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Podium von links nach rechts: Kirsten Siebarth, Bernd Mallmann, Jörg Schulz,
Herbert Bastian, Monika Küsel-Pelz
Es begann mit einem sehr schönen zufälligen Zusammentreffen zweier Ereignisse, das die Bandbreite der Verbandsarbeit zeigte. Der DSB-Präsident Herbert Bastian reiste zur Podiumsdiskussion, mit der traditionell der Schulschachkongress beginnt, mit der begeisternden Botschaft an, dass Deutschland gerade Mannschaftseuropameister geworden war, und zugleich traf er auf über 120 Personen, die sich mit viel Engagement in den Schulen tagtäglich darum bemühen, Schach zu verbreiten, Kinder und Jugendliche für Schach zu begeistern, Schach im Schulalltag zu platzieren.
Der DSB-Präsident hatte aber auch für die Arbeit der Kongressteilnehmer positive Signale nach Ettlingen mitgebracht. Die Podiumsdiskussion drehte sich um die Frage, ob sich der Deutsche Schachbund und die Deutsche Schachjugend verstärkt dafür einsetzen sollen, dass Schach ein Schulfach wird. Beispiele dafür gibt es, verstreut über ganz Deutschland, unterdessen viele. Wenn es an Schulen dazu gekommen ist, dass Schach als reguläres Schulfach mit und ohne Noten angeboten wird, dann ist dies aber auf Eigeninitiativen von einzelnen Schulen, Direktoren oder Lehrern zurückzuführen, wie dies die beiden Diskussionsteilnehmer Monika Küsel-Pelz – Direktorin der Grundschule Genslerstraße in Hamburg – und Bernd Mallmann – Schulschachreferent in Rheinland-Pfalz und Lehrer an einer Gesamtschule in Trier – aufzeigten. In Hamburg belegt jeder Grundschüler das Schulfach Schach. In Trier kann Schach als benotetes Wahlpflichtfach gewählt werden, nachdem das Kultusministerium in Rheinland-Pfalz den Lehrerplan für Schach an Gesamtschulen offiziell genehmigt hat.
Wie in Hamburg wird auch an mehreren anderen Grundschulen Schach als Schulfach gelehrt. Und so verwundert es nicht, dass Monika Küsel-Pelz stellvertretend für diese Schulen den Wunsch an DSB und DSJ vorbrachte, dass sie sich flächendeckend für Schach als Schulfach einsetzen sollten. Und natürlich schloss sich Bernd Mallmann diesem Wunsch an.
Klar gemacht wurden von den Lehrern in der Podiumsdiskussion, dass sie dabei der Gedanke an eine Mitgliedersteigerung beim Verband nicht antreibt sondern ihr Bildungsauftrag gegenüber den Schülern, bei dessen Umsetzung Schach eine wichtige Hilfestellung bieten kann. Die für Schach gewonnenen Schüler in die Vereine zu bekommen, diese Aufgabe müssen Verband und Vereine schon selber lösen, zum Beispiel durch eine stärkere Vernetzung, wie es Herbert Bastian vorschwebt.
Kirsten Siebarth – Schulschachreferentin der DSJ und Vorsitzende
des AK Schulschach - und Herbert Bastian nahmen den Auftrag gerne an, sind sich
aber dessen bewusst, dass es sich um ein langfristiges Ziel handelt, denn wenn
Schach als Schulfach eingeführt werden soll, dann müssen zum Beispiel zuvor die
Fragen nach der flächendeckenden Schachausbildung der Lehrkräfte beantwortet
werden. Das Schulschachpatent I und II mit seinen über 2.500 vergebenen Patenten
kann da nur ein Mosaikstein wenn auch ein großer sein. Man müsste eigentlich in
die universitäre Pädagogenausbildung eindringen.
Kirsten Siebarth
Walter Rädler
Wenn man Schach als Schulfach einführen möchte, kommt man auch um die Beantwortung der Frage nach einer Benotung nicht umhin. Und in der Frage unterschieden sich die Meinungen auf der Podiumsbühne doch recht deutlich von einander.
Herbert Bastian und auch der Präsident des Badischen Schachverbandes Fritz Meier stärkten den Kongressteilnehmern den Rücken, in dem sie sich hinter deren Arbeit stellten und die Bedeutung für das organisierte Schach herausstrichen. Herbert Bastian brachte sogar die Idee einer eigenständigen Säule Schulschach neben Leistungsschach und Breitenschach ins Gespräch.
Der Präsident des Badischen Schachverbandes Fritz Meyer
Die Unterstützung der Schulschacharbeit unterstrichen der Badische Verband und die Badische Schachjugend sehr deutlich dadurch, dass sie sich intensiv bei der Deutschen Schulschachstiftung und der DSJ um die Ausrichtung des Kongresses beworben hatten, um mit dem Kongress im eigenen Land dem Schulschach einen neuen Schub zu geben.
Dass sie dabei auch in der Politik auf offene Ohren stoßen werden, machte der Staatssekretär des Kultusministeriums von Baden-Württemberg Frank Mentrup deutlich, der sich für eine verstärkte Integration von Schach in den Schulalltag aussprach und zugleich versprach, sich verschiedene Schulschach- und Kindergartenprojekte persönlich anzuschauen.
Staatssekretär im Kultusministerium von BW, Dr. Frank Mentrup
Ein Ziel der Schachverbände in Baden und Württemberg muss es jetzt zum Beispiel sein, Schach in die Lehrerfortbildungsinstitute in Baden-Württemberg zu bekommen.
