Wenn das ÖADC zweimal klingelt

von ChessBase
24.04.2007 – Sind Sie Schachspieler? Spielen Sie vielleicht ab und zu für ihren Verein in einer der Amateurligen - vielleicht Bezirksliga oder Oberliga - Schachpartien? Dann sollten Sie darauf vorbereitet sein, dass es demnächst einmal an Ihrer Wohnungstür klingeln könnte. Vielleicht ist zu diesem Zeitpunkt gerade Ihre Therme kaputt gegangen. Es ist kalt und Ihre Tochter liegt mit Grippe im Bett. Sie sind etwas angespannt. Wenn Sie nun öffnen, kann es sein, dass nicht der erwartete Installateur vor der Tür steht, auch kein Schwindler, Hausierer oder Zeitschriftendrücker, der Ihr Geld will. Stattdessen eine Dame und ein Herr vom ÖADC. Die möchten von Ihnen 75 ml Urin (Mindestabgabemenge).  Machen Sie nun keinen Fehler! Sonst ist es nämlich erst einmal aus mit Ihrer kleinen Schachkarriere. Eine Realsatire aus unserem Nachbarland, die vielleicht auch bei uns demnächst Realität werden könnte.ÖSB...Mehr....

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Austria Gaga?

Wer zum ersten Mal von der Idee hört, das Schach solle olympische Disziplin werden, wird sich vielleicht fragen, weshalb denn nur? Hat das Schach nicht mit seiner eigenen Schacholympiade eine mehr als ansehnliche Sportveranstaltung? Wozu soll Schach denn auch noch olympische Disziplin werden? Wäre es dann Sommer- oder Wintersport? Doch ganz so unbegründet ist das Bemühen nicht. Viele nationale Sportverbände wenden nämlich für die Unterstützung der verschiedenen Sportarten nur das eine Kriterium an: Ist dieser Sport olympische Disziplin? So ist es für die nationalen Schachverbände eine wichtige Voraussetzung, zuerst als Sport anerkannt zu werden, um dann vielleicht als olympische Disziplin sogar in den Genuss nationaler Fördergelder zu kommen. Mit der Teilnahme an den Asienspielen gab es kürzlich einen Teilerfolg.

Die Kehrseite der Medaille ist jedoch das Doping-Kontrollwesen. Das IOC macht bei ihren Antidopingauflagen keinen Unterschied zwischen den einzelnen Sportarten und hat einen Dopingkatalog entwickelt, der für alle Sportler gleichermaßen gilt - egal ob Gewichtheben, Sportschießen oder Dressurreiten, also auch für den (vor-) olympischen Schachsportl. Zwar ist im Schach bisher nicht ein einziges Leistung förderndes Dopingmittel nachgewiesen (außer Elektronik), aber dennoch wurden in der Vergangenheit Dopingproben angedroht und teils sogar durchgeführt.

Welcher Unsinn dies ist, illustriert ein besonders kurioser Fall, der sich in Österreich ereignete und dort derzeit heftig diskutiert wird. Die ÖADC (Österreichisches Anti Doping Comité)erschien mit zwei Mitarbeitern bei der Spielerin Monika Galambfalvy (derzeit Nummer 72 der nationalen Frauen-Rangliste, Elo ca. 1700, aber vor zwei Jahren noch Kaderspielerin) an der Wohnungstür und bat um Urin. Frau Galambfalvy war zu diesem Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen nicht geneigt, der Bitte zu entsprechen. Nun wurde sie in einem Verfahren mit zwei Jahren Sperre belegt.

André Schulz

 

Hier ihre Darstellung der Vorgänge:

Ich bin der erste Dopingfall im Schach, zumindest in Ö. Gestern war die Anhörung wegen dieser Causa. In der Kommission war ein Richter, ein  Anwalt und Herr Stubenvoll. Bevor ich das Urteil verkünde, möchte ich euch die Vorgeschichte dazu nicht vorenthalten. Es war Sonntag, der 25.3.2007 um etwa 11:00. Mein aktueller Zustand war zu diesem Zeitpunkt aus mehreren Gründen nicht gerade entspannt.

