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Nur wenige Orte auf dieser Welt sind so geheimnisvoll wie Chile. Dieses merkwüdig dünne und unglaublich lang ausgedehnte Land bietet kolossale Natur und ist mein heiliger Gral — seit über 20 Jahren träume ich davon, dem ewig jungen Jules Verne sei Dank.
Aber wenn das Flugticket erst in letzter Minute ausgestellt wird, dann weiß man nicht, ob man sich auf die Reise freuen oder in Panik geraten soll. Wenn ein lang gehegter Herzenswunsch erfüllt wird, will man mehr als nur ein paar Stunden Zeit für Vorbereitung und Recherche!
Die Osterinseln, Atacama, die Anden, Valparaiso...? Nein, wir sind im beinahe unbekannten Arica
Eine schnelle Google-Recherche war zwar viel versprechend, aber ein paar Dinge hat keine Quelle erwähnt:
Die Energie, die Farben, die Hipster-Atmosphäre der Stadt
An jeder Ecke kann man etwas entdecken [1]
Vermutlich haben Sie noch nie von Arica gehört, der nördlichsten Stadt Chiles. Oder von Jacque 64, Antonio Perez oder Adrian Perez – alles Perlen auf der gleichen Schachkette. Oder vom internationalen Turnier, das am vierttrockendsten Ort der Erde gespielt wurde.
So sieht's aus, Sahara! [2]
Schwieriges wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger — dieser Satz beschreibt die Turnierorganisation vielleicht am besten. Die Gebrüder Perez und ihr Schachklub Jacque 64 haben jahrelang Regionalturniere organisiert, außerdem bereits drei internationale Turniere. Doch das vierte internationale Turnier übertraf ihre eigenen Erwartungen bei weitem (und unsere auch).
Meister und Anfängerin: der ägyptische GM Ahmed Adly, die Nummer zwei der Setzliste, spielt mit dem chilenischen Nachwuchs - der hier gerade einmal drei Jahre alt ist.
Ziel erreicht — der Schachvirus wurde weiter gegeben
Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung, für die die Organisatoren dankbar waren, konnten mehr als 100 Spieler aus vier Kontinenten und 13 Ländern beim Turnier dabei sein. Für die Spieler aus Peru, das nur einen Steinwurf weit entfernt liegt, oder die Spieler aus Bolivien, das auch nicht weit ist, war die Anreise natürlich relativ unkompliziert.
Der bolivianische FM Carlos Saavedra
Die chilenische Schachgemeinde kann stolz auf dieses Turnier sein. Und die bombastischen Zahlen, mit denen viele Turniere prahlen, verblassen angesichts der freundlichen Atmosphäre des Turniers in Arica.
Smart, hübsch, jung - unter den Teilnehmern waren viele Frauen.
Der Altruismus der beiden Brüder ist groß, doch man kann es eben nicht immer allen recht machen. So sollte das Turnier ursprünglich an einem besonderen Ort stattfinden:
In der Kathedrale San Marcos de Arica, die von keinem Geringeren als Gustave Eiffel konzipiert wurde, und nur fünf Fußminuten von unserem Hotel entfernt lag.
Doch da höhere Teilnehmerzahlen auch größere kulturelle Vielfalt und unterschiedliche Glaubensrichtungen mit sich bringen, kamen Antonio und Adrian zu dem Schluss, dass das Turnier in einer neutralen Umgebung besser aufgehoben ist. Alles, damit sich die Spieler wohlfühlen. [3]
Der brasilianische GM El Debs Felipe De Cresce (links) fühlte sich offensichtlich wohl dabei:
vor der zehnten und letzten Runde führte er mit 7½/9.