Dies oder auch die Umsetzung der Schachstudie Trier in den Ländern zeigt deutlich, was Herbert Bastian mehrmals betonte, zu Erfolgen kommen wir alle nur, wenn die verschiedenen Ebenen zusammenarbeiten. Der AK Schulschach und die Deutsche Schachjugend können die Vorlagen für die Länderebenen geben und tun dies reichlich, die Vorlagen verwerten müssen im föderalen Bildungssystem aber die Länder selbst!
Auf dem eigentlichen Kongress konnten die Teilnehmer aus 21 Workshops ihren ganz persönlichen Ausbildungsplan erstellen und zudem konnten sie verschiedene Unterrichtsmaterialien anschauen und ausprobieren auf dem Markt der Möglichkeiten, auf dem viele Schulen ihre Schulschacharbeit präsentierten.
Das Angebot in den Workshops umfasste die Vorstellung von Unterrichtsmaterialien, die Präsentation von Lehrmethoden, die Präsentation von ausgewählten Schachschulen in Deutschland, Fragen der Organisation von Schulschach bis hin zu Kindergartenprojekten und der Thematik Schule/Verein. Die Auswahl war vielfältig und bot allen die gewünschten Themen.
Pascal Simon stellt das beliebte Fritz&Fertig-Programm vor
Walter Rädler, Vorsitzender der Deutschen Schulschachstiftung
Christian
Goldschmidt stellt seine Brakeler Lehrgänge vor
Die Trainerlegende Heinz Rätsch leitete zwei Workshops
Manfred Grömping klassisch an der Schultafel stellt seine Schachschule
Grundschule Raesfeld vor und die dort entwickelten Unterrichtsmaterialien
Schachvarianten im Unterricht hieß der Workshop von Walter Rädler
Verkaufsstand Kirsten Siebarth und Simon Martin Claus.
Der Referent vor den vielen Teilnehmern ist Patrick Wiebe der den Methodenkoffer
zum Thema hat.
Es wird direkt am Brett gearbeitet
Und wer neue Ideen erhalten hatte und die dazu gehörenden
Materialien gleich mit nach Hause nehmen wollte, der konnte am Stand der
Schulschachstiftung den Einkauf direkt vornehmen. Und das taten die
Kongressteilnehmer reichlich.
So fand zum Beispiel der Methodenkoffer der Deutschen Schachjugend viele neue Benutzer. Denn mit ihm und den darin enthalten 30 Methoden lässt sich ein abwechslungsreicher und kindgerechter Schachunterricht problemlos anbieten.
Der Methodenkoffer, der nun schon in zweiter Auflage angeboten wird, fand in Garry Kasparow, dem ehemaligen Weltmeister, einen neuen prominenten Fan. Am Freitagvormittag vor Kongressbeginn traf sich eine Abordnung von DSB und DSJ (Prof. Robert von Weizsäcker, Kirsten Siebarth, Walter Rädler) in München mit Garry Kasparow. Arrangiert und organisiert hatte dies der bekannte Schachjournalist Stefan Löffler, der derzeit sehr stark im Schulschach in Wien engagiert ist.
Garry Kasparow hat zusammen mit der Europäischen Schachunion eine
europaweite Initiative zur Förderung des Schulschachs gestartet. Wie sich in
München herausstellte, liegen er und unsere Vertreter mit ihrer Vorstellung von
Schulschach sehr nahe, denn beide sehen im Schulschach eine eigenständige
Bedeutung und kein verkapptes Vereinsschach, wie dies in vielen osteuropäischen
Ländern der Fall ist.
Als Kirsten Siebarth ihm dann den Methodenkoffer zeigte, war er sehr beeindruckt und ließ sich im Detail die einzelnen Lehrmethoden vorstellen. Er bat zugleich um Zusendung des Methodenkoffers, um ihn in seine Kampagne für das Schulschach einzubinden, so wie schon die Trierer Schulschachuntersuchung Eingang in seine Präsentation gefunden hat.
Abgerundet wurde der Kongress am Samstagabend durch eine stimmungsvolle Schachpädagogische Nacht mit einem herausragenden Buffet und einem regionalen Kulturprogramm.
Stellwand der Schachschule GS Raesfeld.
Schlange am Superbuffet, die Schachpädagogische Nacht kann beginnen.
Zum Abendessen spielte die Jazz-Combo des Max-Planck-Gymnasiums Karlsruhe und am späteren Abend unterhielt Werner Puschner, Lehrer an der Bertha-von-Suttner-Schule, die Gäste mit feinsinnigen, humorvollen, selbstverfassten Texten. Begleitet wurde er von seiner Tochter mit klassischer Musik am Flügel.
Organisiert wurde die Schachpädagogische Nacht wie der gesamte Schulschachkongress vom Schachklub Ettlingen mit Thomas Weber an der Spitze.
Thomas Weber, Vorsitzender des SK Ettlingen, der mit seinem großen Helferteam
eine perfekte Organisation hinlegte.
Um ihn herum sorgten sich gut 20 Vereinsmitglieder, Mütter und Väter der
Vereinsjugend um die Kongressteilnehmer. Sie sorgten für die Verpflegung und
einen reibungslosen Ablauf. Von wegen es gibt kein ehrenamtliches Engagement
mehr. Der SK Ettlingen beweis eindrucksvoll, dass es dies sehr wohl noch gibt.
Vielen herzlichen Dank dafür!
Ein weiterer Dank geht an den Badischen Schachverband, die Badische Schachjugend und ChessBase für die Unterstützung des Schulschachkongresses in Ettlingen.
Der nächste Schulschachkongress, dies am Ende des Berichtes noch mitgeteilt, findet in Dortmund / Nordrhein-Westfalen vom 09.-11.11.2012 statt.
(Jörg Schulz für den AK Schulschach)
Fotos:
Christoph
Siebarth, Walter Rädler, Pascal Simon