Fritz 19: Such dir deinen Sparringspartner aus! - eine Rezension

von Stefan Liebig
14.11.2023 – Fritz 19 kommt mit sechs Sparringspartnern, die alle einen ganz anderen Spielertyp repräsentieren. Da gibt es den aggressiven Angreifer (Stier), den Schwindler (Fuchs) oder den Endspielcrack (Schildkröte) und einige mehr. Und wer schön trainiert, wird belohnt. Stefan Liebig hat sich den brandneuen Fritz angesehen.

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Such dir deinen Sparringspartner aus!

Bobby Fischer gilt als Pragmatiker, Wilhelm Steinitz als Theoretiker, Michail Tal ein Hyperaktivspieler – viel ist in den letzten Jahren über unterschiedliche Spielertypen geschrieben worden (z.B. https://de.chessbase.com/post/spielertypen-ein-interview-mit-karsten-mueller). Viel auch darüber, wie man diesen speziellen Spielweisen optimal gegenübertritt. Das hört sich in der Theorie überzeugend an, stellt sich in der Praxis aber als gar nicht so einfach heraus. „Wie wäre es also, wenn wir unserem Fritz beibringen, in die verschiedenen Rollen zu schlüpfen“, das (oder zumindest etwas Ähnliches) haben wohl die Macher von Fritz 19 vor einiger Zeit gesagt. Herausgekommen ist die neueste Version von Fritz, die also aggressiv, positionell oder vorsichtig spielt – wie es der Nutzer gerade möchte. Bei Fritz 19 heißen die sechs unterschiedlichen Charaktere „Allrounder“, „Angreifer“, „Schwindler“, „Positionsspieler“, „Ängstlich“ und „Endspielcrack“. Drollige Tier-Icons warten darauf vom Einsteiger, Freizeitspieler, Vereinsspieler, starken Vereinsspieler, Meisterkandidat oder Großmeister herausgefordert zu werden.

Der gewünschte Gegner steht immer bereit

Betrachten wir die Spielerrollen, in die Fritz schlüpft, etwas genauer:

Allrounder (Hund):

Wer den vor zwei Jahren erschienenen Vorgänger Fritz 18 unter dem Titel „Geführt-Berührt“ kennt, der kennt auch den Allrounder – fast zumindest. Denn selbstverständlich wurde der in der Zwischenzeit weiterentwickelt, spielt daher natürlichere Züge und – wie die anderen Spielertypen – greift auch der Allrounder jetzt auf neuronale Netze zu.

Angreifer (Stier):

Neu bei Fritz 18 war vor allem das Feature, seine eigenen unsterblichen Angriffspartien – mit technischer Unterstützung – zu erschaffen. Spielt man bei Fritz 19 gegen den Angreifer, ist es ratsam, sich auf Verteidigung umzustellen. Das macht kaum jemand gerne, aber sollte es im „echten Leben“ notwendig sein, ist es gut, dies so intensiv trainiert zu haben.

Beim Stier ist Vorsicht geboten …

Schwindler (Fuchs):

Dieser ausgefuchste Gegner spielt verrückte Gambits und opfert auf Teufel komm raus. Ob er mehr oder weniger Material hat, ist ihm egal. Er will seine Gegner einfach nur austricksen – je fieser, desto besser …

Positionsspieler (Eule):

Dem wiederum fehlt jedes Verständnis für den Fuchs. Denn er will einfach nur eine gepflegte Partie spielen, in der alle Figuren da stehen, wo sie hingehören, um optimal zu harmonieren. Mit einem Remis – natürlich nur nach einer hochklassigen Partie – geht er d´accord.

Ängstlich (Maus):

Die Maus fühlt sich da am wohlsten, wo sie anfangs steht. Am liebsten ist es ihr, wenn sie in Ruhe gelassen wird. Doch selbstverständlich ist genau das die Herausforderung: Denn besser ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken

Endspielcrack (Schildkröte):

Laaangsaaam heißt es bei der Schildkröte. Wer sie ins Endspiel kommen lässt, der sieht sich einem wahren Meister gegenüber: ein herausfordernder Trainingsgegner, gegen den man besser im Materialvorteil ist.

