Partie gegen Spassky durch Zeitüberschreitung.

Spielst du noch regelmäßig Schach?

Ja! Ohne Schach kann ich mir mein Leben gar nicht vorstellen!

Wie siehst du das Profischach heute, mit vielen Online-Turnieren, Schnellschach-und Blitzevents, im Vergleich zu früher?

Unpersönlich, langweilig und überflüssig!

Bei der Senioren-Mannschafts-WM für Deutschland | Foto: Vladimir Jagr

Nach deinem Buch mit den besten Schachgeschichten kommt jetzt ein Buch mit deinen besten Schachpartien. Worauf dürfen sich die Leser freuen?

Ich habe aus meinem Gedächtnis noch mal die Partien hervorgezaubert, die mir etwas bedeuten. Zudem gibt es im Buch auch einige kleine Anekdötchen und Fotos aus meinem Privatarchiv.

Wer hat gesagt: „Schach ist schön und gibt einem immer Gründe, sich nicht alt zu fühlen?“

Das weiß ich nicht, aber es könnte von mir sein.

(Anm. der Red.: Stimmt: Bei einem Vortrag in Prag 2014 sagte Vlastimil Hort: "Chess is beautiful and it gives you always some idea that maybe you are not so old." Zitiert nach Macauley Petersen auf chess24.)


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