"Gute Schachstrategen ergeben
perfekte Banker"
Zur großen Schach-Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe
Von Peter Münder
Fotos: André Schulz, Nadja Woisin, Benjamin Bartels
Interviews. André Schulz, Benjamin Bartels (Kamera), Oliver Reeh (Schnitt)
Presseresonanz:
Wissenschaft.de...
Hamburger Abendblatt...
Hamburger Morgenpost...
Interviews:
Dr. Thomas Thomsen (Chess Collectors)...
Franz Josef Lang (Chess Collectors)...
Hans Krieger (Hamburger Schachklub)...
Jörg Brachmann (Westsächsische Hochschule Zwickau)...
Erläuterungen von
prof. Hans Holländer zum Bild "Mars spielt gegen Venus Schach" in der
Bildergallerie.
Als Gymnasiast in Köln habe er das frühreife Schachgenie Robert Hübner
bewundert, das in einer Parallelklasse zur exotischen Berühmtheit heranreifte.
Später habe er dann von vielen Bankern gehört, dass „gute Schachstrategen
perfekte Banker ergeben“, weil das Einfahren hübscher Renditen dem langfristig
angelegten strategischen Denken von Schachspielern ähnelte und viele Banker
daher ein großes Faible für das Schachspiel entwickelt hätten, erklärte
Professor Wilhelm Hornbostel, Direktor des Hamburger Museums für Kunst und
Gewerbe, in seiner Eröffnungsrede der großen Ausstellung „Schachpartie- durch
Zeiten und Welten“.
Seine
ans große Auditorium gerichtete Frage: „Und was passierte am 8. Mai 1830 am
Jungfernstieg?“ konnte allerdings niemand auf Anhieb beantworten. ChessBase-User
wissen das natürlich: Damals wurde der HSK gegründet- Aus Anlass des 175.
Geburtstages präsentiert man ja diese große Schach-Show mit über 400 Objekten,
darunter viele seltene Gemälde, Bücher, Karikaturen und wertvolle Schachfiguren.
Wer die Exponate und den Wandel des Schachspiels durch Zeiten und Welten genauer
betrachtet , wird bemerken, dass sich neben den eher martialischen Aspekten auch
eine Art erotisches Minne-Ritual etablierte und außerdem, wie die
Kultursenatorin Professor Karin von Welck in ihrer Rede betonte, die
Emanzipation der Frau durchaus auch am erweiterten Bewegungsradius der Dame
ablesen lässt: Aus dem anfangs noch mit hilflosen Seitwärts-Schritten agierenden
Hilfs-Wesir des Königs wurde im Laufe der Jahrhunderte ja die selbstbewusste,
weitläufige Gerade und Diagonalen beherrschende Dame- eigentlich die wichtigste
Figur auf dem Brett.
Schach als Allegorie, als ewiges, unberechenbares Rätsel ist natürlich auch ein
weites Feld und ein beliebtes Thema. Vladimir Nabokov, nicht nur als Schöpfer
der „Lolita“, sondern auch als Verfasser des wunderbaren Schach-Romans „Lushins
Verteidigung“ und als Komponist von Schachproblemen bekannt, bezeichnete das
Schachfeld als „Abbild des Firmaments“. Diese mysteriösen, oft ins Dämonische
oszillierenden Aspekte beschrieben ja auch Autoren wie Stefan Zweig
(„Schachnovelle“), Paolo Maurensig („Die Lüneburg-Variante“), Fernando Arrabal
und Samuel Beckett („Murphy“), deren Bücher hier auch ausgestellt werden. Auch
Künstler wie Max Ernst, Marcel Duchamps, Man Ray usw., die zeitlebens vom Schach
fasziniert waren, werden in der Ausstellung gewürdigt.
Große Meister wie Rubinstein oder Aljechin sieht man allerdings nur auf einigen
Bildern; die gesamte Geschichte des Turnierschachs mit all seinen spannenden,
verwirrenden Episoden und faszinierenden Typen bleibt leider unberücksichtigt.
Die größten Turniererfolge, die brillantesten Partien von Capablanca, Euwe,
Aljechin, Bobby Fischer und Kasparow hätte man jedenfalls gern noch einmal
miterlebt. Oder die Biografien dieser Ausnahme-Erscheinungen detailliert
vermiitelt bekommen.
Christian Zickelbein, der langjährige, verdiente Vorsitzende des HSK, wies in
seiner ironisch eingefärbten Rede darauf hin, dass sich der HSK nun
umorientieren wolle: „Königlich in Phantasie und Logik“ wolle man vor allem sein
und sich noch mehr um weiblichen Nachwuchs bemühen. Es könne doch nicht angehen,
dass es im Boxsport prozentual gesehen mehr weibliche Mitglieder gebe als im
Schachsport. Um die Attraktion der Ausstellung für aktive Kämpfer zu steigern,
hat man auf Veranlassung des HSK im Museum übrigens einen Raum für Schachspieler
zur Verfügung gestellt. HSK-Spieler geben dort regelmäßig Einführungen. So kommt
der in den Reden so oft beschworene „Homo Ludens“ hier doch nicht zu kurz!
