Das 14. Zeeland – Open in Vlissingen
Von Gerd Densing
Vom 07. – 14. August 2010 fand in Vlissingen (Zeeland) in den Niederlanden
bereits die 14. Auflage des beliebten Schachopens statt.
Arion Hotel GM Hotel am Boulevard von Vlissingen
Der
Austragungsort, die Hochschule von Zeeland in Vlissingen bot auch dieses Jahr
hervorragende Turnier- und Spielbedingungen für die rund 250 Teilnehmer des
Schachopens. „Zeeland“ und hier insbesondere die Halbinsel „Walcheren“ ist bei
Nordseeurlaubern aus den Niederlanden und Deutschland sehr beliebt und bot auch
den vielen Schachspielern zwischen den Runden viel Freizeit- und
Erholungsmöglichkeit.
Traditionell
waren viele einheimische Amateure, einige Profis verschiedener Nationen und auch
„deutsche Urlauber und Schachspieler“ wieder mit dabei.
Die Spitzenbretter
Die Spitzenbretter von außen
Die Hochschule
Rückansicht der Hochschule
An der Spitze des
Feldes war das Turnier mit rund 35 Titelträgern ähnlich stark besetzt wie in den
Vorjahren. Im „mittleren“ Spielstärkebereich zwischen 1900 – 2200 waren aber
deutlich mehr stärkere Spieler am Start, sodass im Gesamtschnitt das
Turnierniveau gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist.
Bemerkenswert für
das Turnier ist auch stets der interessante Mix von Teilnehmern aus den
verschiedensten Nationen. Dabei war Deutschland mit über 20 Teilnehmern und
Teilnehmerinnen die zahlenmäßig am stärksten vertretene Nation neben den
Gastgebern.
Deutsche Duelle: Henrichs gegen Michalczak
Hoffmann gegen Kohlweyer
Zelbel gegen Henrichs
Hervorzuheben ist
auch dieses Jahr wieder die perfekte Organisation und Turnierdurchführung incl.
täglicher Bulletins, guter Verpflegung/Gastronomie, Bücherstand,
Live-Übertragung der ersten 10 Bretter in’s Internet sowie Live-Übertragung über
Public-Viewing in den gemütlichen Analysebereich, optimale und schnelle
Datenaufbereitung auf der Turnierseite im Internet mit vielen Fotos und Partien
zum Nachspielen … und nicht zuletzt die äußerst (gast)freundliche Stimmung unter
allen Teilnehmern.
Zum zweiten Mal übernahm der international
erfahrene und bekannte Schiedsrichter Leon Muijs die Funktion des
Hauptschiedsrichters in Vlissingen, wobei es keine nennenswerten Streit- bzw.
Protestfälle gab.
Untergebracht
waren die nicht einheimischen Spieler in den verschiedensten Hotels und
Pensionen in Vlissingen, wobei die Top-Gesetzten Großmeister – sowie der
Berichterstatter - im Arion-Hotel unmittelbar am Boulevard/Strand von Vlissingen
einen angenehmen Schach-Urlaubs-Aufenthalt genießen konnten. Die täglichen
Dinners an einer großen Tafel (7 Spieler, davon 5 GM’s und 2 „Amateure“) waren
nicht nur schmackhaft, sondern die Gespräche waren äußerst interessant,
unterhaltsam und es war eine super Stimmung unter den Hotelgästen.
Der
Turnierverlauf war dieses Jahr völlig offen und sehr spannend. Klar gab es auch
hier in den Anfangsrunden das ein oder andere unerwartete Remis oder auch der
ein oder andere Favoritensturz. Nach den ersten 5 Runden setzten sich GM
Ikonnikov und GM L’Ami mit voller Punktausbeute an die Spitze des Feldes, wobei
Ikkonikov die ein oder andere kritische Situation gegen wesentlich schwächere
Gegner wohl der glücklichere war und der Niederländische Top-GM einen wesentlich
souveräneren und solideren Eindruck hinterließ.
Elo-Favorit GM
Sasikiran fiel nach einem Remis in Runde 3 zurück und GM Fedorchuk war nach
einer frühen Niederlage in Runde 3 nur im Verfolgerfeld zu finden.
