Alina l'Ami: Bildergeschichten (1)

von Alina L'Ami
02.02.2015 – Fotos verleihen Schach ein Gesicht. Sie zeigen Schachspieler vor, während und nach der Partie, beim Fußball oder Blitz, verträumt, konzentriert, verärgert, entspannt oder gut gelaunt. Viele Fotos wirken wie zufällige Momentaufnahmen, doch oft verbirgt sich mehr dahinter. Alina l'Ami zeigt Bilder aus Wijk aan Zee und erzählt wie sie zustande kamen. Mehr...

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Je lustiger das Gesicht, desto glücklicher die Fotografin

Ich liebe es einfach, wenn es Schachspielern egal ist, ob sie fotografiert werden...meistens ist es ziemlich schwer (für mich) dem doch recht statischen Schach eine gewisse Dynamik zu verleihen, und wenn ich seltsame/lustige/ungewöhnliche Gesichter vor der Kamera habe, freue ich mich einfach! Und Schachspieler sollten akzeptieren und begreifen, dass die Medien das mögen, dass sie weder merkwürdig noch albern aussehen - im Gegenteil; das fördert das Spiel enorm, denn dies sind die Dinge, die sich verkaufen...nicht das ewige Pokerface.

"Der gehört mir!"

Dieses Foto habe ich am dritten Ruhetag geschossen, aber die Spieler haben eigentlich gar keinen Ruhetag! Ich war einigermaßen schockiert und (unangenehm) überrascht, dass Magnus & Co. eine Basketball-Session morgens um 10 Uhr früh! anberaumt hatten. Es stimmt also, leider sind nicht alle Schachspieler Nachteulen. Allerdings hätte ich dieses Sportereignis doch nur ungern verpasst - und ich hatte Recht: Es war so lustig, sie live zu sehen! Vielleicht benutze und beherrsche ich beim nächsten Mal das Fotografieren mit Blitz, denn Hallensportfotografie ist doch eine ziemliche Herausforderung.

Alle lieben Wijk aan Zee

Das Herz von Wijk aan Zee, ein kleines holländisches Dorf, das drei Wochen im Jahr zum Mittelpunkt der Schachwelt wird.

Kein wirklich fantastisches Bild, aber als mir das Wort "mannschaftsbildend" in den Sinn kam, musste ich lachen.

Ich hatte ein bisschen Angst, dass Magnus mir direkt in die Kamera schießen würde, aber was tut man nicht alles für ein gutes Foto!
Außerdem hatte ich Vertrauen in Magnus' sportliche Fähigkeiten - zu Recht.

Aus der gleichen Fußballserie: Ich persönlich habe nicht erwartet, MVL in kurzer Hose zu sehen, und gewiss nicht im Winter in Wijk!
Es ist manchmal wirklich kalt und windig und regnerisch und neblig und einfach unangenehm;
aber die Atmosphäre bleibt angenehm, sogar während der Kämpfe auf und neben des Bretts.

Es ist immer schön zu sehen, wenn sich Schachspieler amüsieren...hier beim Tata Steel Management-Abend.
Der holländische GM David Klein, der simultan gegen die Leute von Tata Steel spielte, hatte es nicht leicht.
Der Grund: er musste gegen eine Reihe von GMs antreten, die sich "heimlich" gegen ihn verbündet hatten. Besonders gut
gefallen mir Fabiano und Salem - immer, wenn ich dieses Foto anschaue, muss ich lächeln.

Ein seltener Moment der Ruhe für Magnus...nun ja, abgesehen von mir, der Fotografin.
Glauben Sie mir, Journalisten und Fotografen sind wie Geier, die sich auf ihre Beute stürzen...
dieses Foto entstand unmittelbar vor der Eröffnungsfeier und Magnus hat sich wahrscheinlich
überlegt, wie er die Medien auf Abstand halten kann.

Ein beliebtes Foto - das einem Erfolgsrezept folgt: zwei Weltmeister und der Lokalmatador...
dazu die Künstler, die bei der Eröffnungsfeier eine große Show abgeliefert haben. Mit gefiel das Bild auch,
es hat alles, was Glamour braucht. Generell mag ich weniger Pose und mehr Paparazzi-Stil - soll heißen,
die Fotografierten wissen nicht (oder vergessen), dass ich da bin. In gewisser Weise ist es bei diesem Foto so,
denn niemand schaut in meine Kamera.

