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Nachdem das russische Verfassungsgericht mit einer
Entscheidung im Juli dieses Jahres Kirsan Iljumschinow eine weitere
Kandidatur für das Amt des Präsidenten in der russischen Republik Kalmückien
überhaupt erst ermöglicht hatte, galt der seit 1993 amtierende Iljumschinow als
klarer Favorit in den Wahlen am Sonntag, den 20. Oktober. Wie sich bei der
Stimmenauszählung am Montag jedoch herausstellte, ist eine Stichwahl
erforderlich. Dies könnte sich eventuell auf den Kongress des Weltschachbundes
FIDE auswirken (2.-11. November 2002 in Bled, Slowenien).
Mit 47,3 Prozent der in Kalmückien abgegebenen Stimmen erwies sich Kirsan
Iljumschinow zwar als eindeutiger Sieger, doch er verfehlte knapp das Ziel, 50
Prozent plus 1 Stimme zu erreichen. Daher ist eine Stichwahl erforderlich. Sein
Gegenkandidat wird der Moskauer Bankier Baatr Schondschijew sein, der auf 13,6
Prozent kam. 12,8 Prozent erreichte Nikolai Otschirow - insgesamt elf Kandidaten
traten zur Wahl an.
Schondschijew sagte nach der Wahl, er glaube, die anderen Oppositionskandidaten
würden ihn unterstützen, um die Voraussetzung für einen Sieg über Iljumschinow
zu schaffen. Die
Moscow Times erfuhr allerdings in einem Interview mit Otschirews PR-Manager,
dass man in diesem Lager auch andere Optionen erwäge.
Die Stichwahl soll laut Radio Free Europe / Radio Liberty schon am 27.
Oktober erfolgen. Europäische Teilnehmer am FIDE-Kongress, die die Wahlen in
Kalmückien aufmerksam verfolgten, rechneten damit, dass die Stichwahl
zwangsläufig zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang stattfinden werde (also am 3.
November), dass FIDE-Präsident Iljumschinow sich bis zum zweiten Wahlgang vor
Ort aufhalten müsse und dass daher wichtige Weichenstellungen für den
FIDE-Kongress in Abwesenheit des Präsidenten erfolgen müssten. Die
Nachrichtenagentur AP meldete aber am Montagabend, dass ein Termin für den
zweiten Wahlgang in Kalmückien noch nicht festgelegt worden sei, und die
Moscow Times berichtete, dass der Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission
Russlands, Alexander Weschnjakow, im Fernsehen gesagt habe, die zweite Runde
könnte am 3. November, aber auch schon am 27. Oktober stattfinden - je nach dem,
wie die Wahlbeamten in Elista entscheiden. Diese Entscheidung wurde am 22.
Oktober getroffen.
Ob sich der weitere Gang der Ereignisse in Kalmückien ruhig im gesetzlich
vorgeschriebenen Rahmen abspielen wird, kann derzeit nicht als
selbstverständlich vorausgesetzt werden. In Russland ist noch in frischer
Erinnerung, wie etwa bei der Gouverneurs-Wahl im sibirischen Krasnojarsk vor
wenigen Wochen ein so heftiger juristischer Streit entbrannte, dass sich der
russische Präsident Wladimir Putin gezwungen sah, einfach den Kandidaten mit den
meisten Stimmen als geschäftsführenden Gouverneur einzusetzen.
Vor der Wahl in Kalmückien, die von zahlreichen, aus Moskau entsandten
Beobachtern beaufsichtigt wurde, gab es diverse juristische Aktionen.
Iljumschinows Gegner strengten drei Prozesse gegen ihn an und behaupteten, der
Präsident missbrauche sein Amt für den Wahlkampf. Diese Verfahren wurden von
kalmückischen Gerichten abgewiesen - so wie auch zwei Verfahren gegen
Schondschijew.
Bis Mitte September war Iljumschinow noch der einzige registrierte Kandidat
gewesen, seine Wiederwahl erschien nur als eine Formalität. Plötzlich tauchten
dann die Gegenkandidaten auf. Zwei von ihnen behaupteten, vom Kreml unterstützt
zu werden. In den letzten zwei Wochen vor der Wahl war Iljumschinow mit einem
heftigen Gegenwind konfrontiert. Offizielle in Moskau und staatliche Medien
nahmen Iljumschinows Anhänger und ihn selbst unter heftigen Beschuss. Eine
besonders unappetitliche Geschichte berichtete
Radio Free Europe/Radio Liberty am 18. Oktober unter Berufung auf die
Zeitung "Kommersant-Daily", die sich wiederum auf eine anonyme Quelle
gestützt hatte. Demnach soll Viktor Iwanow, der stellvertretende Chef der
Moskauer Präsidentialverwaltung, Boris Njemzow (Union der rechten Kräfte)
angeblich gefragt haben, ob dieser nach Elista reise, um auf Iljumschinow zu
"pissen" - "and expressed his support for such an endeavor"!
"...REPORTEDLY WITH THE BLESSING OF SOME IN THE KREMLIN
Before leaving Moscow, Nemtsov reportedly spoke by telephone with deputy
presidential administration head Viktor Ivanov, who reportedly opposes
Ilyumzhinov (see "RFE/RL Newsline," 17 October 2002), "Kommersant-Daily"
reported, citing an unnamed source close to Nemtsov. Ivanov allegedly asked
whether Nemtsov was going to Elista to "piss on" Ilyumzhinov and expressed his
support for such an endeavor. (...)"
Quelle:
http://www.rferl.org/newsline/2002/10/181002.asp
Den ersten Schlag musste Iljumschinow schon Ende August
einstecken. Im Sommer hatte er für Mitte September den Dalai Lama zu einem
Besuch in das buddhistische Kalmückien eingeladen. Ende August jedoch entschied
das russische Aussenministerium, dem Dalai Lama kein Einreisevisum zu erteilen -
anscheinend wegen China, so spekulierte das Wall Street Journal in einem
Editorial am 28.8.2002.
Von dem zweiten Wahlgang erwarten Beobachter Aufschluss über die relative Stärke
zweier politischer Lager. Während Schondschijew sich selbst als Repräsentant des
"St. Petersburg-Clans" im Kreml versteht, betrachtet man Iljumschinow als
Hinterlassenschaft der "Jelzin-Familie". "Laut "strana.ru" werde Iljumschinow
sicherlich die zweite Runde gewinnen, doch sein Machtmonopol in Kalmückien sei
irreparabel zerstört."
Gerald Schendel / 22.10.2002