Adventskalender 2016 (12): Der Dreijährige, der mit Karpov blitzt

von Vera Jürgens
12.12.2016 – Der Adventskalender für die Leser der ChessBase-Nachrichten: Jeden Tag halten wir ein Türchen in der Adventszeit zum Öffnen bereit. Am 12. Dezember zeigen wir einen dreijährigen Jungen, der schon erstaunlich gut ist. Mehr...

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Der Dreijährige, der mit Karpov blitzt

Mit diesem dreijährigen Kind bräuchte es keine Sofia-Regel. Der Steppke präsentierte in einer russischen Fernsehsendung im November sein Können und wurde gleich mit Anatoly Karpov am Brett konfrontiert. Der 12. Schachweltmeister blitze mit zwei Minuten gegen zehn, und als die Zeit des Kindes ablief, bot der Gentleman ein Remis an. Anatoly Yevgenyevich erhielt eine Absage. Und dann noch eine. Später löste das Kindchen flott drei Dreizüger in Folge.

Michael Osipov blickt schüchtern in die Kamera und erobert mit seinem Lächeln die Herzen der Zuschauer. Die Fernsehshow "Du bist der Beste" widmet sich außergewöhnlichen Kindern, Talente zwischen drei und zwölf Jahren nehmen teil, der dreijährige Mischa ist eingeladen, sein Können auf dem Schachbrett zu zeigen.  

Der Steppke tritt selbstbewusst auf. Es lehnt die ihm angebotene Hilfe ab und schafft die Treppen zur Showbühne ganz allein. "Du bist schon richtig selbstständig", bemerkt der Showmaster Maxim Galkin und bittet Mischa, den Zuschauern sein größtes Hobby zu verraten. "Schach", antwortet Mischa prompt. Noch ahnt er nicht, dass er gleich sein Schachkönnen unter Beweis stellen muss. Als er erfährt, dass sein Herausforderer der 12. Schachweltmeister Anatoly Karpov höchstpersönlich ist, bleibt er gelassen. Er gibt dem Star die Hand und spricht ihn förmlich an.

Karpov: "Einen so jungen Gegner hatte ich noch nie"

Die Partie beginnt. Mischa hat Weiß und zehn Minuten auf der Uhr, Karpov spielt mit zwei Minuten. Schnell wird klar, wie gut Mischa sich in der Eröffnung auskennt. Auf die Frage Karpovs, welche Eröffnung gerade auf dem Brett stehe, antwortet er korrekt "Nimzowitsch", bevor er souverän seinen nächsten Zug macht.
"Anatoly, was versucht der Kleine gerade?", will der Showmaster wissen.
"Mich zu überspielen", antwortet Karpov und sorgt damit für heiteres Lachen unter den Zuschauern. "Einen so jungen Gegner hatte ich noch nie", fügt Karpov noch hinzu, bevor er sich in die komplizierte Brettstellung vertieft. 

"Gegen Sie werden psychologische Waffen verwendet", wirft der Showmaster ein. Karpov lacht. 
"Stimmt, er schaut mich so an, wie ich damals meine Gegner angeschaut habe. Man möchte begreifen, was in ihnen vorgeht, wie sicher und zufrieden die Gegner mit ihrer Brettstellung sind.        

Remis gegen Karpov? Abgelehnt.

Der Showmaster gibt einige Infos an die Zuschauer weiter. Er verrät, dass der kleine Mischa bereits die zweite Jugend-Schachstufe erreicht hat (entspricht einer deutschen DWZ von etwa 1500-1600).  
Im Laufe der Partie wird Mischas Zeit immer knapper. Die Zeiger haben schon die gleiche Höhe erreicht, als Karpov seinem dreijährigen Herausforderer Remis anbietet. Mischa lehnt ab und macht selbstbewusst seinen nächsten Zug.

"Du wirst die Zeit überschreiten", warnt Karpov, doch das ist dem Jungen egal. Er ist zum Schachspielen hier. Mischa lehnt auch das zweite Remisangebot ab und dann kommt es, wie es kommen muss. Das Kind überschreitet die Zeit und verliert. Am Anfang ist Mischa gefasst, doch nach und nach verliert er den Kampf gegen die Tränen.

Mischas Mama: "Karpov hat alles richtig gemacht"

Flott gelöst: Drei Mal Matt in drei Zügen

 

Zum Glück ist Mischas Mama in der Nähe, die ihrem Sohn schnell Trost spendet. Mischa beruhigt sich und erklärt sich bereit, dieses Dreizüger-Trio zu lösen:

Matt in drei Zügen

 

Matt in drei Zügen

 

Matt in drei Zügen


Mischa löst souverän alle Aufgaben. Anschließend erklärt Xenia, Mischas Mama: 

"Karpov hat alles richtig gemacht. Es wäre falsch gewesen, absichtlich zu verlieren. Was wäre das für ein Großmeister, der gegen einen Dreijährigen verliert? Das wäre für Mischa auch nicht förderlich. Nun ist mein Sohn noch motivierter, sich mit Schach zu beschäftigen. Er möchte Großmeister werden."

Xenia verrät, dass Mischa im Alter von zwei Jahren begann, sich für Schach zu interessieren. Dies geschah, nachdem er seinen Papa und seinen Großvater am Schachbrett erlebte. Am Anfang hat er nur zu Hause gespielt. Als er zwei Jahre und acht Monate alt war, haben die Eltern ihn einem Schachtrainer vorgestellt.

"In letzter Zeit interessiert er sich fürs Spielen im Internet. Es begeistert ihn, mit Schachspielern aus aller Welt zu spielen wie zum Beispiel aus Malaysia."   
 

(Website auf Russisch zum Nachlesen: http://7days.ru/entertainment/cinema/video-zvezda-proekta-luchshe-vsekh-nachal-shakhmatnuyu-kareru-v-dva-goda.htm)

Auflösung:
Sh6+, Sg5+ und Lf6

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Vera Jürgens ist eine deutsch-bulgarische Schachgroßmeisterin, Buchautorin, Übersetzerin und Psychologin. Sie ist zweifache deutsche Meisterin im Schnell- und Blitzschach. Als bulgarische und später deutsche Nationalspielerin nahm sie an vielen Europa- und Weltmeisterschaften sowie an drei Schacholympiaden teil.

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Tempelritter Tempelritter 12.12.2016 08:17
Faszinierend. Irgendwie bin ich da hin und her gerissen. Einerseits ist da das offensichtliche riesige Talent des Dreijährigen, andererseits hatte ich den Eindruck, daß ihm gar nicht bewußt war, was da um ihn herum passiert bzw. noch gar nicht bewußt sein kann. Aber ein tolles Fundstück für den Adventskalender.
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