Das Gesetz des Dschungels

Wenn ich dieses Foto sehe, muss ich immer lachen - einen kleinen Stich ins Herz gibt es mir allerdings auch....Ich bin nicht besonders mutig, sondern eigentlich eher zurückhaltend, aber manchmal, wenn ich mich in etwas stürze, ganz egal was, dann bin ich mit Leib und Seele dabei...und deshalb habe ich bei diesem Foto wie auch bei den anderen Fotos mehr auf meine Perspektive als auf all die anderen Fotografen geachtet. Und all ihre Fotos ruiniert. Denn ich befand mich auf der Bühne und war auf all ihren Fotos direkt im Bild.

Die Bemerkungen, die darüber gemacht wurden, waren nicht unbedingt freundlich. Tatsächlich hat an mich manchmal wirklich weggestoßen, da herrscht das Gesetz des Dschungels und man muss kämpfen. Meistens lasse ich mein Messer zuhause, aber nach vielen harten Erfahrungen habe ich gelernt, dass man im Notfall die "Ellbogen" einsetzen muss...da ich das sanfte Vorgehen jedoch vorziehe, werde ich demnächst in ein Weitwinkelobjektiv investieren.

Geduld, Geduld, Geduld

Brrrrrrrr! Das ist alles, was ich sagen kann. Am Morgen, als dieses Foto aufgenommen wurde, habe ich aus dem Fenster geschaut, den ersten Sonnenstrahl in Wijk aan Zee gesehen und gedacht: hmmm, diese Gelegenheit sollte ich unter keinen Umständen verpassen! Also habe ich meine Kamera geschnappt, bin nach draußen geeilt, auf die Hügel geklettert und dann natürlich: Schatten, keine Sonne, Wind und ein großer Sandsturm. Ich zitterte vor Kälte und habe mich gefragt, warum in aller Welt ich hier draußen bin, anstatt in Ruhe eine Tasse Tee im Warmen zu genießen. Doch ich wartete und wartete und wartete... eine Stunde lang! Dann endlich lächelte mir die Sonne zu. Auf dem Weg zurück musste ich meine Kamera vor dem Sandsturm schützen, denn irgendwie schien der Sand immer Wege in meine Augen und meine Kameralinse zu finden.

Hier hatte ich wirklich Glück. Auf dem Foto sieht man Johan van Hulst, berühmter Politiker, Held des Zweiten Weltkriegs,
fast 104 Jahre alt und ein großer Schachfan und er war direkt in meinem Hotel. Ich habe auch noch andere Fotos gemacht,
mit anderen Farben und Schatten, aber dies hat mir am besten gefallen.
Freundlich ist Johan van Hulst außerdem, er hatte nichts dagegen, aus so vielen Blickwinkeln verewigt zu werden,
wie es mir gefiel.

Dies sieht vielleicht wie ein zufällig zustande gekommener glücklicher Schnappschuss aus, bei dem ich
zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, aber tatsächlich ging das nicht ohne Vorbereitung. Und Multitasking;
aber vor allem: Auslöser drücken und fotografieren... Ich muss zugeben, dass dieses Foto nicht die
ganze Wahrheit sagt. Magnus war natürlich nicht glücklich über seine Niederlage gegen Radoslaw Wojtaszek,
aber nicht so verärgert, wie er hier wirkt.

In Wijk aan Zee wird überall Schach gespielt, sogar in Kneipen und Bars

Ich bin immer noch erstaunt, dass viele Holländer nicht merken, wie holländisch Loek van Wely
Lippenbewegung sind! Ich frage mich, ob das nur an mir liegt, oder es allen so geht. Wenn Sie das anders sehen,
dann frage ich, was genau dieser Ausdruck bedeuten soll?

Mit Abstand mein Lieblingsfot! Ich liebe dieses Foto, vor allem den langen Prozess, der dem Foto vorausging.

