"Es geht um mehr als nur Geld“
Ein Gespräch mit Daniel Fridman über die Nationalmannschaft, die Olympiade und
Spitzenschach in Deutschland
Lieber Daniel Fridman. Du bist Nummer 3
der deutschen Rangliste, wurdest 2008 deutscher Meister und gehörst zu den vier
Spielern, die für die Schacholympiade 2010 nominiert wurden, jedoch nach
gescheiterten Honorarverhandlungen mit dem Deutschen Schachbund nicht spielen
wollen. Jetzt ist eine Situation entstanden, die für alle Seiten unbefriedigend
ist: Die Spieler können nicht bei der Olympiade spielen, der DSB nominiert eine
Mannschaft, deren Brett 1 die Nummer 14 der deutschen Rangliste und deren Brett
fünf die Nummer 80 der deutschen Rangliste ist. Der Imageschaden für den Spieler
und den DSB ist groß. Hätte man das nicht verhindern können?
Vielleicht. Aber hier geht es nicht nur um
das Honorar für diese Olympiade. Es muss sich grundsätzlich etwas ändern. Und
die Weigerung der Mannschaft, zur Schacholympiade nach Khanty-Mansiysk zu
fahren, kam nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sondern hat eine lange
Vorgeschichte. Ich spiele erst seit drei Jahren für die deutsche
Nationalmannschaft, aber wie ich gehört habe, sind die Honorare seit 1990 gleich
geblieben. Schon nach der Mannschaftseuropameisterschaft im Oktober 2009 in Novi
Sad, wo die Bezahlung ganz schlecht war, haben wir gesagt, es muss sich etwas
ändern. Aber der Deutsche Schachbund hat nicht reagiert und reagiert nicht.
Bei der Europameisterschaft haben wir gut
gespielt und sind Fünfter geworden. Dennoch wollte man uns für die Olympiade in
Khanty-Mansiysk erst weniger zahlen als bei der Schacholympiade in Dresden, dann
hat man uns das gleiche Honorar wie in Dresden angeboten und das war nicht
akzeptabel.
Wir würden alle sehr gerne bei der Olympiade
spielen, aber wenn wir weiter für die gleichen Konditionen spielen, dann denkt
sich der DSB, „alles in Ordnung, wir machen weiter so“. Wenn alle Angebote und
jede Kritik ignoriert wird, dann ändert sich nichts. So ist uns leider nichts
anderes übrig geblieben, als das „Gegenangebot“ des DSB abzulehnen.
Wenn ich Jan Gustafssons Artikel in der
aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Schach richtig verstanden habe, dann
gab es bei dem Streit um die Honorare niemals ein richtiges Gespräch mit dem
DSB?
Ja das stimmt. Wir haben einen Brief
geschrieben und um ein Gespräch gebeten, aber die Bitte um ein Gespräch blieb
ohne Antwort. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vielleicht hatte der DSB nichts
zu sagen oder wollte nichts sagen, keine Ahnung. Danach gab es nur Emails und
Telefonate.
Viele Schachspieler sagen, an einer
Schacholympiade teilzunehmen ist ein einmaliges Erlebnis und sie würden gerne
mehr als nur Reisekosten zahlen, um diese Chance zu bekommen. Da fragt man sich:
„Warum die Debatte ums Geld?“ Warum sagen die Spieler nicht: „Die Olympiade ist
ein Superturnier, ich spiele gerne für Deutschland, die Olympiade steigert
meinen Marktwert, ich spiele auch ohne Honorar“?
Ich spiele tatsächlich gerne für Deutschland
und natürlich ist die Olympiade ein sehr interessantes, spannendes und
attraktives Turnier. Man trifft viele Freunde, die Atmosphäre ist schön. Aber
man muss unterscheiden. Es gibt Mannschaften, die nicht so stark sind und die
nicht unter Erfolgsdruck stehen. Die Spieler dieser Mannschaften fahren zur
Olympiade, um ein schönes Turnier zu spielen, fast so, als ob sie Urlaub machen
würden. Aber das sind dann auch Ferien. Wenn ich Ingenieur oder Programmierer
wäre, und trotzdem die Gelegenheit hätte, zur Olympiade zu fahren, dann würde
ich auch zahlen, um ganz ohne Erfolgsdruck bei der Olympiade mitzuspielen.