El Debs' Landsmann, IM Renato Quintiliano (der regelmäßig für das ChessBase Magazin schreibt), war so freundlich, drei wichtige Partien zu analysieren:
Ein ehrgeiziger Aufbau gegen Benoni
Thema dieser 60-Minuten-Videoplips ist der Kern des Abspiels 8.h3 0-0 9.Ld3. Dieses stößt unter Benoni-Anhängern auf keine große Gegenliebe - dem Traum, den Gegner zu massieren, kommen die Anziehenden damit nämlich gefährlich nahe.
Live-Übertragungen, Abendessen, Radio-Shows – all das bringt die Schachfamilie enger zusammen [4]
Besonderen Respekt verdient der an eins gesetzte Anton Demchenko, der am Ende auf dem geteilten ersten Platz landete, obwohl er in Runde drei eine kampflose Niederlage erlitten hatte - er war mit mehr als 15 Minuten Verspätung zur Partie erschienen und wurde daraufhin offiziell genullt.
8/10 und eigentlich 8/9!
Doch Platz eins nach Wertung ging an den argentinischen GM Sandro Mareco. Eine bemerkenswerte Leistung, vor allem, wenn man bedenkt, dass Sandro sich erst mit 13 ernsthaft mit Schach beschäftigt hat - ungewöhnlich spät für heutige Großmeister.
Sandro ist Spieler, Trainer und Vorbild
Exchange on d5 in the Slav and Queen's Gambit
Diese DVD empfiehlt Weiß ein System gegen 1.d4 d5, das einfach zu lernen, aber überraschend effektiv ist. Weiß spielt stets 2.c4 und danach “wenn möglich“ 3.cxd5!
Doch nicht nur die Sieger konnten mit einem glücklichen Lächeln nach Hause gehen: ChessBase stiftete Preise und legte so vielleicht den Grundstein für eine erfolgreiche Schachkarriere.
Die DVDs sind echt...aber ist das Gold?!
Und sollte das Spiel auf den weißen und schwarzen Feldern Kummer bereitet haben, so hat die farbenfrohe Stadt die Trübsal schnell weggeblasen. [5]
Ab und zu ist es eine gute Idee, die Dinge zu vergessen, die man weiß, um neu anzufangen.
Was man in jungen Jahren lernt, behält man vielleicht sein Leben lang, aber was passiert, wenn dieses Wissen nicht mehr aktuell ist?
Ich muss zugeben, dass Aricas Spitzname,"Die Stadt des ewigen Frühlings" mich völlig überrascht hat. Moment mal? Wüste, kein Regen und das nennt man Frühling?! [6]
Das nahegelegene Azapa-Tal hat gezeigt, dass ich nicht mehr über Geschichte weiß als ein Frosch über Bettlaken. Es tut mir Leid Ägypten, aber die ältesten Mumien, die je entdeckt wurden, stammen aus diesem Ort. [7]
Doch auch ohne den Besuch der in Touristikbroschüren gepriesenen vielen Sehenswürdigkeiten des Landes, und obwohl ich das Turnier nicht gewonnen habe, war dies eine meiner schönsten Reisen. [8]
Wie wäre es mit einem Bummel im Open Air Kunstmuseum mit...
…all den vielen bunten Wandmalereien?
Aaaah, das sieht schon mehr nach Wüste aus, das Wasser ist nur eine Fata Morgana...
(Arica für Strandliebhaber — Strände, Surfing, etc. — folgt in einem anderen Buch)
"Bei der Liebe geht es nicht um Besitz, Diamanten und Geschenke. Es geht darum, das ureigene Selbst mit der Welt um einen herum zu teilen." —Pablo Neruda
Ich weiß nicht, ob das eine chilenische 'Krankheit' oder der Ruf der Wüste ist. Aber genau das haben die Menschen in Arica mit Schach und ein wenig "Spanglish" getan. Sie teilten ihr Bestes mit uns:
Sich selbst
[1] Lokale (und individuelle) Obsessionen – Graffiti, jede Menge Graffiti. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass dies nicht das übliche "Tagging" oder ein einfach hingekritzeltes Schimpfwort ist. Es ist Kunst.
