IFA 2001
Berlin |
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Schach im Fernseher: Starker Auftritt von
Shirov
Technik: Alles easy
Die Lübecker galaxis technology ag stellt
digitale Satelliten- und Kabelempfänger, Antennenschüsseln und TV-Karten für
PCs her. Neuestes Kind der Entwicklungsabteilung ist die PC-Set-Top-Box. Hinter
dem Wort mit den vielen Bindestrichen verbirgt sich ein digitaler Satelliten-Empfänger
mit eingebautem PC. Dieser wird über eine integrierte Software gesteuert, die
so aufgebaut ist, dass aus dem PC-Anwender ein TV-Zuschauer wird. Mit anderen
Worten: Wer keine Lust hat, sich mit der oft "frickeligen" PC-Technik
auseinander zu setzen, kann über die PC-Box, die sich wie ein Fernseher
bedienen lässt, trotzdem PC-Programme laufen lassen oder zum Beispiel das
Internet nutzen - zusätzlich zur Funktion der Box als digitaler Empfänger.
Presseresonanz
Vergangenen Freitag war Premiere: An seinem gut besuchten Stand in Halle 4.2 auf
der Internationalen Funkausstellung galaxis präsentierte die PC-Box gleich im
Härtetest: Der amtierende Computerschachweltmeister Shredder gegen den
amtierenden FIDE-Vizeweltmeister Alexei Shirov. Shirov war extra für diese
Veranstaltung aus Riga, wo er zur Zeit lebt eingeflogen worden, und zeigte sich
in Berlin nicht nur schachlich voll auf der Höhe, sondern auch ansonsten
rundherum zufrieden. Vielleicht lag es daran, dass er gerade in Riga geheiratet
hat.
Zuschauer vor dem galaxis-Stand
Schach auf Groß-Bildschirmen
Als Zuschauer hatte galaxis Geschäftsfreunde,
Kunden und Pressevertreter eingeladen, die im geschlossenen galaxis-Stand den
immer wieder spannenden Kampf zwischen Mensch und Maschine verfolgten. Aber auch
außerhalb des Standes konnte man über Großbildschirme Shirov beobachten und
die Partien verfolgen. Die Schachpresse war übrigens durch Raj Tischbierek,
Dirk Poldauf (Schach), Harald Fietz (Schachmagazin 64) und Dagobert Kohlmeyer
(Rochade, dpa) vertreten.
Zuschauer im galaxis-Stand
Schachkenner: Raj Tischbierek, Rainer Polzin,
Eckerhardt von Strompowski, Dirk Podauf
Mensch gegen Maschine: Seit Jahren gibt es diese
interessante Auseinandersetzung im Schach und bis heute ist sie nicht
entschieden. Was sich aber ständig ändert, ist die Größe der Maschinen.
Kasparov trat gegen den IBM-Schrank Deep Blue an, bei den Frankfurt Classic 2000
war der Gegner der Spitzenspieler ein kühlschrankgroßer Fujitsu -Siemens
Server, ein Jahr später in Mainz war dieser zum Pocket-PC geschrunpft und jetzt
spielen schon die "Videorecorder" - diese Größe hat die PC-Box in
etwa, obwohl sie natürlich kein Videorekorder ist - so stark, dass sie
menschliche Super-Großmeister herausfordern können.
Die PC-Box wird mit 800 Mhz angekurbelt und verfügt über die heute üblichen
Arbeitsspeichergrößen von 128 MB. Auf der 20 Gigabyte-Festplatte ist viel
Platz für alles, was man speichern möchte.
Shirov meinte, für ihn sei es auch neu gegen
eine "Black Box" zu spielen.
Shirov: Stark
In der Partie gegen Shredder, quasi gerade aus
Maastricht angereist, wo er seinen Titel Mikroprozessor-Weltmeister verteidigte,
sah es nach der Eröffnung optisch etwas besser für die Maschine aus, doch
entfachte Shirov mit einem Figurenopfer einen heftigen Angriff, aus dem sich
Shredder nur noch mit Rückopfer und Übergang in ein verlorenes Endspiel
befreien konnte. Die Partie wurde mit 20 Minuten plus 10 Sekunden für jeden Zug
gespielt. Shirov spielte direkt mit der Maus am Bildschirm, eine
Extra-Zugabezeit wegen der Mausbedienung wollte er nicht. Am Ende verbrauchte er
sogar weniger Zeit als Shredder. Hinzu kommt übrigens als weiterers Handicap
für den Vizeweltmeister, dass es in der Messehalle nicht eben leise war, im
Gegenteil. Auch gegen einen Livekommentar zur Partie am Stand hatte er nichts
einzuwenden. Eine starke Leistung unter widrigen Bedingungen!
