Mark Taimanov zum 80sten Geburtstag
Seit
frühester Kindheit bereits lernte Mark Taimanov Klavier spielen und bekam 1937
als 11-Jähriger das Angebot, eine Rolle in dem Musikfilm "Das Beethoven-Konzert"
zu übernehmen. Der junge Mark sollte eine der Hauptrollen spielen, die eines
jungen Violinisten. Um die Rolle überzeugend darstellen zu können, musste er
innerhalb eines Jahres im Violinespiel Meisterstatus erreichen. Der Film wurde
auf dem Filmfestival in Paris 1937 ein großer Erfolg und Mark Taimanov ein
gefeierter Schauspieler. Im gleichen Jahr ging er in den Pionier Palast und
begann mit dem Schachspiel. Bald war er ein Schüler Mikhail Botvinniks. Neben
seiner musikalischen Ausbildung wurde Mark Taimanov so auch zu einem der besten
Schachspieler des Landes.
Das Schach genoss in der Sowjetunion schon
seit den Dreißiger Jahren ein hohes Ansehen. In den Fünfziger Jahren waren die
sowjetischen Spieler weltweit führend und Schach wurde aus propagandistischen
Zwecken von der Sowjetführung sehr gefördert und war sogar Chefsache. So wurde
die Erlaubnis für Mark Taimanovs Reise zu den Studentenweltmeisterschaften 1952
in Liverpool von Josef Stalin persönlich unterzeichnet. Taimanov war im
folgenden Jahre einer der Teilnehmer beim berühmten Kandidatenturnier in Zürich
1953. Von den 16 Teilnehmern stammten neun aus der Sowjetunion. Smyslov gewann
mit zwei Punkten Vorsprung vor Bronstein, Reshevsky und Keres. Die Erfolge im
Schach waren für die Sowjetführung so wichtig, dass es hinter den Kulissen
zwischen unterschiedlichen Fraktionen ein ständiges Gerangel darum gab, welcher
der Großmeister ganz vorne stehen sollte. Die übrigen Großmeister hatten zurück
zu stehen, durften in den Partien der auserkorenen Anwärter aus dem eigenen
Lager nicht zu ehrgeizig sein und hatten ansonsten gegen die auswärtigen Spieler
ihr ganzes Können aufzubieten. Mit Robert Fischer erschien dann Anfang der
Sechziger Jahre ein ernsthafter Konkurrent um den prestigeträchtigen
Weltmeistertitel. Während man den Amerikaner im Kandidatenturnier von 1962 noch
mit Hilfe von Absprachen der sowjetsichen Spieler Petrosian, Geller und Keres
niederhalten konnte, wurde Taimanov im zweiten Anlauf Fischers auf den Titel zu
seinem ersten großen Opfer. Fischers 6:0-Sieg ließ Taimanov bei der sowjetischen
Führung in Ungnade fallen und er verlor das Recht auf Auslandsreisen. Durch die
intensive Vorbereitung auf den Wettkampf, zu dem er sich übrigens erst durch
einen Stichkampf gegen Lutikov qualifiziert hatte, zerbrach seine Partnerschaft
mit Lyubov Bruk, privat und
beruflich. "Mindestens habe ich meine Musik",
sagte er sich damals, als er in der Folge das Privileg verlor, außerhalb der
UdSSR spielen zu dürfen.
Es gibt einige Beispiele für ein Doppeltalent im Schach
und in der Musik. Mark Taimanov ist das bekannteste. Als Schachspieler war er
WM-Kandidat und als Musiker bildete er mit seiner ersten Ehefrau
Lyubov Bruk eines der besten Duos seiner
Zeit am Piano und wird heute zu den größten Pianisten des 20. Jahrhunderts
gezählt. Ein Rezensent schrieb: "Beim Duo Bruk-Taimanov hört man die
Interpretation so, als würde sie von einem einzigen Musiker, aber mit zwei
Köpfen gespielt."
Auf die Entwicklung der Schachtheorie hatte Mark Tajmanov
ebenfalls einigen Einfluss. Heute trägt die Variante der Sizilianischen
Verteidigung 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 seinen Namen.
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Vor einiger Zeit
brachte Philips die Musikserie "Große Pianisten des 20.Jahrhunderts" auf
den Markt. Der Band 15 (456 736-2), ein Doppelalbum, ist dem Schaffen des
Piano Duetts Bruk (sie starb 1996) und Taimanov gewidmet und enthält
Aufnahmen vom Höhepunkt ihrer Karriere aus den Jahren 1959 bis 1968 mit
Werken von Rachmaninov, Mozart, Chopin, Arensky, Poelenc und Milhaud. Leider
zerbrach die Partnerschaft zwischen den beiden, beruflich und privat, Anfang
der Siebziger, kurz vor ihrem bevorstehenden Debut im Westen. |
Interview mit Mark Taimanov von Joel Lautier (Chessbase, 2002)...
Interview mit Mark Taimanov von Sergey Bistrov...
Interview mit Mark Taimanov in Chessville...
André Schulz