MCT Finale, Tag 1: Ding gewinnt gegen Carlsen, Nakamura gewinnt gegen Dubov

von Carlos Colodro
10.08.2020 – Die vier Finalteilnehmer der Magnus Carlsen Chess Tour – Magnus Carlsen, Ding Liren, Hikaru Nakamura und Daniil Dubov – scheinen alle in guter Form zu sein und zeigten im Halbfinale kreatives und kämpferisches Schach. Doch in den entscheidenden Momenten hatten Ding und Nakamura das bessere Händchen: Ding gewann im Armageddon gegen Carlsen und Nakamura gewann im Blitz-Tiebreak gegen Dubov. | Foto: Lennart Ootes

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Ein gelungener Auftakt

Das Halbfinale geht über fünf Wettkämpfe oder Sätze: jeder Wettkampf oder Satz beginnt mit vier Schnellpartien mit einer Bedenkzeit von 15+10. Steht es nach diesen vier Schnellpartien 2:2 Unentschieden, folgen zwei Blitzpartien mit einer Bedenkzeit von 5+3. Führen auch diese nicht zu einer Entscheidung, wird das Match – und der Satz – im Armageddon entschieden: Weiß bekommt 5 Minuten, Schwarz 4, aber Weiß muss gewinnen, bei Remis hat Schwarz den Wettkampf gewonnen.

Sieger des Halbfinales ist derjenige Spieler, der zuerst drei der fünf Wettkämpfe (Sätze) für sich entschieden hat.

Favorit auf den Sieg im Finale ist natürlich Carlsen, denn der Weltmeister ist nicht nur die klare Nummer eins der Welt, sondern auch bekannt für seine Fähigkeiten im Schnell- und Blitzschach. Außerdem konnte Carlsen seine letzten 19 Wettkämpfe bei der Magnus Carlsen Chess Tour für sich entscheiden.

Doch zum Auftakt des Halbfinales gegen Ding Liren geriet der Weltmeister ins Straucheln: er verlor den Wettkampf im Armageddon gegen Ding Liren.

Spannend verlief auch der Wettkampf zwischen Hikaru Nakamura und Daniil Dubov. Hier setzte sich Nakamura im Blitz-Tiebreak durch.

Magnus Carlsen Chess Tour 2020

Ding Liren* 3½ : 3½ M. Carlsen

*Ding gewann den Wettkampf, weil er in der entscheidenden Armageddon-Partie, die Remis ausging, Schwarz hatte.

Bereits in der ersten Partie des Schnellschachwettkampfs bewies Ding, dass er gut in Form ist und überspielte Carlsen mit Weiß in einem scharfen Sizilianer:

 

Weiß hat leichten Raumvorteil und sein Läufer ist etwas aktiver und mit 18.c4 verstärkte Ding den Druck. Die Engines wollen hier das überraschende 18...Thb8 spielen, aber Carlsen entschied sich für 18...Tac8 und geriet nach 19.cxb5 Tc5 20.Db3 axb5 21.a4 Thc8 22.Lxb5 in Nachteil und konnte die Partie nicht mehr halten.

Doch in Partie zwei schlug Carlsen sofort zurück und gewann in nur 24 Zügen.

 

Partie drei litt unter technischen Problemen. Im Verlaufe der Partie konnte einer der Spieler die Züge seines Gegners nicht mehr empfangen und deshalb nicht weiter spielen. Als das technische Problem gelöst war, wurde die Partie fortgesetzt. Nachdem Ding eine taktische Möglichkeit übersehen hatte, die ihm Vorteil verschafft hätte, einigten sich die Spieler im 43. Zug auf Remis.

Nach einem wenig aufregenden Remis in Partie 4 kam es zum Blitz-Tiebreak, in dem Ding mit einem Sieg in Partie 5 in Führung ging. Doch wahrscheinlich war auch diese Partie von technischen Problemen beeinträchtigt.

 

In dieser Stellung brach die Partie plötzlich ab, denn Carlsen, der noch etliche Sekunden auf der Uhr hatte, zog nicht mehr und verlor auf Zeit. Weiß hat einen Bauern mehr, aber Schwarz verfügt über ausreichend Kompensation. Carlsen gilt als einer der besten und schnellsten Blitzspieler der Welt und deshalb ist es schwer vorstellbar, dass er hier einfach die Uhr vergessen hat und die Zeit ablaufen ließ. Aber egal ob technische Probleme oder ein Blackout des Weltmeisters verantwortlich waren: Carlsen hatte verloren und musste in der zweiten Partie des Tiebreaks unbedingt gewinnen.

Was ihm jedoch gelang – und so fiel die Entscheidung im Armageddon. Carlsen entschied sich dafür, mit Weiß zu spielen, doch geriet bereits in der Eröffnung in die Defensive. Ding hielt seinen Vorteil fest und gab in besserer Stellung schließlich Dauerschach, um die Armageddon-Partie und den Wettkampf zu gewinnen.

 

H. Nakamura 3½ : 2½ D. Dubov

Für Nakamura begann der Wettkampf mit einer vernichtenden Niederlage, nachdem er in Partie ein gewagtes Eröffnungskonzept probierte:

 

In dieser bekannten Stellung folgt eigentlich immer 10..Dxd5, doch Nakamura probierte 10...Sxd5, um sieben Züge später aufzugeben.

 

Nakamura kommentierte seinen 10. Zug später lakonisch und meinte: "Ich war einfach noch nicht wach genug."

In der zweiten Partie verpasste Dubov in komplizierter Stellung eine gute Chance.

 

Hier hätte Schwarz mit dem überraschenden Rückzug 32...Ta8! in Vorteil kommen können. Der Zug neutralisiert die weißen Möglichkeiten auf der Grundreihe des Schwarzen und droht 33...Da7 mit starkem Angriff. Stattdessen spielte Dubov 32...Ke7?, was Weiß mit 33.Dg7 beantwortete. Schwarz verteidigte f7 mit 33...Le8, aber gab nach 34.Td6 auf.

Eine kleine Glanzpartie mit einem positionellen Qualitätsopfer gelang Nakamura in Partie drei:

 

Weiß versucht am Königsflügel im Trüben zu fischen, aber mit einem hübschen Qualitätsopfer wehrt Nakamura alle weißen Drohungen ab: Er spielte 24...Te5! und gewann nach 25.Lxe5 Scxe5 26.Nxc5 mit Hilfe seiner starken Freibauern am Damenflügel.

Doch in der vierten Partie schlug Dubov zurück und rettete sich mit einem Schwarz-Sieg auf Bestellung in den Tiebreak.

 

Die erste der beiden Blitzpartien des Tiebreaks endete mit Remis, doch in der zweiten Blitzpartie konnte Nakamura den Wettkampf für sich entscheiden.

 

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Carlos Colodro stammt aus Bolivien und ist Spanisch-Philologe. Seit 2012 arbeitet er als freier Übersetzer und Autor. Schach, Literatur und Musik sind seine großen Leidenschaften.

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