Loek van Wely spielt diesmal von Baku aus
mit
Vierte Teilnahme im vierten Land – und vierter Erfolg beim Kuppenheimer
12-Stunden-Blitz? / Fußball-Raubein hat zwei Probleme
Von Hartmut Metz
Raubein beim Fußball, Gentleman am Brett: Loek van Wely
Schach-Großmeister Loek van Wely hat zwei
Probleme. Das eine wird er wohl wie immer lösen, wenn er am Freitag in der
Wörtelhalle beim 12-Stunden-Blitz der Caissa-Rochade Kuppenheim mitspielt. Der
Niederländer benötigt die Nacht über einen Internet-Zugang, um als einziger
online am 19. Sparkassen-Cup teilzunehmen. Diesmal eine besonders knifflige
Aufgabe, denn der Weltranglisten-36. spielt derzeit ein Turnier in
Aserbaidschan. Der „Präsidenten-Cup“ in der Hauptstadt Baku endet just erst
wenigen Stunden vor dem Auftakt um 20 Uhr. Danach braucht van Wely eine
zuverlässige Verbindung nach Kuppenheim, um die rund 55 Partien auf dem
Chessbase-Server
www.schach.de ununterbrochen bestreiten zu können.
Raubein beim Fußball, Gentleman am Brett: Loek van Wely.
Wie schwierig das manchmal sein kann, musste
der Profi schon in den Vorjahren erkennen. Saß der Titelverteidiger bei seinem
ersten Erfolg 2004 noch bequem zu Hause in Tilburg, wurde es für van Wely in New
York schon unkomfortabler. Der Hattrick war 2006 in Turin bei der dortigen
Schach-Olympiade in Gefahr: Im Olympischen Dorf wollten ihn Carabinieri nachts
aus dem Internet-Raum vertreiben - doch mit einer kleinen Bestechung, einer
Einladung im Falle eines erneuten Sieges beim Sparkassen-Cup – verhinderte der
wortgewandte Holländer einen Rauswurf. Der 35-Jährige überstand anschließend
auch noch technische Probleme, die ihn drei Punkte kosteten. Am Schluss lag der
Weltklasse-Großmeister aber erneut vor den 73 Gegnern. Im Finale schlug van Wely
den Kuppenheimer Spitzenspieler Jean-Noel Riff.
Weil der Franzose passen muss, dürften
diesmal der bulgarische Internationale Meister (IM) Krasimir Rusew und IM
Andreas Schenk zu den Hauptkonkurrenten zählen.
Letzterer ist der stärkste gebürtige
Mittelbadener aller Zeiten. Der Bühlertaler mit einer Weltranglistenzahl von
2517 Elo spielt seit Jahren beim deutschen Meister OSC Baden-Baden. In zwei
Partien, die am Samstagmorgen die vier Punktbesten in den Play-offs austragen,
ist Blitzdenker „Schenk auch durchaus eine Überraschung gegen den Topfavoriten
van Wely zuzutrauen“, meint Markus Merklinger, Präsident der Caissa-Rochade
Kuppenheim. Zudem meldeten sich kurz vor Toreschluss der Israeli Leonid
Gofshtein (2547) und der Grieche Stelios Halkios (2569) an. Beide Großmeister
zählen natürlich auch zu den Anwärtern fürs Playoff-Halbfinale.
Der Preisfonds inklusive der Sachpreise von
Chessbase und Edition Olms lag in den Vorjahren bei rund 3.000 Euro. Die exakte
Höhe hängt von der Teilnehmerzahl ab. Das Startgeld beträgt 20 Euro
(Anmeldeschluss: 19.30 Uhr) und fließt komplett den Erfolgreichsten in der
A-Gruppe zu. Der Gewinner des 19. Sparkassen-Cups erhält Preise im Wert von
1.000 Euro. Das darin enthaltene Chessbase-Megapaket geht jedoch bei einem Sieg
von van Wely an seinen Final-Gegner vor Ort. Die Vorrunde dauert etwa 25 Runden.
Danach teilt Turnierleiter Alexander Hatz die Spieler nach den errungenen
Zählern in Leistungsgruppen ein. In diesen spielt jeder gegen jeden. Die Besten
in den Trostrunden erhalten Sachpreise. Die Sieger der Gruppen ein aktuelles
Fritz-Programm. Zudem gibt es eine Sonderwertung für Vereine: Die vier
erfolgreichsten Mitglieder eines Klubs kommen dabei in die Wertung. Bei mehr
Gemeldeten hat man den Vorteil, die schlechtesten Ergebnisse streichen zu
können.
Der reisefreudige Loek van Wely startet bei
seiner vierten Teilnahme in Kuppenheim vom vierten Land aus. Ob ihm das nach dem
Hattrick den vierten Erfolg beim Sparkassen-Cup beschert, steht noch in den
Sternen. Der Holländer hat nämlich ein besonderes Handicap: Fern der Wörtelhalle
kann der Weltranglisten-36. seine Rivalen von Baku aus nicht zu einem
Fußballspiel verführen! Sein zweites, ein gewaltiges Problem! In seinem Artikel
über das Turnier in Monaco berichtet van Wely nach 1:5 Punkten, dass „am
Horizont ein Silberstreifen auftauchte, denn am zweiten Ruhetag sollte ein
Fußballspiel stattfinden! Vor einigen Jahren mussten in Wijk aan Zee in
Konsequenz einer derart gefährlichen sportlichen Betätigung zwei Spieler ins
Krankenhaus eingeliefert werden. Gerüchte besagen, dass ich bei den Fouls, die
dazu führten, verdächtig nahe am Tatort war. Aber das sind eben nur Gerüchte …“,
schreibt van Wely im Magazin „Schach“ über Monaco und setzt fort: „Meine Gegner
der letzten drei Runden hießen Swidler, Vallejo und Carlsen – sie würden
bestimmt mitspielen! Leider gelang es Swidlers Frau, Peter davon zu überzeugen,
dass das Fußballspielen zu riskant sei. Aber jetzt kommt das eigentlich
Sensationelle: Ich besiegte ihn trotzdem!“
Der 16-jährige Magnus Carlsen war auch einer
der Anwärter auf die Online-Teilnahme, schließlich wäre die Live-Übertragung auf
www.schach.de damit auch äußerst attraktiv gewesen. Der norwegische Jungstar
gab letztlich vor, ihm sei das Blitzturnier so kurz vor dem WM-Kandidatenmatch
gegen Lewon Aronjan doch zu anstrengend. Fürchtete Carlsen aber in Wahrheit
Tritte von van Wely? Wie viele Schach-Heroen trauen sich nun noch, beim
Sparkassen-Cup gegen das Fußball-Raubein anzutreten?