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Ende August (20.-28.08.2016) wurde im ostbelgischen Eupen vom Schachverband der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens ein IM-Normenturnier ausgerichtet. Das Turnier wird vom Verband alle zwei Jahre ausgerichtet, um ambitionierten Spielern die Erzielung von IM-Normen zu ermöglichen. Die diesjährige Auflage war bereits das 6. Turnier dieser Art in Eupen. Eingeladen wurden bzw. werden jeweils starke Spieler, welche bei den Schach-Vereinen in Ostbelgien bereits gemeldet sind bzw. in der kommenden Saison spielen werden. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Spieler der Vereine KSK 47 Eynatten, KSK Rochade Eupen sowie den SF Wirtzfeld. Alle diese Vereine zählen in der höchsten belgischen Spielklasse jeweils zu den Top-Favoriten für die Meisterschaft und haben viele starke Spieler in ihren Reihen. Oftmals sind auch deutsche Spieler dort gemeldet und regelmäßig im Einsatz, so überrascht es dann auch nicht, dass beim diesjährigen IM-Turnier in Eupen auch wieder einige deutsche Spieler mit am Start waren.
Favorit war natürlich der einzige GM im Feld, Artur Jakubiec, welcher bei den Schachfreunden Wirtzfeld gemeldet ist.
Artur Jakubiec
Mit unter den 10 Teilnehmern waren auch mehrere Spieler, welche bereits bei vorherigen Auflagen des IM-Turniers spielten. So erreichte IM Christian Braun vor einigen Jahren eine IM-Norm. Mit dem derzeit noch für Namur Echecs in Belgien gemeldeten, aber zu einem Verein in Ostbelgien wechselnden, russischen und erfahrenen IM Aleksander Alienkin (also nicht direkt mit dem bekannten „Aljechin“ verwandt) war ein weiterer IM mit am Start. Daneben spielten einige junge FMs sowie mit Marcel Jügel als einzigem Nicht-Titelträger mehrere angriffslustige, hungrige bzw. ehrgeizige junge Spieler mit, sodass spannende Partien vorprogrammiert waren. Die recht enge Leistungsdichte war ebenso bemerkenswert, da quasi jeder jeden schlagen konnte.
Christian Braun
Austragungsort war, wie bereits in den vergangenen Jahren, das „Clubhaus“ des gastgebenden Vereins Rochade Eupen, welches dem Schachverein gehört und ausschließlich für Schach genutzt wird.
Schachclubhaus
Gleich angrenzend auf dem Gelände befindet sich das Parlament der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens sowie das sehr schöne (Verwaltungs-) Gebäude des belgischen Rundfunks. Einen Sendemast habe ich dort aber nicht direkt entdeckt.
Kinderturnier
Jugendturnier
Wegen eines Jugendturniers am Samstag, dem 27. August (das Jugendturnier wurde bereits zum 13. Mal ausgetragen) wurden die 5 Bretter kurzerhand in das benachbarte – gut klimatisierte – schicke Gebäude des belgischen Rundfunks verlagert, da dort am Wochenende „weniger Radio“ gemacht würde … und im ungenutzten Kantinenbereich ein sehr schöner Raum für die 10 Spieler und 3 Schiedsrichter gefunden wurde. Nach Aufbau der Bretter und Ausschaltung des lauten gekühlten Getränke-Automaten war dann die nötige Turnierruhe gegeben.
Gebäude des belgischen Rundfunks
Beim Jugendturnier spielten die mehr als 100 Teilnehmer in 6 Altersklassen 9 Runden Schnellschach im Clubhaus des Rochade Eupen. Draußen wurde gegrillt und im Innenbereich vertrieben sich die zahlreichen Eltern bei Kuchen, Bier und weiteren Kaltgetränken gelangweilt die Zeit.
Nach sehr solidem Auftreten und durchgängig gutem Spiel gewann IM Aleksander Alienkin mit 6 Punkten aus 9 Partien das Turnier vor FM Jürgen Kaufeld mit ebenfalls 6 Punkten. Dritter wurde der einzige GM im Feld, Artur Jakubiec, nachdem er in der vorletzten Runde gegen FM Marcel Harff eine empfindliche Niederlage einstecken musste.
Turniersieger IM Aleksander Alienkin
Dmitrii Marcziter gegen Aleksander Alienkin
FM Dmitrii Marcziter
FM Juergen Kaufeld
Christian Braun gegen Marcel Becker
FM Rudolf Meessen
IM Dirk Van Dooren
Das spektakulärste und angriffslustige Schach spielte – wie bereits in einer vorherigen Ausgabe des Turniers – Marcel Jügel. Den Schönheitspreis für die beste und unterhaltsamste Partie des Turniers würde ich einer Partie in Runde zwei Marcel Jügel gegen Marcel Harff geben.