Einen über das
gesamte Turnier hinweg sehr soliden Eindruck hinterließen neben GM Hoffmann die
deutschen IM Kohlweyer, IM Zaragatski und IM Henrichs. Auch FM Zelbel und FM
Michalczak waren mehr oder weniger regelmäßig an den Top-Brettern bzw. vorderen
Brettern zu finden.
Interessante und
für den Turnierverlauf wichtige Partien waren die Begegnung zwischen GM Erwin
L’Ami und Ilja Zaragatski. In dieser Partie war letztendlich im Endspiel der
Niederländer der glücklichere, da der deutsche IM im Endspiel wohl eine
Remischance ausließ. Auch das Damenendspiel zwischen FM Zelbel und GM Sasikiran
unter „normalen“ Umständen remis zu halten sein, sodass auch hier ein Wenig
Glück bzw. Pech im Spiel war.
Zelbel gegen Sasikiran
Auch die
niederländische Nachwuchshoffnung Anne Haast behauptete sich sehr lange gegen
den am weitesten angereisten und hoch favorisierten Großmeister aus Indien.
Haast gegen Sasikiran
Nach mehreren
Remispartien von GM Fedorchuk hat sich dieser früh aus dem Titelrennen
verabschiedet. In einer Schlüsselpartie der vorletzten Runde setzte sich der
indischen Top-Großmeister Sasikiran wohl etwas glücklich gegen Ikkonikov in der
Schlußphase in einem spannenden Endspiel, bei beiderseitig hochgradiger Zeitnot
(jeweils nur noch zwischen 3 – 5 Minuten für den Rest der Partie) im „Bullet-Stil“
durch. In einer weiteren wichtigen Partie der vorletzten Runde setzte sich der
äußerst sympathische GM Erwin L’Ami nach einer interessanten Königswanderung
gegen Landsmann IM Burg Twan durch.
Vor der letzten
Runde waren mit Erwin L’Ami und Krishnan Sasikiran zwei Spieler mit je 7 Punkten
gleichauf, gefolgt von Thomas Henrichs und Ilja Zaragatski mit je 6,5 Punkten.
Danach folgte ein breites Verfolgerfeld mit einem Dutzend Spielern mit 6
Punkten.
Interessant und
erwähnenswert ist, dass die beiden Top-Platzierten bereits in der 7 Runde
aufeinandertrafen und remis spielten und der Turniersieg „per Fernduell“ –
jeweils gegen einen Deutschen Spieler entschieden wurde.
Während die
Partie zwischen Sasikiran und Zaragatski nach langer Spielzeit und hohem
Zeitverbrauch auf beiden Seiten früh verflachte und im späten Mittelspiel ein
Remis vereinbart wurde,
Zaragatski und Sasikiran bei der Analyse
offenbarte sich
in der Begegnung zwischen L’Ami und Henrichs richtiges Kampfschach.
Der Niederländer
spielte mit Weiss voll auf Gewinn – wie im gesamten Turnierverlauf zur Freude
der vielen niederländischen Fans und Zuschauer sehr offensives und aggressives
Schach - und riskierte letztendlich am Ende zu viel.
Thomas Henrichs
war offenbar gut vorbereitet, verteidigte sich geschickt, hielt dem Druck gut
stand und erhielt gutes Gegenspiel, sodass in dieser Partie – nach wesentlich
kürzerer Zeit als am Nachbarbrett – eine Entscheidung fiel, mit einem vollen
Punkt für Schwarz!
Der Analyseraum
Und die Terasse dahinter
Somit wurde der
indische GM Krishnan Sasikiran Sieger des diesjährigen Opens in Vlissingen,
nachdem er bereits im Jahre 2004 schon einmal das Turnier gewann. Punktgleich
mit 7,5 Punkten wurde Thomas Henrichs geteilter erster, wobei nach Feinwertung
der indische Spieler ganz vorne lag. Ilja Zaragatski komplettierte mit einem
halben Punkt Rückstand das Siegertrio.