Partie
Shredder gegen Shirov zum Nachspielen...
Fritz 7: Weltverbindend
Nach einer Pause, in der die Zuschauer sich am
Büffet stärken konnten, gab es den ersten öffentlichen Auftritt der neuen
Fritz 7 Oberfläche. Diese bietet als Hauptneuheit einen komplett neuen
Programmteil, mit dem Zugang zum ebenfalls neu entwickelten ChessBase-
Schachserver bekommt. Wer Fritz7 und einen Internetzugang hat, wird sich dort
ohne Weiteres einloggen und verschiedene Angebote nutzen können, zum Beispiel
gegen andere Schachfreunde spielen. Man kann aber auch einfach ein Schwätzchen
halten (engl.: chatten) oder analysieren. Weitere Angebote werden nach und nach
hinzu kommen.
Für die erste öffentliche Vorführung hatten
sich schon einige Spieler und Mitarbeiter auf dem Server eingeloggt und standen
bereit gegen Shirov oder gegeneinander zu spielen.
Nachdem sich Shirov angemeldet hatte, dauerte es ungefähr eine Nanosekunde bis
die erste Herausforderung zu eine Partie auf dem Fritz 7- Bildschirm erschien,
und zwar von Murugan.
Murugan
Der 12-Jährige, frischgebackener
Commonwealth-Meister unter 20(!), hatte wahrscheinlich schon seit einiger Zeit
in London an seinem PC darauf gelauert, dass sich der große Alexei einloggt und
dann blitzschnell seine Herausforderung geschickt. Und er hatte Glück: er
durfte gegen den Vizeweltmeister blitzen.
Blitz gegen Murugan
Ursprünglich war vorgesehen, das Shirov gegen
die beiden indischen GMs Shashikiran und Kunte spielen sollte, diese hatten sich
aber irgendwie auf dem Server verlaufen, bzw. waren fehlgeleitet worden. Das
gleich Schicksal erlitt GM Karsten Müller in Hamburg. Nach einiger Zeit kamen
aber die beiden Spieler aus Indien im Server an. In der Zwischenzeit spielte
Shirov weitere Partien gegen Murugan (eigentlich: Thirumurugan Thiruchelvan) und
gegen Elisabeth Pähtz. Später folgten Partien gegen Shashirikan. Die Probleme
beim Anschluss mit GM Abdjhit Kunte konnten leider in der kurzen Zeit nicht
behoben werden.
Einige
Blitzpartien zum Nachspielen...
Problembeseitigung: Shirov, Friedel
Witzige Episode am Rande: Beim Teste von Fritz7
vor der offiziellen Veranstaltung daddelte Shirov gegen Matthias Wüllenweber,
Geschäftsführer von ChessBase. Letzterer wusste aber nicht, gegen wen er das
gerade spielte, der Teilnehmer hatte sich als "Guest" angemeldet, und
schickte die Botschaft: "Andre, bist du's?" herüber. Er dachte, dass ChessBase-Mitarbeiter Andre Schulz auf der anderen Seite spielte. Frederic Friedel, ebenfalls vor Ort, tippte ein schlichtes "Nein" ein, und dann dämmerte es Matthias Wüllenweber doch schnell, wer ihm da gerade an die Gurgel ging: "Hi, Alexei!"
Nach den Blitzpartien, Alexei gewann trotz des Lärms alle bis auf zwei, die remis ausgingen, konnte jeder, der wollte über Internet gegen einen der Anwesenden spielen. IM Rainer Polzin aus Berlin zeigte, dass er ein versierter Internet-Spieler ist und gwann u.a. gegen Murugan. Schließlich spielte galaxis-Geschäftsführer Winfried Klimek gegen ChessBase Geschäftsführer Matthias Wüllenweber. Als es kritisch wurde, holte er sich Rat von einer sehr starken "Schachengine" aus Riga.
Winfried Klimek (galaxis), Frederic Friedel
(ChessBase)
Winfried Klimek ohne ...
... und mit "Luftüberwachung".
Fritz 7 erscheint übrigens im Oktober. In Kürze beginnt eine öffentliche Beta-Phase, an der sich jeder beteiligen kann. Auf der ChessBase Webseite wird dann bekannt gegeben, wo man sich die Fritz7-Beta
downloaden kann.
Frederic Friedel vor der Oper