Russischer Schachverband versucht junge Spieler zu binden

von André Schulz
24.10.2023 – Über 200 russische Sportler haben ihrer Heimat nach dem russischen Angriff auf die Ukraine den Rücken gekehrt und das Land verlassen. Die größte Gruppe stellt mit 150 Spielern der Schachsport. Durch langfristige finanzielle Förderung will der Russische Schachverband seine Talent nun binden. Im Sommer schloss der Verband einen Zehnjahresvertrag mit Andrey Esipenko. | Foto: Niki Riga

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Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine haben zahlreiche russische Sportler ihrer Heimat den Rücken gekehrt, darunter eine große Anzahl von Schachprofis. Schon gleich zu Anfang hatten viele russische Schachspieler in einem offenen Brief im Internet ihren Protest gegen den Überfall zum Ausdruck gebracht. Viele russische Spieler zogen aus Überzeugung oder aber auch aus pragmatischen Gründen ihre persönlichen Konsequenzen, verließen ihr Heimatland und wechselten den Schachverband.

Nach dem russischen Angriffskrieg wurden die russischen Sportverbände auch von den internationalen Wettbewerben ausgeschlossen, insbesondere in Europa. In vielen Sportarten konnten russische Sportler gar nicht mehr teilnehmen, im Schach erlaubte die FIDE russischen Spielern unter der Flagge des Weltschach-Verbandes an internationalen Turnieren teilzunehmen. Von Mannschaftswettbewerben blieb der Russischen Schachverband ausgeschlossen. Dieser zog daraus ebenfalls seine Konsequenz und wechselte von der Europäischen Schachunion in den Asiatischen Schachverband. 

Unter den russischen Schachprofis, die aus der unerquicklichen Situation Konsequenzen zogen, befanden sich auch eine Reihe von bekannten Spielern, darunter Nikita Vitiugov (nun England, Evgeny Alexeev (Israel), Vladimir Fedoseev und Anton Demchenko (Slowenien), Alexander Motylev (Rumänien), Alexey Sarana und Aleksandr Predke (Serbien) oder Sanan Sjugirov (Ungarn). Die frühere Weltmeisterin und vielfache Nationalspielerin Alexandra Kosteniuk wechselte in den Schweizer Verband. 

Der Russische Schachverband hat nun ein Förderprogramm für junge Spieler ins Leben gerufen und schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen bindet er junge Spieler, die an dem Programm teilnehmen wollen, langfristig an den Verband. Zum anderen werden russische Trainer, die wegen fehlender Turniere unter Beschäftigungsmangel leiden, mit Aufgaben betraut. 

Junge Spieler, die an dem Förderprogramm teilnehmen möchten, müssen sich auf zehn Jahre verpflichten, im Russischen Verband zu bleiben. Sollten sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, müssen Sie die Leistungen, die sie in Anspruch genommen haben, an de Verband zurückzahlen.

Auf diese Weise hofft der verband, den Auszug der russischen Talent zu stoppen. Im vergangenen Sommer hat der Russische Verband mir Andrej Esipenko, dem größten russischen Talent, einen entsprechen Zehnjahresvertrag geschlossen. 14 weitere ausgesuchte Talente wurden sechs Trainern der russischen Nationalmannschaften zur Betreuung zugewiesen.

In der Länderliste der FIDE hat der Russische Schachverband kürzlich seinen zweiten Platz an Indien verloren und könnte bald auch von China überholt werden. Nur noch vier der russischen Spieler die im Verband verblieben sind, weisen eine Elozahl über 2700 auf. Unter den Top 100 männlichen Jugendlichen ist Russland auch nur noch mit vier Spielern vertreten. Zum Vergleich: Indien hat 21 Junioren unter den weltbesten Jugendlichen, die USA 14.

Meldung bei TASS...

Der Exodus russischer Spieler hält an...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.