Glückwunsch an Thomas Henrichs
Pokal für Sasikiran
Die beiden Besten
Herzlichen
Glückwunsch für die hervorragende Leistung, vor allem der deutschen Top-Spieler
in Vlissingen.
Aufgrund der
vorhandenen Turnierbedingungen (9 Runden Schweizer System, viele Titelträger aus
vielen Nationen) bestand auch dieses Jahr die Möglichkeit – entsprechend starkes
Spiel vorausgesetzt – Titelnormen zu erreichen.
Bereits vor der
letzten Runde stand fest, dass der niederländische Spieler FM Sander Van Eijk
eine IM-Norm erreichte. Durch sein Remis in der letzten Runde erspielte sich IM
Ilja Zaragatski eine GM-Norm!
GM-Norm für Ilja Zaragatski
Herzlichen
Glückwunsch dazu. Bei der Siegerehrung gab es dann auch entsprechende
Sonderpreise für die Norm-Erfüllung.
Ein weiterer
starker deutscher IM und vielfacher Vlissingen-Teilnehmer, Bernd Kohlweyer,
verpasste in der letzten Runde nur ganz knapp eine GM-Norm. Das Remis gegen GM
Ikkonikov reichte am Schluss nicht aus.
Von einem
„überraschenden/ausgekämpften“ Remis gegen den Berichterstatter in Runde 1
erholte sich die niederländische Nachwuchshoffnung WIM Anne Haast wohl ganz gut
und belegte mit 6,5 Punkten einen sehr guten Rang 21. Sie war damit beste Dame
im Feld. Die deutschen „Mädels“ WIM Sarah Hoolt (6 Punkte/32.) und WIM Judith
Fuchs (5,5 Punkte/48.) zeigten – vor allem auch gegen nominell stärkere Spieler
– in einigen Partien sehr gute Leistungen und waren auch weit vorne zu finden.
Bücherstand
Hier eine
Kurzübersicht über die vorderen Tabellenplatzierungen:
Endstand:
Rank |
Name |
Flags |
Score |
M/F |
Rating |
TPR |
W-We |
BH |
SB |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
8 |
9 |
1 |
GM Sasikiran, Krishnan |
|
7.5 |
M |
2679 |
2694 |
+0.29 |
57.5 |
47.25 |
1 |
1 |
½ |
1 |
1 |
1 |
½ |
1 |
½ |
2 |
IM Henrichs, Thomas |
|
7.5 |
M |
2490 |
2611 |
+1.40 |
54.0 |
44.75 |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
1 |
½ |
1 |
1 |
3 |
IM Zaragatski, Ilja |
|
7.0 |
M |
2472 |
2623 |
+1.84 |
55.0 |
40.75 |
1 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
½ |
½ |
4 |
IM Brandenburg, Daan |
|
7.0 |
M |
2514 |
2551 |
+0.49 |
54.5 |
41.75 |
1 |
½ |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
½ |
1 |
5 |
GM L'Ami, Erwin |
|
7.0 |
M |
2620 |
2660 |
+0.54 |
54.5 |
40.0 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
1 |
0 |
6 |
GM Fedorchuk, Sergey |
|
7.0 |
M |
2665 |
2600 |
-0.49 |
53.0 |
40.0 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
1 |
7 |
IM Pruijssers, Roeland |
|
7.0 |
M |
2462 |
2571 |
+1.37 |
53.0 |
39.0 |
1 |
1 |
1 |
1 |
½ |
0 |
1 |
½ |
1 |
8 |
GM Ikonnikov, Vyacheslav |
|
6.5 |
M |
2578 |
2597 |
+0.47 |
56.0 |
38.75 |
1 |
1 |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
0 |
½ |
9 |