Marcel Jügel
FM Marcel Harff
Ersterer startet halbwegs solide und erreichte relativ schnell 2,5 Punkte, verlor dann aber – vielleicht auch wegen der Hitze, unter welcher alle Spieler zu leiden hatten – und wegen zu aggressiver Partieanlage den Faden, wurde für sein angriffslustiges Spiel nicht belohnt und nach 4 Niederlagen in Folge letzter im Gesamtklassement. Die weiteren FMs waren bereits früh außer Reichweite für eine Norm und landeten im Mittelfeld.
Bei einer Durchschnitts-ELO von 2343 Punkten waren zur Erreichung einer IM-Norm 6 Punkte aus 9 Partien notwendig. Nach gutem, soliden Spiel erreichte schließlich FM Jürgen Kaufeld dieses Ziel und schrammte nur aufgrund der Feinwertung am Turniersieg vorbei. Er landete auf einem hochverdienten Platz zwei dann vor dem GM Arthur Jacubiec. Die Remisquote lag bei „nur“ 52 %.
Schiedsrichter war der routinierte Internationale Schiedsrichter Sylvin De Vet. Assistiert wurde er von Turnierorganisator und nationalem Schiedsrichter Kurt Rosskamp und nationalem Schiedsrichter Dieter von Haefen. Streitfälle waren keine zu verzeichnen, sodass der Hauptschiedsrichter gar keine Arbeit hatte. Hochgradige Zeitnot konnte es auch nicht geben, da mit 30 Sek. Inkrement gespielt wurde. Während bei den Spielern leider nur einer eine Norm schaffte, so werden die beiden Schiedsrichterassistenten für ihre Hilfe (Zwischenzeiten aufschreiben, Ergebnisse aufschreiben, Partien erfassen, Ergebnisse auf der Webseite veröffentlichen etc.) dann jeweils mit einer (Schiedsrichter-)Norm „belohnt“ auf dem Weg zum FIDE-Arbitter.
Während in früheren Jahren einmal eine Frau als Schiedsrichterin fungierte, war die Frauenquote dieses Jahr „0“ (sowohl bei den Spielern als auch bei den Schiedsrichtern). Vielleicht wäre es in 2 Jahren bei der nächsten Auflage einmal an der Zeit eine starke Nachwuchsspielerin mit ELO > 2200 einzuladen?
Wie bereits in früheren Jahren war auch diesmal als „Begleitprogramm“ zum IM-Turnier eine kleine aber feine Kunstausstellung aufgebaut worden. Die in Schachkreisen bereits bekannte Künstlerin Elke Rehder stellte mehrere ihrer Werke als Ausstellungsstücke zur Verfügung.
Als Highlight bei der Siegerehrung durfte jeder der 10 Teilnehmer sich eines von zwei Motiven aussuchen und erhielt einen Holzschnitt (Ausfertigung auf je 100 Stück limitiert). Thema der Ausstellung war die Schachnovelle von Stefan Zweig. Neben den Bildern wurde auf einem Bücherstand die Schachnovelle in Miniaturausgabe (Miniaturbuchverlag Leipzig) zum Kauf angeboten, einschließlich Schuber und einer Ausfertigung mit Goldschnitt.
Die Teilnehmer erhielten zudem Postkarten mit verschiedenen Motiven aus Elke Rehders Werken sowie ein kleines gelbes Heftchen zum IM-Normenturnier, in welchem einige Hintergründe zur Schachnovelle sowie zahlreichen Kunstwerken erklärt und die Entstehung der Holzschnitte beschrieben ist.
Die Kleinstadt Eupen mir ihren rund 19.000 Einwohnern befindet sich an der Weser, ca. 16 km südlich von Aachen sowie 45 KM von Lüttich und Maastricht entfernt. In der Nähe von Eupen liegt der Naturpark „Hohes Venn-Eifel“. Die Innenstadt von Eupen hat einen historischen Marktplatz und zahlreiche Patrizierhäuser aus dem 18. Jahrhundert. Eupen ist daher auch touristisch ein sehr schönes reizvolles Städtchen zur Erkundung an einem Wochenende, falls es mal kein Schach sein soll.
Das Sleepwood-Hotel
Wer es modern und gleichzeitig naturverbunden mag, dem wird das „Sleepwood-Hotel“ empfohlen, in welchem einer der Spieler im Laufe der Schachwoche wohnen und einen angenehmen Aufenthalt genießen konnte. Die 16 Zimmer des Hotels sind hell und freundlich gestaltet. Das ganze Hotel besteht aus einer Vollholz-Konstruktion und die Wände sind unbehandelt geblieben. Als zweites natürliches Material wurde Lehm eingesetzt sodass sich ein sehr gutes wohliges gesundes Raumklima entsteht. Ein einzigartiges 3-Sterne-Hotel im Herzen von Eupen.
Künstlerin Elke Rehder... oder www.schach-chess.com
Über Stefan Zweig (Von Johannes Fischer)...