»Ich
gebe Smudo einen Offizier vor«
Tina Mietzner ist die »Vorzeigefrau« des Dresdner Schachfestivals
Schach ist schön. Und das liegt nicht nur am Glanz der Kombinationen auf dem
Brett: Wie attraktiv das Spiel der Könige ist, davon überzeugt uns Tina
Mietzner aus Dresden. Die 20-jährige Jurastudentin ist die Vorzeigefrau auf den
Einladungen und in der Werbung für das Schachfestival Dresden 2004, das seit
dem 14. und noch bis zum 25. Juli Fans in die Elbmetropole lockt. Höhepunkte
des Programms: Deutschlands einziges Grand Prix-Turnier, das »ZMD-Open«,
gesponsert von Sachsens Chiphersteller Nr. 1, sowie die Deutsche
Familienmeisterschaft heute und das Urlauber- und Touristenturnier am Sonntag.
Auch Tina Mietzner geht in Dresden an den Start. Die Vize-Europameisterin 2000
(in der Gruppe U-16) hat Schach bereits als Vierjährige gelernt und hält den
Rekord als mehrfache deutsche Jugendmeisterin, nämlich in sechs Altersklassen
nacheinander. Außerdem ist die angehende Zivilrichterin gerade nominiert worden
für die Nationalmannschaft bei der Schacholympiade 2004 im Oktober auf
Mallorca. René Gralla sprach mit ihr.
ND: Frau Mietzner, Sie sind Cover-Girl des Schachfestivals Dresden 2004.
Von so einer Chance träumen viele junge Frauen: Macht Sie das ein bisschen
stolz?
Mietzner: Ja, natürlich. Nur eine Sache macht mich etwas traurig: Vor
manchen Schachspielern muss ich mich jetzt rechtfertigen, die finden das Ganze
etwas unpassend.
Das werden aber wohl nicht die Männer sein?
Nein. Das stimmt. Von den Männern kommt eigentlich nie etwas
Negatives.
Während Ihre Sportskolleginnen lästern?
Offen ins Gesicht sagt mir das keine. Aber indirekt kriegt man das
schon mit. Vielleicht ist das einfach bloß Neid und Eifersucht.
Dieses geteilte Echo auf Ihre neue Medienpräsenz erinnert an die
Kritik, die sich die Europameisterin Alexandra Kosteniuk regelmäßig gefallen
lassen muss. Die Russin arbeitet gleichzeitig auch als Model: Das freut die
Presse, dagegen reagieren weibliche Mitbewerberinnen deutlich genervt.
Das läuft sehr ähnlich, denke ich. Wobei sich Alexandra richtig
professionell vermarktet – und damit beweist, dass ihre Zweitkarriere als
Model das schachliche Können in keiner Weise beeinträchtigt hat.
Sind die Kritiker denn nicht sowieso hoffnungslos altmodisch? Schach
braucht Werbung in der modernen Mediengesellschaft, und die perfekte PR für das
Spiel ist eine attraktive junge Frau wie Sie.
Die Natur des Schachspiels ist wissenschaftlich. Aber diese
Wissenschaftlichkeit wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass man etwas Glamour
hineinbringt. Glamour schafft allein den äußeren Rahmen – trotzdem muss man
doch weiterhin genauso gut Schach spielen können.
Sie studieren Rechtswissenschaft: Wie finden Sie denn da noch Zeit für
das Schachtraining?
Ja, das ist wirklich extrem. Aber da ich Schach als Hobby betreibe,
bereitet es mir Freude zu spielen; und es fällt mir nicht schwer, dafür zusätzlich
Zeit zu opfern. Das sind pro Woche rund fünf Stunden.
Was fasziniert Sie an diesem strategischen Spiel?
Das ständige Streben nach Perfektion. Schach entwickelt viele positive
Eigenschaften, die man auch im Alltag nutzen kann. Vor allem das logische
Denken, das ist fundamental. Das hilft mir sehr in meinem Jurastudium: dass ich
Zusammenhänge viel schneller und besser begreife als andere Leute.
Haben Sie noch andere Hobbys? Gehen Sie auch mal tanzen?
Super gerne. Und meine Lieblingsgruppe heißt »No Doubt«.
Wie gefallen Ihnen die »Fantastischen Vier« mit Smudo?
Auch gut!
Smudo spielt leidenschaftlich Schach, er soll ein ELO-Rating von ungefähr
1300 besitzen. Sie sind beinahe doppelt so stark, haben ELO 2242: Hätten Sie
dennoch Lust auf eine Partie gegen Smudo?
Klar! Und ich gebe ihm sogar einen Offizier vor, da bin ich nicht so.
(ND 17.07.04)