GM Erdos, Viktor |
|
6.5 |
M |
2592 |
2540 |
-0.36 |
54.5 |
37.5 |
1 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
½ |
½ |
½ |
10 |
GM Nijboer, Friso |
|
6.5 |
M |
2582 |
2530 |
-0.39 |
54.0 |
38.0 |
1 |
1 |
1 |
1 |
½ |
0 |
1 |
½ |
½ |
11 |
IM Guidarelli, Laurent |
|
6.5 |
M |
2433 |
2459 |
+0.56 |
53.5 |
37.75 |
1 |
½ |
1 |
1 |
½ |
½ |
1 |
½ |
½ |
12 |
IM Kohlweyer, Bernd |
|
6.5 |
M |
2436 |
2557 |
+1.40 |
53.5 |
37.5 |
1 |
1 |
½ |
1 |
1 |
½ |
½ |
½ |
½ |
13 |
GM Hoffmann, Michael |
|
6.5 |
M |
2517 |
2488 |
-0.14 |
53.0 |
37.0 |
1 |
1 |
1 |
½ |
½ |
1 |
½ |
½ |
½ |
14 |
GM Haslinger, Stewart |
|
6.5 |
M |
2552 |
2463 |
-0.73 |
53.0 |
36.25 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
0 |
1 |
½ |
15 |
FM Zelbel, Patrick |
|
6.5 |
M |
2345 |
2473 |
+1.62 |
52.5 |
34.25 |
1 |
1 |
1 |
1 |
0 |
0 |
1 |
1 |
½ |
16 |
FM Freeke, Matthieu |
|
6.5 |
M |
2315 |
2387 |
+0.91 |
51.5 |
35.0 |
1 |
1 |
½ |
½ |
½ |
1 |
1 |
0 |
1 |
17 |
IM Leenhouts, Koen |
|
6.5 |
M |
2407 |
2348 |
-0.36 |
51.0 |
35.0 |
1 |
0 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
½ |
1 |
18 |
FM De Jong, Migchiel |
|
6.5 |
M |
2358 |
2424 |
+0.96 |
51.0 |
34.75 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
0 |
1 |
1 |
½ |
19 |
GM Van den Doel, Erik |
|
6.5 |
M |
2591 |
2429 |
-1.33 |
50.0 |
34.75 |
1 |
1 |
½ |
1 |
0 |
½ |
½ |
1 |
1 |
20 |
IM Bosboom, Manuel |
|
6.5 |
M |
2455 |
2411 |
-0.26 |
49.5 |
34.25 |
1 |
1 |
1 |
0 |
½ |
1 |
½ |
½ |
1 |
21 |
Haast, Anne |
|
6.5 |
F |
2240 |
2292 |
+0.72 |
48.5 |
33.25 |
½ |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
22 |
IM Afek, Yochanan |
|
6.5 |
M |
2310 |
2272 |
-0.21 |
48.0 |
34.0 |
1 |
0 |
1 |
1 |
1 |
0 |
½ |
1 |
1 |
23 |
IM Bitalzadeh, Ali |
|
6.5 |
M |
2415 |
2459 |
+0.73 |
48.0 |
31.75 |
1 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
0 |
1 |
½ |
24 |
IM Roeder, Matthias |
|
6.5 |
M |
2392 |
2371 |
-0.01 |
47.0 |
32.0 |
1 |
1 |
1 |
½ |
0 |
½ |
½ |
1 |
1 |
25 |
Admiraal, Miguoel |
|
6.5 |
M |
2221 |
2272 |
+0.77 |
46.0 |
32.5 |
1 |
0 |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
½ |
1 |
26 |
Balje, Jan |
|
6.5 |
M |
2204 |
2149 |
-0.33 |
45.5 |
32.0 |
1 |
½ |
½ |
½ |
1 |
1 |
0 |
1 |
1 |
... 248 Spieler
Am Schluss bleibt
festzuhalten, dass in Vlissingen wieder einmal ein sehr spannendes,
interessantes und schönes Urlaubs-Open ausgetragen wurde und sicherlich sehr
viele Spieler, Profis wie Amateure, nächstes Jahr sehr gerne wieder kommen.
Internetlink zur
Turnierseite: www.hztoernooi.nl
Die
Turnierberichte (Bulletins, in niederländisch), Tabellen, Paarungslisten,
weitere Fotos sowie Partien sind auf der Turnierseite verfügbar.
Einige weitere
Bilder:
Viktor Erdos
Die vorderen Bretter
WGM Mihaela Sandu
Boulevard und Strand