Borislav Ivanov und kein Ende
Borislav Ivanov, 26 Jahre alt, Pädogikstudent, ein Spieler von einer Spielstärke mit ca. 2200 Elo, begann 2012 plötzlich, auf Offenen Turnieren reihenweise Großmeister zu schlagen. Dies gelang ihm, weil er von nun an an einfach keine Fehler mehr machte. Seine explosionsartig gewachsene Spielstärke, zum Beispiel in den Partien, die er beim Zadar Open spielte, erschien einigen anderen Spielern geradezu unmenschlich und so vermuteten sie, dass der bulgarische FM sich möglicherweise unerlaubter Hilfsmittel bediente, nämlich eines Schachprogramms, dessen Zugvorschläge ihm mit Hilfe eines elektronischen Übertragungssystems irgendwie übermittelt wurden.
Für diese Hypothes gab es einige signifikante Anhaltspunkte. Zu diesen gehörte beispielsweise, dass Ivanov fast ausnahmslos mit seinen Zügen den Zugvorschlägen des Programms Houdini 3 folgte. Bei seinen Partien wirkte Ivanov zudem merkwürdig unbeteiligt - als ob er gar nicht selber über seine Züge nachdenken würde.
Bald wurde in der Schachszene über diese Vorgänge geredet und Mutmaßungen darüber angestellt, wie er seinen zwar nur vermuteten, aber doch offensichtlichen, Betrug wohl bewerkstelligte. Zur allgemeinen Verblüffung war Ivanov nicht darauf angewiesen, dass seine Partien im Internet übertragen wurden und spielte sogar auf Schnellschachturnieren mit der neu erworbenen unmenschlichen Präzision. Niemand war ständig in seiner Nähe zu sehen, der vielleicht Blickkontakt suchte und auf merkwürdig unnatürliche Art gestikulierte. Ivanov verschwand noch nicht einmal über Gebühr häufig auf dem unbeobachteten Örtchen.
Borislav Ivanov simuliert Nachdenken
Bis sich das Problem auch im bulgarischen Verband und bei den Turnierorganisatoren herum gesprochen hatte, dauerte es aber noch eine Weile und so konnte Borislav Ivanov noch ungestört eine Reihe von Partien gegen nominell weitaus stärkere Gegner gewinnen. Im April 2013 gewann er auf solche Weise gegen den einstmals besten bulgarischen Spieler, GM Kiril Georgiev, und wurde geteilter Erster beim Open in Kyustendil. Daraufhin unterzeichneten zwanzig bulgarische IMs und GMs eine Petition, in der sie bekannt gaben, nicht mehr in einem Turnier mit Ivanov spielen zu wollen, außer es gäbe einen hinreichenden Schutz gegen Computerbetrug.
Schließlich wurde der bulgarische Verband tätig und sperrte Borislav Ivanov für vier Monate, allerdings nicht wegen Computerbetrugs, sondern wegen ungebührlichen Benehmens gegenüber anderen Spielern. Gegen die Sperre ging Ivanov juristisch vor und erhielt dabei Unterstützung, unter anderem von der Regierung seiner Heimatstadt Blagoevgrad. Ein Verwaltungsgericht entschied, dass die Sperre des Verbandes rechtswidrig war. Sie musste aufgehoben werden.
Im Juni 2013 lud der bulgarische Verband Ivanov zu einem Test ein - bei dieser Anhörung sollte sogar ein Lügendetektor zur Anwendung kommen -, um Ivanov Gelegenheit zu geben, die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. Doch Ivanov machte keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit und erschien nicht. In einem Schreiben an den Verband erklärte er, zum angegebenen Termin wegen seiner Teilnahme an einem Turnier in Varna nicht nach Sofia kommen zu können und dass er wegen seines engen Terminplans sowieso wenig Zeit für einen Besuch hätte.
Bei einem Turnier in Blagoevgrad im Oktober 2013 wurde Ivanov von anderen Spielern verdächtigt, ein unerlaubtes elektronisches Hilfsmittel in seinem Schuh versteckt zu haben. Spielern war aufgefallen, dass Ivanov sehr merkwürdig lief und während der Partie ständig mit seinem Fuß arbeitete. Auf Initiative von Maxim Dlugy bat die Turnierleitung Ivanov, seine Schuhe auszuziehen, damit sie dem Verdacht nachgehen könne. Doch der Bulgare verweigerte dies und wurde disqualifiziert.