Kaum hat man sich bei diesen beiden Auswahlkategorien festgelegt und dann die gewünschte Farbe ausgewählt, kann es auch schon losgehen. Neben den bewährten Analyse- und Hilfestellungfeatures fallen Fritz-Fans sofort zwei neue Menüpunkte auf: „Trophäen“ und „Sammelkarten“. Bei Fritz 19 kann man nämlich 136 Trophäen gewinnen. Sie stehen jeweils für besondere Kenntnisse wie „Läuferpaar“, „Turm hängen lassen“ oder „Gegnerischer König steht unsicher“. Nach ein- bis zehnmaliger erfolgreicher Konfrontation mit der jeweiligen Thematik erhält man erst die Bronze-, dann die Silber- und schließlich die Goldtrophäe. Im eigenen ChessBase-Konto kann man sich dann einen schnellen Überblick über den Stand der erworbenen oder wiederholten Kenntnisse verschaffen. Noch besser wird es für alle Sammelkartenfans: Passend zu den Trophäen werden auch noch digitale Sammelkarten vergeben, die auf dem ChessBase-Konto gesammelt und auch mit anderen Mitgliedern getauscht werden können. Motive sind Historische Spieler, Schachbriefmarken, Logos, Flaggen u.v.m. Für je zehn Trophäen gibt es eine Sammelkarte. Auf einem Markt können (in naher Zukunft) auch noch Karten gegen Dukaten getauscht werden. Außerdem gibt es Ranglisten, um sich mit anderen Nutzern vergleichen zu können.


 

Die Fritz-Macher setzen damit auf das Belohnungsprinzip, was bekanntermaßen für Motivation sorgt. Und ja: Wenn quasi nach jedem nicht ganz abwegigen Zug ein Lob in Form eines kleinen Sammelbildchens aufblitzt und einem verkündet, wie weit (oder nicht weit) es noch bis zur nächsten Sammelkarte ist, spricht das das Suchtzentrum durchaus spürbar an.

Wer sich aber lieber auf konkrete Varianten stürzen möchte, der kann in Fritz 19 sein Eröffnungsrepertoire (auch in Kombination mit ChessBase) von den unterschiedlichen Spielertypen auf seine Praxistauglichkeit prüfen lassen und weiter verfeinern. Bestehende Datenbanken lassen sich laden und integrieren. Per Drill-Funktion können die Eröffnungen gezielt perfektioniert werden.

Fritz 19, seines Zeichens übrigens ICGA-Computersoftwareweltmeister 2023, ermittelt und aktualisiert stets die bislang erkämpfte Spielstärke des Nutzers. Ein Feature, das das üblicherweise immer zum Zahlenvergleichen bereite „Schachspielersuchtzentrum“ wohl ebenfalls aktivieren dürfte. Während diese Aspekte aber eher Randerscheinungen sind, dürfte es doch weit interessanter sein, wie zielgenau die Neugier angesprochen wird: Wie reagieren wohl die verschiedenen Spielertypen in jeweils unterschiedlicher Spielstärke auf die eigene Spielweise und insbesondere auf das mühsam erarbeitete individuelle Eröffnungsrepertoire. Zwar überrascht es manchmal, wenn man erst kleinkombiniert wird und dann Figuren einfach nicht vom digitalen Gegner geschlagen werden, doch mit den Spielertypen hat Fritz 19 ein höchst aktuelles Thema aufgegriffen und nicht nur fantasievoll, sondern auch deutlich nutzerfreundlicher als bei der Vorgängerversion umgesetzt.

Abschließend sei noch auf einige technische Neuerungen bei Fritz 19 hingewiesen:

Die Faltung der Notation noch nutzerfreundlicher und übersichtlicher. Zudem wurden die in der Vorgängerversion eingefügten Schachgebotsanimationen noch durch das Hinlegen des Königs nach der Mattsetzung ergänzt und es gibt ein neues, in einem edlen Raum positioniertes 3D-Brett, auf dem man spielen kann.

Fritz 19 im Shop kaufen...

Daten zu Fritz 19:

ISBN: 978-3-86681-911-5
System: Windows 7 oder neuer
Lieferung: Download/DVD
Preis: UVP 89,90 Euro

(inklusive 6 Monate Premiumaccount für mobiles Training mit den 10 ChessBase-WebApps.


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat in das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.