Formel zur Berechnung der ELO-Zahl von FIDE geändert
Ein kleiner Ausflug in die wunderbare Welt des K-Koeffizienten
Welcher Turnierschachspieler kennt ihn nicht, den Blick nach einem zu Ende gespielten Turnier auf die gerade neu erspielte DWZ- oder ELO-Zahl? Man will ja schließlich wissen, wie man im Vergleich „dasteht“ und ob sich das viele Üben auch gelohnt hat. Bisher war es so, dass die erbrachten Leistungen bei Erwachsenen, Positive wie Negative, bei der Deutschen Wertungszahl DWZ in stärkeren Veränderungen ihren statistischen Ausdruck fanden. Die ELO-Zahlen dagegen veränderten sich eher schleppend: Ein Zugewinn war selbst bei guter Leistung eher schmal, ein Verlust nach schwächerem Turnier eher moderat. Im Vergleich war die ELO-Zahl also „stabiler“ als die DWZ.
Deswegen staunte ich nicht schlecht, als ich nach dem kürzlich zu Ende gegangenem „Lichtenberger Sommer“ die neu berechnete, „frische“ ELO-Zahl direkt von der FIDE erhielt. Mit einem ELO-Verlust war nach einigen erfolglosen Partien gegen wertungsschwächere Spieler zu rechnen gewesen. Das beim Turnier verwendete Auslosungsprogramm hatte dementsprechend für meine mäßige Leistung einen zu erwartenden Verlust von 11 ELO-Punkten berechnet und prognostiziert. Umso größer war nun die unangenehme Überraschung, als es jetzt offiziell auf der FIDE-Webseite zu lesen stand: - 22 ELO-Punkte. „Nanu!“, dachte ich mir, das ist aber ein erheblicher Unterschied zu der erwarteten Einbuße von lediglich 11 Punkten, in Prozent ausgedrückt immerhin 100 %!
Derartige Phänomene wecken meine Neugier, sind sie doch geeignet, das Vertrauen in altgewohnte, sicherheitsspendende Abläufe zu erschüttern. Was war geschehen? Bei genauerer Betrachtung der Turnierauswertung bei der FIDE fiel auf, daß zur Berechnung der neuen Wertzahl erstmals ein anderer - und zwar höherer - „K-Koeffizient“ verwendet wurde, in Zahlen ausgedrückt: 20 statt 15. Ohne in die dahinterliegenden mathematischen Gesetzmäßigkeiten näher einsteigen zu können oder zu wollen, muß man hierzu wissen, daß der K-Koeffizient hauptsächlich für die „Entwicklung“ = Schwankung der ELO-Zahl „zuständig“ ist. Anders gesagt, je größer der K-Koeffizient, desto größer die Abweichung von der „alten“ ELO-Zahl.
Der K-Koeffizient von 20 wurde bislang von der FIDE nur für die Auswertung von Blitz- und Schnellschachturnieren verwendet, zur Auswertung von Turnierpartien von Spielern unter ELO 2400 war es bisher immer die 15, die als Koeffizient verwendet wurde. „Aha, da hat man also irrtümlich den falschen Koeffizienten benutzt“, dachte ich mir und stellte eine Direktanfrage bei der FIDE.
Die rasche und freundliche Antwort der FIDE lief aber auf etwas ganz anderes hinaus: Da hatte die oberste Schachorganisation die Regeln zur Berechnung der ELO-Zahlen schon im Juli 2014 verändert und keiner hat es bisher so richtig bemerkt! Unser Freund, der K-Koeffizient, ist nun offiziell bei Turnierpartien von Spielern unter 2400 stets und immer 20, nachzulesen auch im neuen FIDE-Handbuch unter Punkt 8.56 (http://www.fide.com/fide/handbook.html?id=172&view=article ). Wie konnte ich nur glauben, daseine derart erfahrene und große Schachorganisation wie die FIDE einen simplen mathematischen Fehler macht?
Zukünftig müssen sich nun alle Schachspieler unter ELO 2400 darauf einstellen: Eine gute Turnierleistung wird durch einen größeren ELO-Zuwachs belohnt, eine schwächere Turnierleistung dagegen durch einen deftigeren ELO-Verlust statistisch „bestraft“. Für Spieler über ELO 2400 gilt nach wie vor der K-Koeffizient 10, für neue Spieler (bis 30 Partien) und Jugendliche unter 18 Jahren (bis ELO 2300) gilt der K-Koeffizient von 40. Es kommt also mehr Bewegung in die ELO-Landschaft. Über meinen größeren Verlust tröstet nun natürlich die Hoffnung, dass „Kollege K-Koeffizient“ beim nächsten Turnier bei gutem Spiel für gerechten Ausgleich sorgen möge.
FIDE-Handbook...
Artikel bei Wikipedia zur Eloformel...