"Mit etwas Glück ist alles drin"

von Georgios Souleidis
31.08.2016 – Nach der Schweiz, Österreich und den deutschen Damen sind in unserer Vorschau auf die 42. Schacholympiade in Baku zum Abschluss die deutschen Herren an der Reihe. Wir sprachen mit der deutschen Nr. 1, Liviu-Dieter Nisipeanu, der trotz eines Trainingslagers sich zumindest kurz zur Verfügung stellte. Mehr...

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Die deutschen Herren sind bei der 42. Schacholympiade in Baku an zwölfter Stelle gesetzt. Der Unterschied zu den vor ihnen platzierten Teams ist aber nicht derart, dass man nicht träumen dürfte. Dementsprechend äußert sich auch Liviu-Dieter Nisipeanu im Interview und natürlich hat er recht. Als Deutschland 2011 Gold bei der Europameisterschaft gewann, rechnete niemand mit diesem Ergebnis.

Eine Medaille bei einer Schacholympiade hat zwar Seltenheitswert für Deutschland, aber es gab einige Erfolge in der Vergangenheit. Falls man Medaillen aus der Nazizeit zählt, darf man sich über Bronze (1930 in Hamburg) und sogar Gold (1939 in Buenos Aires) freuen. Westdeutschland gewann 1950 und 1964 Bronze und nach der Wiedervereinigung gewann Deutschland im Jahr 2000 in Istanbul überraschend Silber. Nach Istanbul schaffte es das deutsche Team nicht unter die Top Ten, aber insbesondere bei den Olympiaden 2008 in Dresden und 2012 in Istanbul spielte man lange weit vorne mit und verpasste nur knapp eine Platzierung unter den zehn besten Mannschaften.

Interview mit Liviu-Dieter Nisipeanu

Chessbase: Mit welchen sportlichen Erwartungen gehen sie in das Turnier?

Nisipeanu: Ich hoffe auf ein gutes Abschneiden der Mannschaft und mit etwas Glück ist alles drin.

Chessbase: Gab es im Vorfeld ein Trainingslager oder eine gemeinsame Vorbereitung?

Nisipeanu: Nein, man hat es versucht, aber wir konnten kein gutes Datum für alle Spieler finden.

Chessbase: Gibt es so etwas wie einen Teamgeist im Schach bzw. was tun sie, um einen Teamgeist aufzubauen?

Nisipeanu: Ich verstehe unter Teamgeist ein gutes persönliches Verhältnis zwischen den Spielern und das ist bei uns gegeben.

Chessbase: Bereiten sie sich während des Turniers gemeinsam vor auf die Gegner?

Nisipeanu: Nein, aber wenn es ein grosses Problem an einem Brett gibt, helfen wir schon. Ich vermute, dass die Mannschaften, die behaupten, dass sie sich zusammen vor der Partie vorbereiten, es nur sagen, weil es sich gut verkauft.

Chessbase: Ist ein Sekundant/Trainer dabei?

Nisipeanu: Die Mannschaft hat einen Eröffnungstrainer und unser 'Captain' Dorian Rogozenco hilft auch bei der Vorbereitung.

Chessbase: Gibt es so etwas wie einen olympischen Geist im Schach bzw. wie fühlt es sich für sie an eine Olympiade zu spielen im Vergleich zu anderen Turnieren?

Nisipeanu: Die Olympiade findet alle zwei Jahre statt und von daher ist es sicher etwas Besonderes. Fuer alle Spieler ist es das wichtigste Turnier im Jahr und ein besonderer Druck ist immer da. Der Vergleich zwischen Mannschaftsturnieren und individuellen Turnieren macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

Chessbase: Freuen sie sich auf Baku? Für die meisten Spieler dürfte es das erste Mal sein, diese Stadt zu besuchen.

Nisipeanu: Ich habe den Weltcup voriges Jahr in Baku gespielt und die Organisation war sehr gut. Also ja, ich freue mich auf Baku.

Chessbase: Ist es etwas Besonderes die Farben der Nationalmannschaft zu vertreten?

Nisipeanu: Ja, ich bin sehr stolz für Deutschland zu spielen.

Chessbase: Wie unterstützt sie der Verband und sind sie damit zufrieden?

Nisipeanu:Der DSB war mir gegenüber in allen Aspekten sehr hilfreich und ich bin dafür sehr dankbar.

Die Mannschaft, die in Baku für Deutschland starten wird, ist derzeit nominell die Beste, die der Bundestrainer Dorian Rogozenco aufbieten kann. Die Nr. 4 der deutschen Liste, Jan Gustafsson, ist im Prinzip inaktiv und hätte sowieso nicht mitgespielt, da er als frisch gebackener Papa sein privates Glück genießt. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle!

Bei der Aufstellung des Teams beziehen wir uns auf Georg Meier, der dem Autor wichtige Hinweise lieferte.

