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Die Entscheidung der FIDE, die kommende Schachweltmeisterschaft, die als Turnier im K.o.-Modus gespielt wird, an den Iran zu vergeben, schlug in den sozialen Netzwerken und in den Medien hohe Wellen und sorgte für viele emotionale Reaktionen. Der Grund dafür ist die durch den Islam begründete Vorschrift für Frauen im Land, gleich ob sie Muslimas sind oder nicht, ein Kopftuch zu tragen. Zudem ist es unverheirateten Frauen verboten, sich alleine im gleichen Raum mit einem Mann aufzuhalten. Die US-Meisterin Nazi Paikidze erklärte auf der Plattform Twitter als Erste öffentlich ihren Verzicht und wurde von zahlreichen Medien der Massenpresse zitiert, portraitiert und interviewt. Paikidze begründete ihren Boykott auch politisch: Das US-Außenministerium warnt US-Bürger vor Reisen in den Iran.
Frauen Grand Prix in Teheran
An der FIDE prallte die öffentliche Reaktion ohne Wirkung ab. Man verwies darauf, dass bei allen Turnieren die Gesetze und Regeln des Gastlandes zu achten seien.
Der Deutsche Schachbund ist auf zweifache Weise betroffen. Zum Einen gehört Herbert Bastian als Vizepräsident dem Präsidium an und hat damit die Entscheidung des Präsidium mitzuverantworten. Zum Anderen nimmt mit Elisabeth Pähtz eine deutsche Spielerin an der Weltmeisterschaft in Teheran teil. In deutschen Medien wurde der Deutsche Schachbund deshalb angegriffen, verbunden mit dem Vorwurf, er ließe seiner Spielerinnen im Stich.
Herbert Bastian
Auf Anfrage gab DSB-Präsident Herbert Bastian eine offizielle Stellungnahme für den Deutschen Schachbund ab:
Das Präsidium des Deutschen Schachbundes hat sich nach Aufkommen des Themas am 30.9. beraten und folgende Stellungnahme dazu verfasst: Das Präsidium des Deutschen Schachbundes nimmt die Entscheidung über die Ausrichtung der Frauen-WM und die Bedingungen des Ausrichters zur Kenntnis. Es ist letztlich eine persönliche Entscheidung jeder Teilnehmerin, ob sie sich diesen Regelungen unterwirft. Hier kann und will das Präsidium seine Spitzenspielerinnen nicht bevormunden.
Weiterhin ist festzuhalten, dass jedwede Form von Verhaltensvorschriften immer in die Persönlichkeitsrechte eingreift. Wer sich durch die Einhaltung diskriminiert fühlt, dem steht es frei, teilzunehmen - oder eben nicht. Der Schachsport will den Dialog der Kulturen fördern. Deshalb müssen Veranstaltungen auch in Ländern stattfinden können, die für die westliche Welt mitunter fremde kulturelle Gewohnheiten vertreten. Nachdem es auf dem FIDE-Kongress in Baku zu keinerlei Protesten kam, gehen wir davon aus, dass die Thematik in der Frauenkommission der FIDE zur Sprache kam und die Wünsche der Spitzenspielerinnen dabei Berücksichtigung gefunden haben.
Elisabeth Pähtz als einzige in Frage kommende deutsche Teilnehmerin hat bereits schriftlich erklärt, dass sie die Kopftuchpflicht nicht als Grund für eine Nichtteilnahme ansieht. Als problematisch schätzt sie aber ein, dass sich kein männlicher Trainer mit einer Spielerin auf ihr Zimmer begeben kann, wenn sie nicht mit ihm verheiratet ist.
Eigentlich hätte die Weltmeisterschaft schon in diesem Oktober stattfinden sollen. Nachdem aber Weltmeisterin Yifan Hou, aus Unzufriedenheit über den Modus, ihren Rückzug aus dem laufenden Grand Prix Zyklus und ihre Nichteilnahme an der K.o.-Weltmeisterschaft erklärt hatte, fand sich offenbar kein Ausrichter. Während der Präsidiumssitzung am Rande der Schacholympiade in Baku sprang offenbar spontan der Iranische Schachverband als Ausrichter ein.