Es begann mit dem glücklichen Zufall, dass Chucky sich bei unserer Fahrt nach Den Haag vor mich setzte. Dann lehnte er sich ans Fenster und versank in seine eigene Gedankenwelt. Er musste an diesem Tag, an dem das Turnier auf Reisen ging, gegen Magnus Carlsen spielen.

Dann sah ich es. Ich fühlte, irgendetwas hatte diese Szene. Ich weiß nicht, ob viele Leute das gleiche Gefühl haben, aber ich glaube, es geht ihnen ähnlich. Dann fanden meine Finger keine Ruhe mehr. Sie mussten nach meiner Kamera suchen, sie aus der Tasche nehmen, die Kamera einzustellen und dann auf den richtigen Moment warten. Dann habe ich das Bild gemacht! Und ups!...schlechtes Foto! Warum?! Erstens sah ich, dass das Fenster voller Regentropfen war, die die Spiegelung sehr unattraktiv wirken ließen; zweitens war der Hintergrund zu hell und Vasils (er mag es, wenn man ihn Vasil nennt) Gesicht glänzte in der Spiegelung zu sehr. Doch ich habe mir gedacht: okay, das lässt sich korrigieren, aber bitte, lieber Gott, lass Chucky nicht aufwachen!

Ich brauchte irgendetwas, mit dem ich das Fenster sauber machen konnte - Taschentücher, Servietten, sogar den Ärmel meines Mantels. Das gelang mir halbwegs, aber der Hintergrund war immer noch nicht gut. Nachdem ich das Gefühl hatte, meine Mühe hätte sich gelohnt, drückte ich den Auslöser...und das reichte, um Chucky aufzuwecken.  Was, wenn er mich bittet, das Foto zu löschen? Bekanntlich mag er es nicht allzu gern, wenn ihn Leute fotografieren, aber zu meiner Erleichterung meinte er: "Keine Sorge, das ist okay, mach, was du willst." Als ob ich nicht schon ein großer Fan gewesen wäre.

In Den Haag mit allen Top-GMs...Auch dieses Foto gefiel mir, obwohl ich auf meiner neuen Vollbildkamera
 kein Weitwinkelobjektiv hatte. Zum Glück hatte ich auch meine ältere Crop-Sensor DSLR dabei und dachte,
"Ok, die muss ich benutzen", was mich am Ende gerettet hat.

Aus Schlechtem Gutes machen

Am Morgen, als dieses Bild entstand, bin ich sehr früh aufgestanden. Ich litt unter schrecklicher Schlaflosigkeit und müde, schläfrig und schlecht gelaunt. Dann öffnete ich die Vorhänge ein wenig, um nach draußen zu schauen, aber Erwin nicht aufzuwecken und erkannte die Möglichkeiten! Das Licht war einfach unglaublich und ich sagte mir, ich wäre ein Trottel, wenn ich nicht sofort nach draußen gehen würde! Also nichts wie los und den Auslöser gedrückt und voila! Manchmal ist Schlaflosigkeit doch für etwas gut.

Wenn Phantasie, Experimentierfreude und Sorgfalt zusammenkommen

Nein, ich habe mich nicht gelangweilt; es war ein Ruhetag und ich habe experimentiert. Am schwersten war es, ein Weinglas in Wijk aan Zee zu finden. Eins, das groß genug war, um den von mir gewünschten Effekt zu erzielen. Nachdem ich dieses Problem gelöst hatte, bereiteten mir Spiegelung, Flecken und noch ein paar andere Dinge mehr Probleme. Um es kurz zu machen: Ich brauchte das Foto, auch ohne Makro-Objektiv - schließlich haben mich genug Leute angestarrt und sich gefragt: was macht die da? Ich musste beweisen, dass meine Mühe nicht umsonst war. Am Ende gefiel mir das Neue, der Effekt, das Andere. Und ich weiß, ich bin ein hoffnungsloser Fall, denn ich werde auch in ein Makro-Objektiv investieren. Ich weiß nur noch nicht genau wann...

Teil zwei folgt in Kürze...


Alina L'Ami ist Schachprofi, WGM, und bringt allem, was sie macht, großen Enthusiasmus entgegen. Sie liebt es, in die entlegensten Winkel der Erde zu reisen, um dort Schach zu spielen und darüber hier bei ChessBase zu berichten.

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