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Ärzteschach
Mit den Schach spielenden Ärzten kam auch die Sonne über Bad Homburg. Am
letzten Märzwochenende hatten sich 145 Ärzte versammelt (die Osterferien
verhinderten einen noch größeren Andrang), um all die Alltagssorgen um
Budget und Abrechnung eine Zeitlang zu vergessen und sich der laut Dr. med
Modjataba Abtahi „schönsten Nebensache der Welt“, dem Schachspiel,
hinzugeben. Kommen dieses Schachspiel und sein Name (Schah = König) doch aus
Abtahis ursprünglichen Heimat Persien – wegen dieser etymologischen
Verwandtschaft ließ es Khomeini für viele Jahre verbieten.
Bereits zum 16. Mal fand die Deutsche Ärzteschachmeisterschaft in
Zusammenarbeit mit dem Deutschen Schachbund und Unterstützung des
Schachclubs Bad Homburg nun bereits statt, gar nicht wenige waren von Anfang
an immer dabei. Andere Berufsgruppen können da nur neidvoll staunen, der
Versuch der Juristen beispielsweise schlief schon nach dem zweiten Mal ein.
Kaum denkbar wäre indes das in einem so großzügigen Rahmen durchgeführte
Ärzteturnier ohne die Unterstützung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank
und deren Direktor Manfred Hermes. Frei nach Schiller, dem das Schachspiel
ein großer Trost noch in seinem Sterben war, kann man sagen: „Er teilte
jedem eine Gabe, dem Schachbuch, jenem anderes aus, der Jüngling und der
Greis am Stabe, ein jeder ging beglückt nach Haus.“
In der derzeitigen Debatte um Ärzteirrtümer mit entsprechenden
Selbstbezichtigungen, wovon stellvertretend das humorvolle Opus magnum eines
Professors für Allgemeinmedizin „Meine gesammelten Fehldiagnosen“ mit
jährlichen Ergänzungen künden mag, sollte nicht vergessen werden, dass nicht
nur heilende, sondern auch Schach spielende Ärzte Fehler machen, wie schon
der Spötter Tartakower wusste: „Eine Schachpartie ist ein Märchen aus 1001
Fehlern.“
Um dies und die keineswegs gewagte These „Meine Torheiten wachsen schneller
heran als meine Erfahrungen reifen“ in einem statistisch abgesicherten
Großversuch zu untermauern, wurde schließlich das Ärzteschachturnier einst
vom stellvertretenden Chefredakteur des Deutschen Ärzteblattes, Josef Maus,
der eine unerklärliche und wahrlich leidgeprüfte Liebe zum 1. FC Köln hegt,
ins Leben gerufen. Mutmaßlich wollte er sich und der außerkölnischen Welt
beweisen, dass nicht nur fußballernde Geißböcke Mist machen.
Wer ist der nächste Gegner?
Helmut Pfleger begutachtet das Werk der Kollegen
Peter Weber (re.)
Ergiebiges (Bockmist-) Material für die lüsternen, aber dank ihres Arztseins
selbstverständlich stets objektiven und nie schadenfrohen Kiebitze lieferten
insbesondere die Zeitnotgefechte der Schnellpartien mit nur einer halben
Stunde Bedenkzeit für die ganze Partie. Da wurde wild geopfert, manchmal mit
gutem, manchmal weniger guten Ergebnis. Da wurden aber auch hin und wieder
einzügige Matts übersehen und in der 8. Runde etliche Springer mitten auf
dem Brett „verhaftet“, von simpel verloren gegangenen oder kunstvoll
eroberten Damen ganz zu schweigen.
Apropos Damen. Nur zwei keinesfalls hölzerne, sondern recht lebendige, junge
Damen hatten sich diesmal ohne ihre Anführerin Dr. med. Utta Recknagel, die
leider wegen Familienferien mit Kindern und Enkeln nicht teilnehmen konnte,
unter die Männermeute gewagt. „Da ist ja der Frauenanteil noch geringer als
bei den Unfallchirurgen (dort sind es fünf Prozent)“, sagte mir eine
begleitende Unfallchirurgin. „Aber oho“, antwortet der begeisterte Chronist.
Dr. med. Bergit Brendel und Dr. med. Andrea Huppertz spielten beide
hervorragend; erstere überwältigte gar mit einem herrlichen, in allen
Varianten korrekten Springeropfer den gefürchteten Bamberger Recken Prof.
