1956 feierten die kanadischen Meisterschaften Premiere und seit jeher werden sie als offenes Turnier ausgetragen. Dieses Jahr gingen neben der kanadischen Spitze zahlreiche europäische, südamerikanische und asiatische Großmeistern in Montreal an den Start und kämpften vom 19. bis 26. Juli um ein Preisgeld von 25.000 Dollar und den traditionsreichen Titel des Kanadischen Meisters.
Die Skyline von Montreal (Foto: Wikipedia)
Der Austragungsort der kanadischen Meisterschaft wechselt jährlich. Bei der Premiere im Jahre 1956 gewann der US-Amerikaner Larry Evans, der in den Folgejahren als Trainer und Sekundant Bobby Fischers arbeitete. Fischer selbst sorgte im Turnier von 1956 für großes Aufsehen, denn der damals 13-jährige landete mit 7 aus 10 auf dem geteilten 8. Platz - wenig später gehörte er bereits zu den besten Spielern der Welt.
Wer wissen will, warum Fischer so gut war, kann Dorian Rogozenco, Mihail Marin,
Karsten Müller und Oliver Reeh fragen. Im ersten Band ihrer Master Class Reihe untersuchen
sie Merkmale und Stärken im Schachstil des Amerikaners.
Schach rund um die Uhr: Bobby Fischer und Larry Evans beim Training - oder beim Baden?
Evans betreute Fischer während des Kandidatenturnier 1970-1972, die Zusammenarbeit endete jedoch noch vor Fischers WM-Kampf gegen Spassky 1972. Doch Evans und Fischer sind nicht die einzigen prominenten Teilnehmer beim Canadian Open. 1970 gewann der Däne Bent Larsen und 1971 gab sich sogar der Weltmeister die Ehre: In Vancouver gewann Boris Spassky das 9. Canadian Open überzeugend mit 9 Punkten aus 11 Partien.
2014 trug sich Sergei Tiviakov in die illustre Siegerliste des Turniers ein.
Sergei Tiviakov wurde in Russland geboren, übersiedelte jedoch 1997
nach Groningen und spielt seitdem für die Niederlande. (Archivfoto)
Nach 9 Runden lag Tiviakov mit seinem Landsmann Robin van Kampen und Ehsan Ghaem Maghami aus dem Iran mit je 6,5 Punkten gleichauf an der Spitze. Doch jetzt entschied nicht die beste Buchholz, sondern ein Wettkampf im Armageddon-Blitz: Weiß bekommt sechs Minuten, Schwarz fünf, aber Weiß muss gewinnen, während Schwarz ein Remis reicht.
Tiviakov hatte im Halbfinale spielfrei und kam kampflos ins Finale. Dort traf er auf Ghaem Maghami, der mit Schwarz gegen Robin van Kampen gewann.
Videoaufnahme der Armageddon-Partie zwischen Robin Van Kampen und Ghaem Maghami
Im Finale des Tie-Breaks sicherte sich Tiviakov schließlich mit einem Weiß-Sieg gegen den iranischen GM den Titel.
Endstand an der Spitze
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Quelle: chess-results
Partien
Tiviakov blieb neun Runden ungeschlagen, was sicherlich auch seinem sehr soliden Schwarzrepertoire geschuldet ist. Tiviakov gilt als größter Experte der skandinavischen Verteidigung mit 3. ...Dd6, einer Variante, die als Überraschungswaffe auch in der absoluten Weltspitze Anwendung findet. So haben schon Hikaru Nakamura oder Judith Polgat haben damit experimentiert.
Wie schwer die schwarze Stellung zu knacken ist, zeigte Tiviakov auch in vier Partien in Montreal.
Doch eigentlich sollten Tiviakovs Gegner wissen, was sie erwartet. Schließlich hat der Großmeister die Geheimnisse dieser Variante auf einer ChessBase-DVD erläutert. Dort betont Tiviakov auch den kämpferischen Charakter dieser Variante, die seiner Meinung nach eine hervorragende Möglichkeit darstellt, gegen schwächere Gegner auf Gewinn zu spielen.
Robin van Kampen aus Holland (Archivfoto)
Der 19-jährige Robin van Kampen zeigte sich in Kanada ebenfalls in guter Form und schied, wie oben erwähnt, erst im Halbfinale des Tiebreaks aus. Ab Samstag spielt er für niederländische Nationalmannschaft bei der Olympiade in Tromsø. Ein besonders spektakuläre Partie spielte Van Kampen in Runde 7.
Nach diesem Doppelerfolg ist eine starke holländische Mannschaft in Tromsø zu erwarten, denn auch Hollands Nummer eins Anish Giri zeigte in den letzten Runden des Turniers in Biel aufsteigende Form.
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