[2] Der vollständige Titel lautet "der trockendste bewohnte Ort der Erde". Es ist schwer zu glauben, aber der trockendste Ort der Erde liegt in der Antarktis, in der Nähe des Südpols: die McMurdo Dry Valleys – eine Reihe von antarktischen Trockentälern, die die extremste Wüste der Welt bilden und seit 14 Millionen Jahren ohne Wasser sind.
[3] Da der neue Spielsaal nicht mehr so nahe am Hotel lag, tauchten neue Probleme auf: Logistik. Ein wirklich großartiges Turnier ohne mindestens ein Problem ist nicht denkbar, und so verloren die russischen GMs Anton Demchenko und Petr Kiriakov auch einmal kampflos, weil die Teilnehmer spätestens 15 Minuten nach Partiebeginn im Turniersaal sein mussten. Eine heikle Situation für alle Beteiligten. Aber "Paradox" ist nicht nur ein Wort, sondern spielt auch in unserem Leben eine große Rolle. Nachdem das anfängliche und unvermeidliche Unbehagen überwunden war, brachte diese Episode die Schachspieler enger zusammen als ein glückliches Ereignis es gekonnt hätte.
Was zeigt, dass Schach und Reisen toleranter und verständnisvoller macht.
[4] Die warmherzigen und bescheidenen Perez-Brüder brauchen und wollen keine öffentliche Bestätigung, und das machte es schwierig, sie mit der Kamera einzufangen. Aber die Früchte ihrer Anstrengungen bleiben sichtbar, selbst in der Wüste. Und Antonio kann man in der Nähe von Sandro Mareco entdecken.
[5] Doch nun zu etwas Leichterem: Versuchen Sie, die folgende Taktikaufgabe zu lösen. Die Stellung stammt aus einer Partie Ihrer Autorin. Sie haben nur eine Sekunde Zeit:
Weiß am Zug
Weiß stand die ganze Partie über auf Verlust, aber hoffte die ganze Zeit auf ein Weihnachtswunder. Der letzte schwarze Zug brachte ein solches Wunder:
39...Kh7?? aber anstatt aufs Brett zu schauen, zog ich reflexartig:
40.Sg5+?? Autsch! Als ich den Springer anfasste, wurde mir das ganze Elend bewusst.
40...Kg7 (nach 40... Kg8 ist die Partie praktisch vorbei) 41.Se6+ Doch die wirkliche Überraschung kam erst jetzt:
41...Kh7?? Gegenseitige Schachblindheit. Aber dieses Mal habe ich das Geschenk dankbar angenommen. (Natürlich kann Schwarz wieder 41...Kg8 spielen, und dann endet die Partie wahrscheinlich mit einer Niederlage für Weiß).
42.Txh6+ Kg8 (Nach 42... Kxh6 setzt Weiß einzügig Matt) 43.Txg6+ Kf7 44.Tg7+ und Schwarz gab auf.
Wahrscheinlich das großzügigste Weihnachtsgeschenk, das ich je bekommen habe.
[6] Obwohl in Arica kaum Regen fällt, sorgt die Nähe zum Pazifik doch für hohe Luftfeuchtigkeit und auch der Himmel ist oft bedeckt. Die Luftfeuchtigkeit ist ähnlich hoch wie in Gegenden mit Äquatorialklima, aber die Sonne scheint ähnlich intensiv wie in der Sahara. So herrscht in der Stadt das ganze Jahr ein mildes Wüstenklima, aber extreme Temperaturen sind sehr selten.
[7] Die Chinchorro-Mumien sind die ältesten bekannten mumifizierten menschlichen Überreste und sie sind Tausende von Jahren älter als die ägyptischen Mumien.
[8] Konkrete Beispiel:
Kleine Dinge machen einen großen Unterschied:
Übertragung aus dem Englischen: Johannes Fischer