1. Ich flog auf einen Installateurschwindler rein, welcher per Flugzettel  eine billige Thermenwartung angeboten hat. Am Samstag vor der  Dopingkontrolle wurde es mir klar, dass ich einen Betrüger reingefallen  bin. Das Ergebnis davon war Verlust von 55€ und eine kaputte Therme (ich  hatte kein Warmwasser und keine Heizung). Nur ein kleiner Kohlenofen  rettete mich vor dem Schlimmsten.

2. Meine Tochter hatte zu dieser Zeit Grippe.

3. Der Vaillant-Notdienst war bestellt und ich wußte bereits, dass das teuer werden wird.

In dieser lässigen Situation läutet es also am Sonntag um 11:00 und ich mache erfreut auf, da ich denke, es ist Vaillant. Doch vor mir stehen ein Mann und eine Frau und meinen: "Dopingkontrolle". Den Einfühlsamen unter euch muss ich natürlich meine Gedankenkette nicht näher erläutern. Aber trotzdem, wegen der Vollständigkeit: "die nächsten Gfraster*" so der Tenor und ich knallte die Tür wieder zu.

Dann hörte ich Wortfetzen der Erklärung und schnappte "Schach" auf. Um es  kurz zu machen: Ich öffnete wieder die Tür und hörte: Ich sei Kaderspielerin und vom Verband gemeldet, deswegen die Bitte um 75ml Urin.

Ich habe derzeit, wenn überhaupt, knappe 1700 Elo. Vor der Damen-STM 2005 hatte ich viel Zeit und mich mit Schach sehr beschäftigt. Da konnte ich  sogar Dritte werden. Damals habe ich auch einen "Dopingzettel"  unterschrieben. Seit dem spiele ich aber nur mehr gemütlich dahin und falle stetig in der Elo-Zahl - also reiner Spass, wenig Zeit. Deswegen dachte ich, es sei ein Irrtum, ich bin keine Kaderspielerin.
Also ging die Tür wieder zu.

Montag kam der Anruf vom Stubenvoll. Ich solle kooperativ sei und dann bei der Anhörung alle Argumente belegen. Ich bot noch an, die Kontrolle nachzuholen, schließlich war erst ein Tag vergangen! Da erfuhr ich, dass der Zug abgefahren ist, ich bin lt.  Gesetz ein Dopingfall, weil ich verweigert habe. Damit hatte ich mich also schon abgefunden.

Ich vermied, über die Tatsache nachzudenken, dass ich im Schachverband nicht nur Freunde habe. Ich war also gespannt auf das Strafausmaß.
Verwarnung, Sperre für STM07, Sperre für eine Saison. So waren meine Spekulationen.

Bei dieser Anhörung vor Stubenvoll und Co. belegte ich alle Erklärungen mit Pflegeurlaubbestätigung wg. der Grippe meine Tochter, Mailverkehr mit Installateurinnung wg. des Betrügers, Rechnung des Betrügers, Vaillant-Rechnung vom 25.3.07. Auch die Eloliste zeigte meine etwa 1700 auf.

Nun das Urteil:

Ich bin für ZWEI JAHRE gesperrt

Der ÖSB macht da ein Bauernopfer oder .......

Jedenfalls werde ich die Berufungsmöglichkeit ausschöpfen, denn zumindest das Strafausmaß erscheint mir etwas überzeichnet. Zweitens ist der ÖSB verpflichtet der Antidopinggesellschaft aktuelle Kaderlisten vorzulegen, was lt. deren Auskunft aber nicht passiert ist.

Habt ihr eine Idee was ich jetzt noch machen könnte?

Monika Galambfalvy



* Gfraster: österreichisch für "Rotzpipn**

**Rotzpipn: österreichisch für Krätzn ***

*** Krätzn: österreichisch für Nichtsnutz
 

 

 

 

 


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