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Interview mit Kirsan Ilyumzhinov
Von Misha Savinov
Am 15. Oktober war der Flughafen wegen Lizenzproblemen noch immer offiziell geschlossen, was einigen Journalisten, die bei dem Wettkampf vor Ort anwesend waren, Sorgen bereitete, vor allem denen, die auf eigene Faust angereist waren und Rückflugtickets besaßen. Um dieses Problem zu lösen, wurde ein Flugzeug gechartert, das alle einsammelte. So stießen der Weltmeister und sein Team sowie auch der FIDE-Präsident auf dem Weg zurück nach Moskau zur Journalistenmenge. Während Vladimir Kramnik in einem durch Vorhänge abgeteilten privaten Bereich seine Ruhe genoss, suchte Kirsan Ilyumzhinov den Kontakt zur Presse – eine gute Gelegenheit, ein paar Fragen über die Lage nach dem Wettkampf zu stellen.
Kirsan Nikolayevich, hat die Wiedervereinigung stattgefunden?
Die Schachkrone ist nach Hause zurückgekehrt. Genau genommen hat sie die FIDE nie verlassen, aber dennoch war die Schachwelt gespalten, seit Kasparov vor 13 Jahren ausgeschert ist und das ist jetzt vorbei. Die Krone steht im Regal in unserem Safe, gut verschlossen, und wir werden sie niemandem je aushändigen. Sie ist Eigentum der FIDE, öffentliches Eigentum.
Also betrachten Sie diesen Wettkampf als Abschlussstufe der Prager Vereinbarungen?
Ja, die Prager Vereinbarungen sind erfüllt. Zugleich haben wir die Vorgaben der Generalversammlung des IOC vom Juli 1999 erfüllt, die dargelegt hat, dass Schach Sport ist, und dass die FIDE die einzige internationale Förderation ist, die für Schach verantwortlich ist, die Schachmeisterschaften organisiert und den Weltmeistertitel vergibt.
Am Tag nach dem Ende des Wettkampfs hatten Sie ein langes Treffen mit Kramnik. Können Sie verraten, worüber Sie sich unterhalten haben?
Wir haben über viele Dinge geredet. Zum Beispiel über seinen Wettkampf gegen den Computer. Sehr wahrscheinlich werde ich bei der Eröffnungsfeier am 24. November dabei sein. Als Weltmeister ist Vladimir auch Mitglied des Präsidiums, und er plant, diese Rolle aktiv auszufüllen. Das nächste Präsidiumstreffen findet im Dezember in Amsterdam statt und er wird alle Unterlagen erhalten – die technische Arbeit hat begonnen. Es ist noch zu früh, um über die Zukunft zu reden: Die Lage hat sich noch nicht geklärt und Volodya sollte sich erst in seiner neuen Stellung festigen. Jetzt steht eine internationale Organisation hinter ihm und man muss die eigenen Handlungen mit den Interessen des Schachs abwägen.
Kirsan Illyumzhinov
Kann man sagen, dass Kramnik eine aktive Rolle innerhalb der FIDE akzeptieren wird?
Natürlich. Er wird die Verbreitung und Promotion des Schachs unterstützen… Wir sind dabei, eine Gesellschaft zu gründen, Global Chess Corporation, die über ein Grundkapital von 10 Millionen US-Dollar verfügt, und wir werden diese Gesellschaft wahrscheinlich in Amsterdam eintragen lassen. Diese Gesellschaft soll mit unseren wichtigsten Partnern wie Credit Suisse, Intel, Microsoft, etc. zusammenarbeiten. Ein Entwicklungsplan für die nächsten zehn Jahre wird im Präsidium erörtert werden. Wir rechnen damit, in diesem Zeitraum etwa 100 Millionen US-Dollar an Investitionen zu erhalten. Dies ist ein großes Programm, das alle mit einbezieht.
Haben Sie mit Kramnik seine Ansprüche gegenüber der FIDE und die Möglichkeit juristische Schritt erörtert?
Ich sehe für beide Seiten keinen Grund, juristische Schritte zu ergreifen. Alle während des Wettkampfs getroffenen Entscheidungen sind juristisch einwandfrei, was durch die Anwaltsfirma bestätigt wird, die mit der FIDE in den mehr als zehn Jahren, seit ich Präsident geworden bin, zusammenarbeitet. Sie sind Anwälte des Internationalen Sportschiedsgerichts. Deshalb gewinnt FIDE vor Gericht immer – all unsere Entscheidungen basieren nicht auf emotionalen Behauptungen, sondern auf juristischen Dokumenten.
