Kandidatenturnier: Caruana führt - heute fällt die Entscheidung

von Klaus Besenthal
26.03.2018 – Beim Kandidatenturnier in Berlin ist die 13. und vorletzte Runde gespielt. Der (seit Samstag) neue Tabellenführer Sergey Karjakin lieferte dabei ein trockenes Schwarzremis gegen Wesley So ab - er setzt offenbar alle seine Hoffnungen auf die letzte Runde. Fabiano Caruana nutzte seine Chance: Der Amerikaner gewann in einem wilden Handgemenge gegen Levon Aronian und liegt nun wieder einen halben Punkt vor Karjakin. Ein sanftes Ruhekissen ist das aber nicht: mit Schwarz gegen Grischuk, könnte ein Remis zu wenig für Caruana sein. Zumal auch Shakhriyar Mamedyarov noch mitmischt: Der Aserbaidschaner gewann gegen Grischuk und liegt nun mit Karjakin nach Punkten gleichauf. Eine kleine theoretische Chance gibt es auch noch für den Ding Liren - falls diese Realität würde, dann wäre der Chinese der "lachende Vierte".

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Fotos: World Chess

Zusammenfassung mit GM Yannik Pelletier

Videoreport aus Berlin von Daniel King

Drei Spieler haben gute Chancen, das Kandidatenturnier zu gewinnen: Fabiano Caruana, Shakhriyar Mamedyarov und Sergey Karjakin. Alle drei haben, Stand heute, einen kleinen Vorteil: Caruana hat einen halben Punkt mehr als die beiden anderen, Karjakin hat in den direkten Vergleichen gegen Caruana gewonnen, Mamedyarov hat in den direkten Vergleichen gegen Karjakin gewonnen. Mamedyarov ist zusätzlich mit einem Nachteil geschlagen: Er hat die geringere Anzahl gewonnener Partie vorzuweisen (3 gegenüber 4 bei Caruana und Karjakin). Ding Liren hätte die Nase vorn, wenn er morgen gegen Karjakin gewänne, Caruana verlöre und Mamedyarov remisierte - in diesen Fall zählte das Resultat aus den direkten Vergleichen zu Gunsten des Chinesen. Prognosen erübrigen sich...

Tabelle nach 13 Runden

 

Paarungen der letzten Runde (Dienstag, 15 Uhr)

Grischuk - Caruana

Karjakin - Ding Liren

Kramnik - Mamedyarov

Aronian - So

So - Karjakin

Sergey Karjakins Spielführung war frühzeitig anzumerken, dass er mit einem Remis ganz zufrieden sein würde. So kam es dann auch schnell - Wesley So war vielleicht seinerseits froh, keine - wenn auch nur indirekte - Rolle bei der Entscheidung über den Sieger des Kandidatenturniers gespielt zu haben. Für Karjakin würde das Remis nicht reichen, falls Caruana seine beiden letzten Partien gewönne, das war vorher klar, doch dieses Risiko schien dem russischen Großmeister wohl geringer zu sein als ein unbedingtes Spiel auf Gewinn gegen einen Mann wie Wesley So. Morgen wartet nun noch die vielleicht wichtigere Partie auf Karjakin: mit Weiß gegen Ding Liren.

 

Sergey Karjakin dürfte sich im Vorfeld einige Gedanken über seine Strategie für die beiden letzten Runden gemacht haben.

Caruana - Aronian

Nach einer gewissen Aufwärmphase hatte Caruana einigen Vorteil erzielt, der ihm zumindest einen Bauern am Damenflügel hätte einbringen müssen. Mit einem Figurenopfer für ein paar Bauern brach Aronian dann aber einen wilden, offenen Kampf vom Zaun, in dem er vielleicht sogar die richtige Idee hatte, sie aber dann nicht umsetzen konnte. Caruana bekam Oberwasser und fuhr den ganzen Punkt rasch nach Hause:

 

Ein Zug saß zwischendrin nicht richtig, doch nach Aronians "Gegenfehler" zerlegte Caruana seinen in Zeitnot befindlichen Gegner komplett.

Mamedyarov - Grischuk

Alexander Grischuk hatte gut gespielt und eigentlich wäre die Stellung remis gewesen, doch sie war auch extrem schwierig für den Russen. Beide Spieler hatten einen starken Freibauern und die Damen standen noch auf dem Brett - Grischuk hatte dazu einen kurzschrittigen Springer, Mamedyarov hingegen einen Läufer. Grischuk stand dadurch vor großen praktischen Problemen, die er nicht lösen konnte, und ist nach dieser Niederlage aus dem Rennen um den Turniersieg ausgeschieden:

 

Shakhriyar Mamedyarov aus Aserbaidschan hat morgen in der letzten Runde noch Chancen, das Kandidatenturnier zu gewinnen.

Ding Liren - Kramnik

Das erneute Remis heute von Ding Liren, dieses Mal gegen Vladimir Kramnik, war nicht wirklich inspirierend. Alles in allem musste sich Ding, der zwischenzeitlich deutlich schlechter gestanden hatte, erheblich strecken, um wenigsten die Punkteteilung noch zu erreichen. Morgen könnte der Chinese - rein theoretisch - nach Punkten noch geteilter Erster gemeinsam mit Fabiano Caruana werden. Käme Mamedyarov als Dritter hinzu, dann hätte Ding tatsächlich noch die Nase vorn.  

 

Ding Liren: Der Chinese ist ein bärenstarker Schachspieler, dem in Berlin aber irgendwie - bislang - das letzte Quentchen zum ganz großen Wurf gefehlt hat.