Zur Frage, inwieweit er als Vizepräsident der FIDe involviert war, erklärte Herbert Bastian:
Als die Entscheidung in Baku getroffen wurde, war ich nicht im Saal anwesend. In den Unterlagen gab es keinen Hinweis auf den Iran als möglichen Ausrichter. Wie ich inzwischen erfahren habe, soll das (während meiner kurzzeitigen Abwesenheit) spontan entschieden worden sein. Die FIDE hatte die Ausrichtung wegen des Fehlens eines Ausrichters bereits auf 2017 verschoben. Wie mir mitgeteilt wurde, hat sich ein Vertreter des Iran in der Versammlung gemeldet und angeboten, die Ausrichtung zu übernehmen. Dies wurde ohne Widerspruch akzeptiert.
Der DSB-Präsident gab zudem eine Erklärung vom FIDE-Präsidiumsmitglied Nigel Freeman in dieser Angelegenheit zur Kenntnis, die dieser als Antwort auf eine Anfrage des DSB geschickt hatte:
Nigel Freeman
During the FIDE General Assembly in Baku 2016 the chess Federation of Iran was awarded the organization of the Women’s World Chess Championship in Tehran in February 2017. Iran was the only country which made a proposal to host the event and since there were no objections from any of the delegates (representatives of 159 national federations), the General Assembly accepted the proposal.
Iran has also hosted a number of top international chess events in the recent past such as:
The Asian Women's Championship 2007 in Tehran (see link with final standings here http://chess-results.com/tnr7855.aspx?lan=1&art=1&flag= )
The Asian Women's Championship 2011 in Mashdad (see link with final standings here http://chess-results.com/tnr49119.aspx?lan=1&art=1&rd= )
In February 2016 the Iranian Chess Federation successfully organized the FIDE Women Grand Prix event in Tehran. You can check more information about the event at tehran2016.fide.com . All the above events, and many more smaller ones, have been organised at a very top level by the very experienced National Chess Federation of Iran.
There were no complaints from the players or officials and everybody respected the laws of the country, including the dress requirements.
At this point in time, there have been no official complaints to FIDE, from any player who is eligible to participate in the Women’s World Championship 2017.
It is not a FIDE regulation or requirement to wear a hijab during the event. I would kindly refer you to local laws or regulations such as wearing the hijab, if you kindly check the UK foreign office website for more information you will find there “You should respect local traditions, customs, laws and religions at all times and be aware of your actions to ensure that they do not offend":
https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/iran/local-laws-and-customs
FIDE is nevertheless reviewing all possible solutions for the players’ comfort and will discuss all the issues with the organizers in Iran during meetings in the next few weeks.
Zu den Stellungnahmen sei ein Kommentar erlaubt.
Richtig ist, dass der Iranische Schachbund in der Vergangenheit eine Reihe von Frauenturnieren durchgeführt hat und sich dabei als guter Gastgeber erwies. In ihren Erklärungen verlangen der Deutsche Schachbund und die FIDE von den Teilnehmerinnen der Weltmeisterschaft Toleranz gegenüber den - für die überwiegende Zahl der Spielerinnen fremden - Sitten und Gebräuchen des Gastgeberlandes. Vom Gastgeber wird aber offenbar keinerlei Toleranz gegenüber den kulturellen Gewohnheiten seiner Gäste erwartet. Spielerinnen, die sich auf sportlichem Weg in ihrem Sportverband für einen Wettbewerb qualifiziert haben, dürfen erwarten, dass sie dort unter für sie akzeptablen Bedingungen teilnehmen können. Wenn ein Ausrichter dies nicht gewährleisten kann, sollte er auf die Ausrichtung von internationalen Sportveranstaltungen besser verzichten.
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