Aber ich bin Profi und in Deutschland liegen
die Dinge anders. Deutschland ist eine der stärksten Schachnationen, der
Deutsche Schachbund ist eine der mitgliederstärksten Schachverbände und nur
Russland hat mehr Großmeister, Internationale Meister und Titelträger als
Deutschland. An die deutsche Mannschaft werden Erwartungen geknüpft. Vielleicht
nicht unter die ersten drei zu kommen, aber vielleicht doch unter die ersten
zehn. Das ist schwer. Die Olympiade ist ein hartes Turnier. Man spielt zwei
Wochen, man hat gute Gegner. Und ein Mannschaftsturnier ist etwas anderes als
ein Open. In einem Open kann man sagen, okay, es hat nicht geklappt, aber in
einem Mannschaftsturnier wie der Olympiade muss man die ganze Zeit 120 Prozent
geben. Im Open spielt man für sich selbst, bei der Olympiade spielt man für die
Mannschaft. Und einmal in zwei Jahren könnte bei einem solchen Turnier auch von
Seiten des DSB etwas kommen.
Was den Marktwert betrifft, so steigert der
sich durch die Teilnahme an einer Olympiade nicht. Zumindest habe ich das nicht
erlebt.
Warum ist es wichtig für das deutsche
Schach, dass Deutschland mit einer guten Mannschaft zur Olympiade fährt und dort
gut abschneidet?
Für mich ist das generell wichtig, nicht nur
als Schachprofi, sondern auch als Schach- und Sportfan. Ich verfolge gerne
Turniere und Sportveranstaltungen, und ich wäre ziemlich enttäuscht, wenn
Deutschland eine zweit- oder drittklassige Handballmannschaft zu großen
Turnieren oder zur Olympiade schickt – aus welchen Gründen auch immer. Ich
glaube, für Schachfans ist es interessanter zu sehen, wie die deutsche
Mannschaft um einen der vorderen Plätze kämpft.
Das heißt, der Deutsche Schachbund hat
den deutschen Schachfans gegenüber eine Verpflichtung?
Ich würde es so empfinden.
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Foto: Kohlmeyer
Die Spieler verlangen vom DSB ein
Honorar. Aber was bekommt der DSB für das Geld, das er zahlt, das er in die
Spieler investiert?
Ich bin Schachspieler, kein
Fundraising-Experte. Ich finde, der Verband müsste sich darum kümmern, Sponsoren
zu finden. Ein Verband, der nicht explizit erklärt, dass er nur für Amateure da
ist, sollte einen professionellen Fundraiser haben, der Sponsoren sucht. Im DSB
gibt es den entweder nicht oder er arbeitet schlecht, denn Ergebnisse sieht man
nicht.
Natürlich ist das einfacher gesagt als
getan, aber ich glaube, für die Nationalmannschaft sollte man Geld auftreiben
können. Viele Leute sind am Schach interessiert, gerade in Deutschland, und das
dürfte für Sponsoren interessant sein. Die Schachspieler müssen natürlich
mitmachen, aber unsere Aufgabe ist es vor allem, gut zu spielen. Ich bitte ja
auch keinen Funktionär, die Olympiade für mich zu spielen.
Ich glaube, es ist auch Aufgabe des DSB,
etwas aus seiner Nationalmannschaft zu machen, Schach in Deutschland mit Hilfe
der Nationalmannschaft populärer zu machen. Natürlich müssen die Nationalspieler
ihren Beitrag leisten und sich z.B. für bestimmte Veranstaltungen zur Verfügung
stellen, aber dazu wäre ich bereit.
Der Ruf nach einem deutschen Magnus Carlsen
oder einem Boris Becker des Schachs wird eben nur dann Wirklichkeit, wenn der
DSB seine Spitzenleute fördert, damit sie besser werden und jungen
Spielern Vorbilder und Perspektiven aufzeigen können. Davon profitiert dann auch
der DSB, u. a. mit steigenden Mitgliederzahlen etc.
Oft wird in dieser Debatte gesagt, der
Deutsche Schachbund hätte gar kein Interesse am Spitzenschach und der Förderung
des Spitzenschachs. Wie siehst Du das?
Diesen Eindruck habe ich auch. Ich spiele
jetzt seit drei Jahren für Deutschland und die einzige Förderung, die ich
bekommen habe, war eine teilweise Übernahme der Kosten für die
Europameisterschaft, die ja auch ein Turnier ist, bei dem man Deutschland
offiziell vertritt.