Partien

 

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Klaus Besenthal ist ausgebildeter Informatiker und ein begeisterter Hamburger Schachspieler. Die Schachszene verfolgt er schon seit 1972 und nimmt fast ebenso lange regelmäßig selber an Schachturnieren teil.

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acepoint acepoint 27.03.2018 11:18
»Die englische CB-Seite hatte schon vor Mitternacht den Fehler korrigiert «

Und sie hat - so sieht sauberer Journalismus aus - den eigenen Fehler nicht unter den Tisch gekehrt, sondern auf die Korrektur hingewiesen. Darüber ärgere ich mich bei den deutschen »Leidmedien« auch immer. Dass Fehler, Nennung falscher Fakten oder andere Irrtümer passieren, ist menschlich. Macauley Peterson hat gezeigt, wie man darauf souverän reagiert.
peter_bx peter_bx 27.03.2018 10:56
Die Reihenfolge der verschiedenen Wertungen ist hier beschrieben, ich hoffe das stimmt so:
http://chess-results.com/tnr338863.aspx?lan=0&art=4

Demnach zählt zuerst der "direkte" Vergleich der Konkurrenten. Wenn es mehr als zwei Konkurrenten sind, wird die Summe der Punkte gebildet die sie gegeneinander erzielt haben.

Ist dann immer noch Gleichstand, zählt die Anzahl der Siege.

Sind diese immer noch gleich, dann kommt Sonneborn-Berger zum Einsatz

Erst wenn auch diese gleich wäre, kommt es zum Stichkampf

Bei einer extrem hohen Zahl von Remisen (wie im letzten Kandidatenturnier) hätten die vielen Kriterien nichts genutzt, aber so wie ich es verstanden habe, "verhindert" die hohe Anzahl an entschiedenen Partien recht zuverlässig einen Stichkampf.
Anton46 Anton46 27.03.2018 10:44
Man ist verwirrt. Zählt die SB Wertung, Anzahl der Gewinn Partien oder was.
peter_bx peter_bx 27.03.2018 10:33
@Karl Hackenmeier
In der Ruhezone der Spieler sind Monitore angebracht, da können sie alle Partien sehen. Aber sie laufen auch ständig im Kreis und sehen sich die Partien ihrer Konkurrenten "live" an. Gestern war das Brett von Caruana gegen Aronian das Meistbesuchte
Krennwurzn Krennwurzn 27.03.2018 10:20
Die englische CB-Seite hatte schon vor Mitternacht den Fehler korrigiert - warum schafft das die deutsche Seite nicht?

Corrections: As pointed out in the comments: If Ding beats (and eliminates) Karjakin, Mamedyarov draws and Caruana loses, Ding wins. For Karjakin to win by drawing, Caruana would also have to lose.
Karl Hackenmeier Karl Hackenmeier 27.03.2018 10:04
Fabi muss gewinnen, will er sich sicher qualifizieren. Er kann nicht hoffen, das Ding gegen Karjakin stillhält und beide sich schlussendlich auf Remis einigen. Für Karjakin ist es do or die. Gewinnt er, hat Fabi das Nachsehen bei Remis.
Was mich beschäftigt:
Inwieweit bekommen die Spieler den Spielverlauf der anderen Partien mit ?
Man sieht zwar, dass die Spielboxen abgetrennt sind, aber bestimmt haben die Spieler doch Möglichkeiten sich zu informieren, wie es in den Parallelpartien gelaufen ist, oder ?!

Wenn zB Fabi remisiert und das Ding mitbekommt, hat er dann noch Lust sich von Karjakin quälen zu lassen, obwohl er keine Chance mehr hat, sich zu qualifizieren ?
peter_bx peter_bx 27.03.2018 10:02
Nein, auch dann kommt es zu keinem Gleichstand, da Mamedyarov dann die bessere SB Wertung hat. Er wäre damit durch!
hockeyplayer hockeyplayer 27.03.2018 08:09
Es könnte auch so kommen:
Caruana remisiert schnell gegen Grischuk, wonach Ding aus dem Rennen ist. Dieser wiederum kann Karjakin überspielen, weil dieser ob des Remis von Caruana gewinnen muss, und gewinnt. Die Partie Kramnik gegen Mamedyarov gewinnt Mamedyarov und es kommt zu einem Gleichstand von Caruana und Mamedyarov.

Die Partien mit verkürzter Bedenkzeit entscheidet abschließend Mamedyarov für sich und wird der nächste Herausforderer von Carlsen.
wok wok 26.03.2018 10:16
Sehr wichtiger Hinweis von FramiS. Das könnte bedeuten, dass bei Karjakin - Ding beide Spieler auf Gewinn spielen mit der Konsequenz einer statistisch erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine entschiedene Partie.
Julian111 Julian111 26.03.2018 09:57
Richtig FramiS, daher ein bisschen peinlich für chessbase, dass so oft zu betonen, ohne ein bisschen nachgedacht zu haben
FramiS FramiS 26.03.2018 09:29
"Drei Spieler können das Kandidatenturnier noch gewinnen: Fabiano Caruana, Shakhriyar Mamedyarov und Sergey Karjakin."
Das ist nicht richtig; denn Ding Liren kann auch noch gewinnen. Falls Caruana verliert, Mamedyarov remisiert und Ding Liren selbst gegen Karjakin gewinnt, hat Ding Liren in der Feinwertung des direkten Spiels gegeneinander zwischen Caruana, Mamedyarow und Ding (alle 8 Punkte) die Nase vorne, da er gegen Mamedyarov einen Sieg auf der Habenseite hat und die anderen Spiele der drei untereinander alle remis endeten.
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