Sind Sie zufrieden, wie der Wettkampf gespielt und wie darüber in den Medien berichtet wurde?
Natürlich bin ich zufrieden, dass der Wettkampf eine Menge Aufmerksamkeit bekommen und jeder gemerkt hat, dass dies der Wiedervereinigungswettkampf ist. Jeder hat begriffen, dass der Wettkampf von der FIDE organisiert wurde, und dass die Krone zur FIDE zurückgekehrt ist. Die Leute fragen mich, wen ich unterstützt habe. Ich habe Schach unterstützt, und man kann sagen, dass der Wettkampf von der FIDE gewonnen wurde. Millionen von Spielern, die Teil der FIDE sind, haben die Krone zurückgeholt.
Wir haben uns die Zahl der Zugriffe auf der offiziellen Wettkampfseite angeschaut – mehr als 450 Millionen! Das ist großartig. Mehr als 200 große Zeitungen haben über den Wettkampf berichtet, die Lokalzeitungen gar nicht mitgerechnet …
Glauben Sie nicht, dass ein Wettkampf den attraktivsten Modus darstellt, um eine Weltmeisterschaft auszutragen? Von anderen Dingen einmal abgesehen ist es leichter, den Zweikampf zweier Gegner zu präsentieren und zu bewerben…
Und Schach ist ebenfalls Schwarz und Weiß, ein Kampf der Individuen. Brillante und spannende Kämpfe sorgen immer für Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit bringt Sponsoren.
Überlegen Sie, zu einem Wettkampfsystem zurückzukehren? Vielleicht wechseln Wettkämpfe mit Wettkampfturnieren ab?
Darüber müssen wir gut nachdenken. Im Augenblick kann ich diese Frage noch nicht beantworten. Die Entscheidung muss vom Exekutivkomitee im Präsidium gefällt und dann von der Generalversammlung genehmigt werden. Im Moment besteht kein Grund zur Eile.
Illescas und Motylev: Kramniks Sekundanten in Siegerlaune
Aber das Turnier in Mexiko findet definitiv statt?
Selbstverständlich! Das steht gar nicht zur Debatte. Und auch die Kandidatenwettkämpfe werden im April in Elista stattfinden. Alles läuft wie geplant.
Werden Sie auch den momentanen Status von Veselin Topalov besprechen, oder hat Veselin keine Chance, wieder in den Weltmeisterschaftszyklus einzugreifen?
Es ist wie es ist. Traurig, aber Sport ist Sport.
Sehen Sie angesichts der erfolgreichen Wiedervereinigung eine Chance, dass Kasparov wieder zum Schach zurückkehrt?
Meiner Meinung nach wird Garry nicht zurückkehren. Sein Alter wird ihm eine Rückkehr nicht gestatten, Schach hat sich zu weit fortentwickelt. Aber natürlich würden wir uns alle freuen, wenn er zurückkehrt. Tatsächlich würde ich mich freuen, wenn nicht nur Kasparov, sondern auch Fischer und Spassky zurückkehren würden. Wenn Sie das tun, stehe ich bereit, einen Superwettkampf der FIDE-Weltmeister zu organisieren. Übrigens eine gute Idee! Wir laden Vassily Vassilyevich Smyslov, Spassky, Fischer, Karpov, Kasparov, Khalifman, Kasimdzhanov, Topalov, Anand und Ponomariov ein… Das wird ein gutes Superturnier!
In Elista?
In Elista. Wahrscheinlich ein doppelrundiges Turnier mit einer Bedenkzeit von 25 Minuten. Ich frage mich, ob Fischer die Einladung annehmen wird, was glauben Sie? Wir werden den Sieger als superabsoluten Weltmeister präsentieren (lacht)!
Man könnte das offene kalmückische Meisterschaft nennen…
Meinen Sie damit, dass man den kalmückischen Meister von 1978 einlädt? Ich glaube, ich könnte 25-Minuten spielen…
Letzte Frage – wer ist Ihrer Meinung der wahrscheinlichste Nachfolger des amtierenden Weltmeisters?
Schach wird jünger und jünger und entwickelt sich sehr schnell, weshalb es sinnlos ist, auf jemanden zu wetten. Es gibt viele Talente – Carlsen, Mamedyarov, Radjabov… Asien entwickelt sich rasant. Gestern hatten wir eine Unterhaltung mit Herrn Ncumbe aus Sambia, afrikanischer Vizepräsident. Ich glaube, Afrika wird auch damit beginnen, die Entwicklung des Schachs voranzutreiben. Es gibt einen wirklichen Schachboom in Lateinamerika und in Mexiko. Wir machen Fortschritte!
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