Anfang Oktober erklärte Ivanov dann seinen Rücktritt vom Turnierschach, um dann aber Anfang Dezember bei einem Schachschachturnier in Navalmoral de la Mata, Spanien, wieder aufzutauchen. Hier passierte das Gleiche wie zuvor: der Bulgare gewann mit Leichtigkeit gegen starke Großmeister. Als sich Protest regte, war er sogar bereit, seine Schuhe untersuchen zu lassen, nicht jedoch seine Oberkleidung abzulegen, als der Turnierleitung auffiel, dass auf Brusthöhe die Kleidung eine merkwürdige Beule bildete. Ivanov, der in den ersten fünf Runden 4,5 Punkte geholt hatte, zog sich nun "freiwillig" aus dem Turnier zurück. Die spanischen Organisatoren haben dazu eine Erklärung verfasst (s.u.).
In Kürze wird Ivanov sicher wieder irgendwo bei einem Turnier auftauchen. Wo hat er dann seinen kleinen Empfänger versteckt? Das Bedrückende an dieser Geschichte ist eigentlich nicht, dass jemand offensichtlich beim Schach betrügt - das ist ja schon mehrfach versucht worden und nicht immer erfolglos -, sondern dass die Schachverbände und Turnierorganisatoren auch nach Monaten nicht in der Lage sind, dem hinlänglich bekannten Versuch einen Riegel vorzuschieben, sich durch geeignete Maßnahmen auch juristisch abzusichern, um endlich die ehrlichen Spieler, und das ist die große Mehrheit, vor diesem - wie viele vermuten: Gauner - zu schützen. Auch bei diesem Turnier hat Ivanov wieder einige Spieler um ein mögliches Preisgeld gebracht.
Partien von Ivanov in Navalmoral de la Mata
Endstand nach 7 Runden
... 92 Spieler
Partienauswahl
Erklärung des Veranstalters
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CLUB MORALO DE AJEDREZ
C/ Calvo Sotelo, 53
10300 Navalmoral de la Mata (Cáceres)
E-mail torneo: naint@hotmail.com
E-mail club: clubmoralodeajedrez@gmail.com |
A statement issued by the organizers provides more specific information surrounding the forfeit and disqualification of FM Borislav Ivanov from this year's Navalmoral de la Mata Open tournament. Some of the details that appeared previously on the Internet and our report were, it appears, not fully accurate. We bring you a summary of the press release – the full report, in Spanish, can be retrieved in a PDF file here.
The original list of participants, published before the start of the tournament, included Borislav Ivanov. No protest was received by the organisers until the first day of the event, when some of the grandmasters expressed displeasure at the fact that Ivanov was playing, but did not file a written protest.
Due to the suspicion that was expressed during the first three rounds the organisers decided to examine Ivanov's shoes at the end of round four. Ivanov agreed, and the organisers found nothing unusual in the shoes, even when they were examined with a metal detector. When the examination of the shoes was concluded Ivanov started to take off his pants, asking the organisers whether he should continue stripping. Since the complaints had focussed on the shoes the organisers decided not to go any further.
During the fifth round one of the participants, Andrés Holgado Maestre noticed that Ivanov, who was playing with a coat and scarf (although the heating was working perfectly) has a suspicious lump on his back. Other participants noticed this as well and reported it to the chief arbiter, who did not want to interrupt the game to investigate. After it was over Holgado grabbed the lump through the clothes and asked Ivanov what he was hiding. He asked other participants to help him get to the bottom of it, but nobody did. When he let go Ivanov immediately exited the playing hall. Holgado said he had felt an elongated device, much like an MP3 player.
In the next round GM Namig Guliyev filed a verbal request with the arbiter and tournament director to conduct a new examination. Ivanov agreed to the search but was visibly agitated and said that he would not strip. Guliyev emptied his own pockets and took off his pullover, while Ivanov only agreed to take off his coat and scarf. He was then frisked by Juan Antonio Sánchez Bermejo, a retired policemen with experience in such matters. He started with the head, neck and shoulders, when he got to his chest area but Ivanov pulled back. Before he could do so Bermejo felt something suspicious near his left armpit, but couldn't say what it was. One of Ivanov's shirt buttons had become unfastened when he drew back and Bermejo could see a tape across his chest. When asked what was under his shirt Ivanov said it was nothing and refused to allow the search to continue. He was warned that he would be disqualified from the tournament. As it turned out that was not necessary as Ivanov said that he would voluntarily leave the event, requesting that his entry fee be returned as he did not have enough money to return home. Bermejo gave Ivanov €50 out of his own pocket, as an act of kindness and explicitly not as compensation of any kind.
The tournament organisers stress that they had at all times stayed within Spanish law as all searches were conducted after receiving the expressed permission of Ivanov.
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