Figuren und Bretter
Figurensatz "Bird", Bath - England von Edward Bird, 1815
Figuren aus Schrauben, Lehrabschlussarbeit beim Eisenwarenhändler Arnoldi
Figuren und Brett aus Porzellan, Meissen, Entwurf
von J. J. Kändler, 1762 (Bayerisches Nationalmuseum)
Afrikanisches Spiel
Speil aus Bernstein, Ostpreußen, 16.-17.Jahrhundert
Figurensatz
"Etagère" (Kopenhagen, 19.Jh.)
Russisches Spiel
(Kholmogory), 18.Jh.
Figurensatz "John Company", Berhampur - India, 1800,
Elfenbein
Figuren aus Elfenbein und Walross-Elfenbein, 12.-13.Jh
Figuren, vermutlich aus Spanien, 12.-13.Jh.
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
Figurensatz "Medias", Keramik von
Fürstenberg, 1947
Figurensatz "Napoleón gegen Friedrich Wilhelm III", París 1820 (?),
Elfenbein
Das kleinste Spiel der Ausstellung, ein "Puupenschachtisch", England, 19.Jh.4,2
cmx 4,2 cm
Uhren
Gemälde
"Mars spielt gegen Venus Schach" von Alessandro Varotari ("El Padovanino"),
1630/40, Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Augusteum, Oldenburg
Ausschnitt aus dem Bild
Erläuterungen zu dem Bild von Hans Holländer (Video)...
"Satan spielt mit dem Menschen um seine Seele, nach Moritz Retzsch, Mitte
des 19.Jh.
Hans Lassen, "Vier Offiziere beim Spiel, 1929
Hans Lassen, "Drei junge Herren beim Schach", 1885
Hans Lassen, "Drei Herren (älter geworden) beim Schach", 1900
Bücher
Niederländische Ausgabe von "Liber de moribus hominum ac officiis nobilium
super ludo scaccorum", 1300, Illistrierte Handschrift, Brügge 1434, Staats - und
Universitätsbibliothek Hamburg.
Miniatur von Shaname, Persien, 1500 (?)
Gegenstände
Schachbuch von Howard Staunton, 1849 "The Chess Player´s Companion"
Kommode mit eingelegtem Schachbrett, Spanien, Ende des 16.Jh.
Arbeit an der Westsächsischen Hochschule für Design, Zwickau, Studiengang
Holzgestaltung
Begleitend zur Ausstellung ist ein
368-Seiten starker Katalog der Edition Braus erschienen, der während der
Ausstellung zum Subskriptionspreis von 29,90 Euro erhältlich ist (später 69,90
Euro). Herausgeber sind Hans und Barbara Holländer.
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Museum für Kunst und Gewerbe
Museum für Kunst und Gewerbe
SCHACHPARTIE DURCH ZEITEN UND WELTEN,
Museum für Kunst und Gewerbe, 20099 Hamburg. Steintorplatz, Eintritt 8 Euro
(ermäßigt 2-5 €) Tel. 040-428 13 10 (www.mkg-hamburg.de) Di-So 10-18 Uhr, Do
10-21 Uhr. Bis 28. August
EINTRITT (Stand Mai 2005)
für einen einmaligen Besuch des Museums
|
€ |
Erwachsene
|
8 |
Erwachsene dienstags ab 16 Uhr und
donnerstags ab 17 Uhr
|
5 |
Gruppen 3 – 6 Personen, je Person
Gruppen ab 7 Personen, je Person |
7
6
|
Ermäßigter Eintritt
Schüler über 18 Jahre, Studenten,
Auszubildende, Wehrpflichtige, Zivildienstleistende, Erwerbslose und
Sozialhilfeempfänger (mit Nachweis)
keine
Ermäßigung für Rentner und Behinderte!
Begleitperson (Ausweis) für
Behinderten frei |
5 |
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
|
2 |
Schüler in Begleitung von Lehrkräften je
(Lehrkräfte bis 2 Personen frei) |
2 |
Teilnahme an öffentlichen Führungen |
2
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Familientageskarte (2 Erwachsene mit
Kindern unter 18 Jahren)
|
15 |
Inhaber der „Hamburg-Card“ |
5
|
Inhaber des „Power Pass“ |
5
|
Inhaber der „Schauspielhaus Card“ |
5
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nur Besuch der Destille
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2 |
nur Besuch der Gerd Bucerius Bibliothek
|
2 |
Freien Eintritt erhalten:
·
Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr
·
Mitglieder der Presse, des Deutschen Museumsbundes, der A.I.C.A.,
des ICOM, des BBK
·
Inhaber des von der zuständigen Behörde ausgestellten
Ferienpasses
·
Teilnehmer an Veranstaltungen des Museumsdienstes unter
18 Jahren
·
Notwendige Begleitpersonen schwerbehinderter Besucher
·
Mitglieder von Vereinen oder Verbänden, dessen Ziel die
Förderung der Stiftung Museum für Kunst und Gewerbe ist
·
Inhaber der Metropol-Card
Fotografiererlaubnis für private Zwecke 4 €