Das Ende zuerst: Johannes Fischer schließt die Ausgabe des jüngsten Karl-Heftes mit einer Betrachtung, was denn "das New York der Schacheröffnungen" ist. Für ihn ist das die Najdorf-Variante. Zwei große Interpreten dieser Eröffnung sind Bobby Fischer und Walter Browne, beides New Yorker. Und sowohl in New York wie in der Najdorf-Variante gebe es ruhige Stellen und Ecken, die man besser meiden sollte. Johannes Fischer wies auch bei andere Gelegenheit Darauf hin, dass das New Yorker System gegen die Reti-Eröffnung (Lg4) im Grunde das Londoner-System mit vertauschten Farben ist - die kulturelle und geschichtliche Verbindung der beiden Länder wird hier also im Schach auf geheimnisvolle Weise widergespiegelt. Das kann doch kein Zufall sein...
In Emanuel Laskers Biographie spielt New York eine wichtige Rolle, sogar darüber hinaus, denn er ist dort ebenso begraben wie sein Vorgänger Wilhelm Steinitz. Aus diesem Grund hat Harry Schaack seine Rezension zur DVD über Emanuel Lasker, in der Reihe "Master Class" der Weltmeister erschienen, passenderweise im New York-Heft untergebracht.
Nachdruck aus Karl
Master Class Weltmeister Emanuel Lasker im Shop...
Wer also möchte, soll sich eingeladen fühlen, mit Lasker New Yorker Luft zu schnuppern, denn davon gibt es im übertragenden Sinne reichlich, nicht zuletzt im großen Turnier von 1924, das Lasker, nun schon nicht mehr Weltmeister, als schon etwas reiferer Schachspieler im großen Stil gewonnen hat.
Natürlich ist die Rezension aber nicht der Mittelpunkte des Heftes, sondern wurde hier nur aus egoistischen Gründen vorangestellt. Das heft beginnt stattdessen mit einem schönen Schachhistorikerstreit im leserbriefteil, bei dem es darum geht, was Edward Winter seinerzeit mit seinem Beitrage über die Herkunft des Namens "Benoni" gemeint haben könnte. In Wirklichkeit geht es natürlich bei solchen Streitigkeiten um etwas ganz anderes. Die wohl formulierten Zeilen kann man als außen stehender Leser ungetrübt genießen, denn hier gilt noch mehr als sonst: "Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte".
Es gibt aber noch viel mehr lesenswerte und sehr informative Artikel im Heft. Michael Negele betrachtet den "Goldrausch" im amerikanischen Schach, der seinen Ausgangspunkt um das Turnier von 1857 hat und eng mit den Namen von Daniel Willard Fiske und Paul Morphy verbunden ist. Einer der berühmtesten Schachclubs der Welt war der Manhattan Chess Club. Er wurde 1877 gegründet und suchte dann 124 Jahre nach einer festen Bleibe.
Steinitz und Zukertort begannen hier 1886 ihren WM-Kampf, Lasker war regelmäßig zu Besuch, ebenso Capablanca und viele andere. 1971 gewann Bobby Fischer die Vereinsblitzmeisterschaft mit 21,5 aus 22. Walter Shipman war der einzige, der ein Remis schaffte. Die Mitgliedszahl des Clubs stieg während des WM-Kampfes von 1972 auf 400 an. Nach dem Fischer-Boom ging es langsam, aber stetig abwärts. Am Ende konnte der Club die in New York ziemlich hohen Mieten nicht mehr bezahlen und häufte Schulden in Höhen von 50.000 Dollar. 2002 wurde der Club geschlossen, Bücher und Material verkauft. Es war der Manhattan Chess Club gewesen, der die großen Turniere von 1924 und 1927 organisiert hatte, die von Harry Schaack in zwei weiteren Artikeln ausführlich in Erinnerung gerufen werde.
1922 bekam der Manhattan Chess Club Konkurrenz vom Marshall Chess Club, den es immer noch gibt und der auf mehreren Seiten in Wort und Bild vorgestellt wird. 2013 kam Magnus Carlsen zu Besuch und gab Simultanvorstellungen.
In weiteren Artikeln wird die New Yorker Schachszene beleuchtet, die gerne auch an den Schachtischen im Central Park aktiv ist, oder das WM-Match zwischen Kasparov und Anand beschrieben. Diese wurde 1995 in einem Gebäude gespielt wurde, das es nicht mehr gibt - das World Trade Center. Wolfram Runkel war damals dabei. Last, but not least: Der New Yorker Autor Andrew Soltis, einer der renommiertesten Schachbuch-Autoren, wird portraitiert. Im Hauptberuf war er bis zu seiner Pensionierung 2014 Journalist bei der New York Post. Er hat viel zu erzählen.
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