Die bittere Ironie war hier allerdings, dass
die Europameisterschaft parallel zur Deutschen Meisterschaft stattfand. Das ist
natürlich eine andere Geschichte, aber ich finde – und viele andere Spieler
denken genauso – man sollte die Deutsche Meisterschaft als Rundenturnier
austragen. Zum Beispiel mit acht Spielern, die aufgrund ihrer Elo-Zahl gesetzt
werden, dazu noch vier Spieler, die sich qualifizieren. So wie es in Holland
gemacht wird. Gibt es dann noch gute Preise, kommen auch starke Spieler und man
hat eine richtig gute und starke Meisterschaft.
Ich weiß natürlich auch, dass man das
aktuelle System nicht einfach ändern kann, weil die Landesverbände Vertreter
ihres Landes schicken wollen. Aber das entwertet den Meistertitel. 2008, als ich
zum DSB gewechselt bin, habe ich die Meisterschaft gewonnen und war natürlich
sehr stolz. Aber viele starke Spieler haben gar nicht mitgespielt.
Natürlich ist es schön, die Deutsche
Meisterschaft zu gewinnen. Aber etwas anderes wäre es, eine Deutsche
Meisterschaft zu gewinnen, in der wirklich die Besten spielen, die ein richtig
hartes Turnier ist, eine richtige Meisterschaft.
Generell gibt es in Deutschland nur wenig
wirkliche Schachprofis. Das soll nicht heißen, dass Leute, die studieren oder
arbeiten und gleichzeitig Schach spielen, nicht gut sind. Aber es gibt nur
wenige Leute, die ausschließlich Schach spielen und vom Schach leben. Und ich
habe nicht den Eindruck, dass in Zukunft viele dazu kommen werden.
Jetzt schickt man also eine junge Mannschaft
zur Olympiade. Khenkin wurde nicht aufgestellt, aber wo sind Arik Braun und
David Baramidze? Die Jugend soll gefördert werden, das ist gut und schön, und
ich bin dankbar, dass ich in Lettland als Jugendlicher gefördert wurde. (Wobei
ich mir dennoch mehr Förderung in Lettland gewünscht hätte, denn außer dem
Training, das tatsächlich sehr gut war, gab es keine Förderung.) Aber wieso
spielen junge Spieler wie Arik Braun und David Baramidze nicht? Weil sie
studieren, um dann einen Beruf zu ergreifen, der finanzielle Sicherheit bietet –
was ich gut verstehen kann. Aber wäre es dann nicht besser, auch etwas für die
Leute zu tun, die beim Schach bleiben, die Profis sind?
Klaus Deventer meinte in seinem offenen
Brief, der DSB hofft, dass die jungen Spieler die durch unseren Rückzug
entstandene Lücke schnell schließen können. Aber das ist nicht ganz so einfach,
wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Da können Jahre vergehen und die
meisten Spieler sagen wahrscheinlich irgendwann: „Okay, jetzt muss ich einen
Beruf ergreifen und mit Schach auf professionellem Niveau aufhören.“ Und selbst
wenn diese Jugendspieler diese Lücke schließen, dann kann ich mir nicht
vorstellen, was das ändert. Glaubt der DSB, dass sie für wenig Geld und die
gleichen Konditionen weiter für den Deutschen Schachbund spielen? Über kurz oder
lang wird die gleiche Situation entstehen, die jetzt entstanden ist.
Warum sind Profis für das deutsche Schach
wichtig, warum braucht Deutschland Spitzenspieler?
Ich glaube, ganz genau kann diese Frage
niemand beantworten. Aber warum ist Fußball so wichtig? Warum sind die Leute so
begeistert davon und warum wollen sie, dass ihre Mannschaft Weltmeister wird?
Spitzenspieler machen Schach einfach attraktiver und ich glaube, es ist wichtig,
dass die deutschen Schachfans die beste Mannschaft sehen. Und in anderen
Bereichen arbeitet auch niemand umsonst. Jeder Politiker bekommt Geld und
angenommen, ein Software-Programmierer hat eine Idee für ein Programm, dass
Deutschland nützt und jemand kommt und sagt: „Sehr schön, mach das bitte, aber
lass uns nicht über Geld streiten“, dann würde man das absurd finden.