Dr. med. Peter Krauseneck, der sich so mit dem dritten Platz (auch nicht
schlecht!) begnügen musste. Per Definition war es übrigens kein Opfer à la
ihrem Vorbild Mihail Tal, dem ehemaligen Weltmeister und Hexenmeister aus
Riga, der humorvoll über sich sagte: „Es gibt zwei Arten von Opfern – meine
und korrekte!“ Gelegentlich soll Bergit Brendel laut Augenzeugen allerdings
auch wie Tal opfern.
Es gewannen schließlich ex aequo „Altmeister“ Dr. med. Peter Weber, der
angeblich schon auf die 50 zugeht (keiner glaubt’s ihm – erhält Schach etwa
gar jung?) und den nach dem Tod seines einstigen Idols (hoffentlich nur
schachlich!) Bobby Fischer im Januar wieder verstärkt die Schachlust packte,
und der mehrfache Landesmeister von Mecklenburg-Vorpommern Dr. med. Hannes
Knuth. Vielleicht fuhr ja gar der „genius loci“ in den nach Feinwertung
Ersteren, immerhin war Bobby Fischer einst (da lag Dr. Weber allerdings noch
in der Wiege) in Bad Homburg, allerdings nicht zum Schachspielen, sondern in
der Spielbank. Dr. med. Helmut Pfleger
Simultan
Von Helmut Werner
Als Dr. med. Timm Ludwig in der ersten Runde der Ärztemeisterschaften trotz
Gewinnstellung (drei Mehrbauern) wegen Zeitüberschreitung die Partie verlor,
kommentierte der Kiebitz Dr. med. Michael Ullrich treffend: „Jetzt wird auch
schon die Zeit budgetiert und gedeckelt.“
Die Budgetierungsproblematik spielte am Vorabend bei den
Simultanveranstaltungen der Großmeister Vlastimil Hort und Dr. med. Helmut
Pfleger keine Rolle. Pfleger, der am Vortag noch ein Simultanturnier in
Moers absolvierte (27 Gegner, 21 Siege, 6-mal remis), spielte gegen 14
Berufskollegen simultan und diesmal ohne Uhrenhandicap. Vlastimil Hort
stellte sich 25 hoch motivierten Ärzten.
Pfleger und Hort spielten gewohnt stark und gaben sich auch in brenzlichen
Situationen keine Blöße. Beide wiesen auf Eröffnungsvarianten hin, zeigten
gelegentliche Fehlzüge ihrer Gegner auf, gaben ihnen die Möglichkeit der
längeren Bedenkzeit und zeigten sich trotz der hohen Konzentration äußerst
kommunikativ. Pausen für die Protagonisten gab es nur durch gelegentliche
Flüssigkeitsaufnahme (Hort Kaffee, Pfleger Tee).
Nach zweieinhalb Stunden
konnte Pfleger 11 Siege verbuchen und spielte dreimal remis gegen die
starken Dr. med. Wilhelm Burow, Kassel, Dr. med.Peter Dorner, Villingen, und
Dr. med. Bernd Skutta, Köln. Als Hort kurz vor Mitternacht und nach etlichen
Kilometern Fußmarsch Bilanz zog, hatte er 24 Siege und ein Remis gegen Dr.
med. Tomislav Trupkovic aus Speyer auf der Habenseite. Das parallel
stattfindende Blitzturnier gewann Dr. med. Giampiero Adocchio (Mosbach)
überlegen mit 9½ Punkten aus elf Partien vor Dr. med. Hannes Knuth
(Ludwigslust) mit acht Punkten.
Die besten Zehn
Rang Teilnehmer Ort Punkte
1 Weber, Peter Langenfeld 8,0
2 Knuth, Hannes Ludwigslust 8,0
3 Krauseneck,Peter Bamberg 7,0
4 Rautenstrauch, Hans Stuttgart 7,0
5 Kröger, Jan Sauensiek 7,0
6 Jaster, Robert Rostock 6,5
7 Jacob,Helmut Ochtrup 6,5
8 Müschenich,Stefan Münster 6,5
9 Loukanov,Tsevetomir Eppelheim 6,5
10 Jordan,Michael Schmelz 6,5
Die Sieger (v. l.):
Hans Rautenstrauch, Peter Weber, Hannes Knuth, Peter Krauseneck und Jan
Kröger