Brett 1 Liviu-Dieter Nisipeanu

Liviu-Dieter Nisipeanu feierte vor einem Monat seinen 40. Geburtstag, doch er gehört noch lange nicht zum alten Eisen. Mit einer Elo-Zahl von 2687 ist er die Nr. 1 in Deutschland. Bezüglich Spielstärke und Erfahrung ist Nisipeanu über jeden Zweifel erhaben. Der 40-jährige blickt auf eine sehr erfolgreiche Karriere zurück und es warten noch einige erfolgreiche Jahre auf den gebürtigen Rumänen. 2016 war bislang ein sehr gutes Jahr. Er stellte mit 58 Partien ohne Niederlage eine tolle Serie auf. Dabei kam er beim Sparkassen Chess-Meeting in Dortmund nicht einmal auch nur an den Rand einer Niederlage. Nisipeanu startet zum zweiten Mal für Deutschland bei einer Schacholympiade, nachdem er sechs Mal für Rumänien antrat.


Liviu-Dieter Nisipeanu

Brett 2 Georg Meier

Georg Meier feierte einige Tage vor Beginnn der Schacholympiade seinen 29. Geburtstag. Er bewies bei Superturnieren , wie dem Sparkassen Chess-Meeting oder dem GRENKE Chess Classic, dass er auch gegen die absolute Weltspitze mithalten kann. Eröffnungstheoretisch macht Meier kaum jemand was vor und da er sehr schwer zu schlagen ist, ist die Wahl für das zweite Brett nachvollziehbar, zumal er mit einer Elo-Zahl von 2654 die Nr. 2 der deutschen Rangliste ist. In Baku startet er für Deutschland zum vierten Mal bei einer Schacholympiade. Sein Resultat von Tromsø 2014 lässt hoffen. Bei der Schacholympiade in Norwegen verlor er keine Partie und gehörte zu den zehn besten Spielern am zweiten Brett.


Georg Meier

Brett 3 Matthias Blübaum

Aus dem ehemaligen Prinzen ist ein starker Großmeister geworden. Jahrelange Förderung und hartes Training haben Früchte getragen, denn Matthias Blübaum ist mit einer Elo-Zahl von 2626 inzwischen die Nr. 5 der deutschen Rangliste. Der 19-jährige Mathematikstudent blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Er gewann im April das bärenstark besetzte GRENKE Chess Open und wiederholte seinen Triumph mit dem Sieg beim Xtracon Open in Helsingor, wieder vor zahlreichen Weltklasse-Großmeistern. Der Lohn ist die erste Teilnahme bei einer Schacholympiade für Deutschland. Dank seiner Form im ersten Halbjahr darf man auf eine gute Leistung des Youngsters in Baku hoffen.


Matthias Blübaum

Brett 4 Rainer Buhmann

Rainer Buhmann befindet sich in der Form seines Lebens. Im Mai dieses Jahres erreichte er mit einer Elo-Zahl von 2651 die Bestmarke seiner Karriere und klopfte an die Tür zur Top 100 der Weltrangliste. Ein Fingerzeig für Buhmanns Leistungsgrenze war aber die erste Teilnahme bei einem Superturnier. Beim Sparkassen Chess-Meeting hielt er im Juli dieses Jahres zwar gut mit, doch 1,5 Punkte aus sieben Partien war etwas ernüchternd. Sein Leistungspotential sollte aber mehr als ausreichen, um die hinteren Bretter bei einer Schacholympiade zu verteidigen. Für Buhmann ist Baku die dritte Teilnahme an einer Schacholympiade für Deutschland.
 


Rainer Buhmann
 

Ersatzbrett Daniel Fridman

Daniel Fridman ist mit 40 Jahren neben Nisipeanu der erfahrenste Spieler im Team und dank seiner supersoliden Spielweise eine Bank für jeden Trainer. Sein Einsatz am letzten Brett hat sich für Deutschland mehrmals bewährt. Fridman gewann 2008 in Dresden und 2012 in Istanbul jeweils die Bronzemedaille in der Einzelwertung. Aktuell ist der gebürtige Lettte mit einer Elo-Zahl von 2618 die Nr. 6 der deutschen Rangliste. In Baku startet Fridman zum vierten Mal bei einer Schacholympiade für Deutschland, nachdem er drei Mal für Lettland antrat.


Daniel Fridman

Die Schacholympiade bei ChessBase:

Während der Olympiade wird es - neben der Live-Übertragung  der Partien - ab 9.9. auf ChessBase auch Livesendungen aus Baku geben. GM Daniel King wird das wichtigste Geschehen direkt vor Ort kommentieren.

Fotos: Georgios Souleidis

Offizielle Webseite 42. Schacholympiade Baku


Georgios Souleidis ist Internationaler Schachmeister und hat in Bochum Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er arbeitet als Journalist, Autor und Schachtrainer. Er schreibt u.a. als Chefredakteur für die Schachbundesliga, für Chessbase, die Zeitschrift SCHACH, SPIEGEL ONLINE oder die Deutsche Presse-Agentur. Falls er mal nicht schreibt, Training gibt oder auf seinem YouTube-Kanal Schach lehrt, versucht er aktiv am Brett zu beweisen, dass 1. e2-e4 der beste Eröffnungszug ist.

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