Bei der Debatte um die Nationalmannschaft
geht es auch immer wieder um Förderung und Training und um die Rolle des
Bundestrainers. Was macht der Bundestrainer Uwe Bönsch?
In Deutschland ist, so weit ich es
verstanden habe, der Bundestrainer für die Aufstellung der Nationalmannschaft
verantwortlich. Ich finde allerdings, man sollte die Mannschaft einfach nach
Spielstärke, d.h. nach Elo-Zahl nominieren. Natürlich könnte man wie in den USA
noch einen Koeffizienten einbauen, mit dem Jugendlichen bei gleicher oder etwas
schlechterer Elo-Zahl bessere Chancen haben. Und ich finde, wenn man sagt, man
geht nicht nach Spielstärke, sondern nominiert eine andere Mannschaft mit
vermeintlich größerem Potenzial und diese Mannschaft spielt schlecht, dann muss
der Bundestrainer die Verantwortung übernehmen. Wie es in anderen Sportarten ja
üblich ist, nicht zuletzt im Fußball.
Der Bundestrainer nominiert die
Nationalmannschaften, aber was macht er noch? Wie sieht der Kontakt zwischen dem
Bundestrainer und den Nationalspielern aus?
Ich würde sagen, Uwe Bönsch kümmert sich
eher um technische Fragen. Visafragen oder Dopingbestimmungen, aber
Schachtraining habe ich noch nicht mit ihm gemacht. Ich war einmal bei einem
Vorbereitungstreffen vor der Schacholympiade in Dresden 2008, aber da hat Uwe
schachlich nicht mit uns gearbeitet. Die Spieler haben sich zusammengesetzt und
trainiert.
Wie machen das andere Verbände?
Ich denke, im Idealfall wird die Mannschaft
von zwei Leuten betreut. Einer, der die Rolle des Mannschaftskapitäns übernimmt,
der sich um technische Fragen kümmert: die Mannschaftsaufstellung rechtzeitig
einreichen, sich um Probleme und Details kümmern, usw. Das sind vielleicht nur
Kleinigkeiten, aber sie sind wichtig.
Daneben sollte es einen Schachtrainer geben.
Natürlich arbeitet jeder Spitzenspieler eigenständig, aber zugleich braucht man
Hilfe, denn die vielen Informationen, die es heutzutage gibt, kann man alleine
gar nicht bewältigen. Es hilft, wenn man einen qualifizierten Trainer hat, der
bereit ist, die ganze Nacht zu analysieren, um dann am nächsten Morgen
Ergebnisse zu präsentieren. Das entlastet die Mannschaft bei der Vorbereitung
und die Spieler können sich stärker auf die Partie konzentrieren. Die Spieler
arbeiten ohnehin sehr viel, sie prüfen Analysen, sie bereiten sich vor, und
deshalb ist eine solche Arbeit sehr wichtig und hilfreich. Ein solcher Trainer
kostet für ein Turnier nicht mehr als ein Spieler. Wenn man sich wundert, wie
ein Trainer, der schwächer als die Spieler ist, helfen kann, dann braucht man
nur an Spieler wie Kasparov und Carlsen zu denken, die ohne Trainer nie so gut
geworden wären. Von anderen Sportarten gar nicht zu reden.
Haben andere Verbände solche Trainer?
Hundertprozentig genau weiß ich das nicht,
aber ich glaube Holland hat Chuchelov, er wird vom holländischen Schachverband
bezahlt und arbeitet individuell mit einzelnen Spielern. Bei großen
Mannschaftsturnieren wie der Olympiade ist er auch als Mannschaftstrainer dabei
und macht die Arbeit, die ich oben beschriebe habe. Russland hat Motylev als
Trainer, Dänemark arbeitet bei der nächsten Olympiade mit Jan (Gustafsson) als
Sekundant und Trainer, Frankreich hat einen Trainer, wer das dieses Jahr ist,
weiß ich nicht, bei der Europameisterschaft war es Lautier, davor Tregubov,
Österreich hatte Ribli, der auch bei der Einzeleuropameisterschaft dabei war und
auch die USA haben einen Trainer und einen Kapitän.
Natürlich weiß ich nicht, wie das jeder
einzelne der etwa 160 Verbände macht, aber alle mehr oder weniger
professionellen Verbände haben einen Trainer.
