Opferbereitschaft: Praggnanandhaa Rameshbabu

von Johannes Fischer
10.04.2024 – 48.000 Euro Preisgeld bekommen der Sieger und die Siegerin des Kandidatenturniers in Toronto, dazu noch zusätzliche 3.500 Euro für jeden halben Punkt. Das ist viel Geld, aber weniger als die 90.000 Dollar, die Levon Aronian für seinen Sieg beim American Cup 2024 erhalten hat. Beim Kandidatenturnier gibt es auch keinen Schönheitspreis, keinen Preis für die beste Partie der Runde und keinen Preis für die Bereitschaft, Material zu opfern. Würde man in Toronto einen solchen Preis verleihen, dann hätte Praggnanandhaa gute Chancen, ihn zu bekommen. | Foto: FIDE / Michal Walusza

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In den bisher gespielten fünf Runden hat der junge Inder in vier Partien mindestens einen Bauern geopfert und so für Ungleichgewicht und Spannung auf dem Brett gesorgt.

Gleich zum Auftakt des Turniers, als er mit Schwarz gegen Alireza Firouzja spielte, zeigte er seine Freigiebigkeit: In einer taktisch komplizierten Partie opferte er erst einen Springer und dann einen Turm, um ein Remis durch Dauerschach zu forcieren.

Auch in Runde 2 ließ er sich nicht lumpen: Er spielte mit Weiß gegen Gukesh und opferte in einem Katalanen bereits zu Beginn der Partie drei Bauern, um Schwarz unter Druck zu setzen. Wenig später steckte er noch einen Läufer ins Geschäft, allerdings ohne Erfolg: Gukesh verteidigte sich umsichtig und kam zu einer Gewinnstellung. Mit zwei weiteren Bauernopfern versuchte Pragg zwar noch im Trüben zu fischen, aber Gukesh behielt die Übersicht und verwandelte seinen Vorteil in einen vollen Punkt.

In Runde 3 hatte Praggnanandhaa Schwarz gegen Vidit Gujrathi, und trotz seiner Niederlage in der vorherigen Runde ließ er sich von seinem Gambitstil nicht abbringen und probierte es mit dem Verzögerten Jänisch-Gambit 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 f5!?. Dieses Mal wurde sein Mut belohnt: Praggnanandhaa gewann in 47 Zügen.

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In Runde 4 gegen Hikaru Nakamura, als er zum zweiten Mal in Folge mit Schwarz spielen musste, gönnte sich Praggnanandhaa eine kleine Pause vom Opferreigen und hatte nichts gegen ein schnelles Remis durch Zugwiederholung einzuwenden.

Doch in Runde 5 glänzte Praggnanandhaa, der von dem indischen Großmeister und legendären Erfolgstrainer R.B. Ramesh betreut wird, wieder durch die Bereitschaft zum Opfer – allerdings noch viel mehr durch die Tiefe seiner Vorbereitung. In einer Variante der Russischen Verteidigung, eine Eröffnung, die als sehr solide gilt, brachte er Ian Nepomniachtchi durch zwei Bauernopfer und ein anschließendes Springeropfer an den Rand einer Niederlage. Allerdings fand Pragg im entscheidenden Moment keine überzeugende Gewinnfortsetzung und ließ Nepomniachtchi ins Remis entschlüpfen.

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In den bisherigen fünf Runden des Kandidatenturniers hat der 18-jährige indische Großmeister einen Springer, einen Läufer, einen Turm und zahlreiche Bauern geopfert - eine eindrucksvolle Bilanz. In der Tabelle liegt Praggnanandhaa trotz dieser riskanten Strategie mit 2,5 Punkten aus 5 Partien zusammen mit Hikaru Nakamura auf dem geteilten vierten bis fünften Platz.

Ob er dieses Tempo in den folgenden neun Runden beibehält und ob er in seinen restlichen neun Partien die Gelegenheit bekommt, auch noch die Dame zu opfern, wird sich zeigen.

Am Mittwoch, in Runde sechs spielt er mit Weiß gegen Nijat Abasov, den nominell schwächsten Teilnehmer des Kandidatenturniers, der vielleicht noch durch seine Niederlage gegen Gukesh in Runde 5 angeschlagen ist.

Tabelle nach der 5. Runde

Partien

Turnierseite


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".