Ich weiß nicht, wie das bei den deutschen
Mannschaften früher war, aber bei den Wettbewerben, bei denen ich dabei war, war
Uwe Bönsch kein Trainer wie Chuchelov oder Ribli, sondern hatte eine andere
Funktion. In Dresden hatten wir Christopher Lutz als Trainer, später, als wir
gute Chancen hatten, vorne zu landen, kam noch Fabian Döttling hinzu. Bei der
Europameisterschaft in Novi Sad hatten wir keinen Trainer, der sich um das
Schach gekümmert hat. Uwe Bönsch war dabei, aber was das Schach betrifft, so
waren die Spieler auf sich gestellt.
Wenn man die Diskussion um die Honorare
und die Aufstellung der Nationalmannschaften rekapituliert – was ist da schief
gegangen und wie kann man das in Zukunft vermeiden?
Zunächst einmal würde ich ein Gespräch
befürworten, und nicht nur einen Austausch von Emails oder Briefen. Alle
Beteiligten sollten sich zusammensetzen und miteinander reden. Ich denke, wir
haben ziemlich klar gemacht, was wir vom Deutschen Schachbund wollen. Jetzt ist
der DSB am Zug und muss klar sagen, ob er sich für Spitzensport interessiert
oder nicht. Dann wissen alle, woran sie sind. Bis jetzt kam vom DSB nichts
dergleichen. In Gesprächen wird angedeutet, dass sich der DSB eher auf die
Förderung des Amateurschachs konzentriert, aber offiziell ist das nicht.
In vielen Ländern erhalten Spieler kein
Geld, wenn sie zur Olympiade fahren, aber sie werden mit einem regelmäßigen
Betrag gefördert. In Armenien bekommen die Spieler ein auch für deutsche
Verhältnisse gutes monatliches Gehalt – allerdings ist der Präsident Armeniens
auch der Präsident des Schachverbandes, das hilft. Und in einigen Ländern wie
zum Beispiel der Türkei oder Island bekommt man z.B. bereits Geld, wenn man
Großmeister ist oder zur Olympiaauswahl gehört.
Ich hoffe, der DSB fördert in Zukunft auch
Spitzenspieler und nicht nur Jugendliche. Gelegentliches Training, Unterstützung
bei einem Turnier. Wir reden hier über keine großen Beträge. In anderen
Sportarten wird das so gemacht. Wenn man dort im A-Kader ist, bekommt man
monatlich Geld, damit man sich voll auf seine Sportart konzentrieren kann. Das
hat Vorteile. Ich muss Geld verdienen, ich bin Schachprofi. Und wenn ich zwei
Turniere zur Auswahl habe, eins, das etwas schwächer ist oder bessere
Konditionen bietet, aber wo ich gute Chancen habe, Geld zu gewinnen, und eins,
das stärker ist, aber wo ich gegen stärkere Spieler spielen kann, dann werde ich
meistens das schwächere Turnier wählen, weil ich eben Geld verdienen muss.
Bekommt man Unterstützung, dann kann man sich besser darauf konzentrieren, die
eigene Spielstärke zu verbessern.
Wie geht es nun weiter? Gibt es
Bemühungen, das Kind, das jetzt in den Brunnen gefallen ist, wieder hinaus zu
holen und es in Zukunft anders und besser zu machen oder herrscht zur Zeit
Funkstille zwischen den Spielern und dem DSB?
Ich hoffe, dass es ein Gespräch gibt, in dem
die augenblickliche unglückliche Situation geklärt werden kann. Dabei geht es
hier nicht nur um etwas mehr Geld für eine Olympiade. Es geht um generelle
Fragen: Wie steht der DSB zum Spitzenschach, wer wird wie gefördert und warum,
wie werden die Nationalmannschaften aufgestellt, welche Aufgaben und Pflichten
hat der Bundestrainer, warum gibt es genug Geld, um zahlreiche
Funktionärstreffen zu finanzieren, aber kein Geld für die Nationalmannschaft, um
nur ein paar zu nennen. Diese Fragen stehen im Raum und werden in Foren und auf
Schachseiten im Internet diskutiert, aber bislang hat sich der Deutsche
Schachbund noch nicht an der Diskussion beteiligt. Ich fürchte, der DSB
versucht, diese Fragen einfach zu ignorieren und das Problem auszusitzen. Aber
ich finde, der Deutsche Schachbund sollte sich äußern.
Die Fragen stellte Johannes Fischer