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UdSSR gegen den Rest der Welt – der Wettkampf des Jahrhunderts in Belgrad 1970
Beim Match des Jahrhunderts gab es in Wirklichkeit auch einen freien Tag. Der Telefonapparat in meinem Zimmer klingelte. „Hier spricht Miguel Najdorf. Ich möchte sie zu einem ganz besonderen Schachabend einladen, junger Mann. Bobby hat bereits zugesagt. Wir können etwas Analysieren und ein bisschen Blitzen. Morgen ist doch ein freier Tag, nicht wahr?“ Ich bedankte mich und versicherte ihm, dass ich pünktlich um 22.00 Uhr an seiner Suite klopfen würde. Die Einladung hatte mich angenehm überrascht und machte mich glücklich.
Wie auch bei den Turnierpartien mussten wir auf Bobby genau sieben Minuten warten. Das Schachbrett mit Figuren stand schon bereit.
Don Miguel hatte mir bei der Begrüßung gleich den Schlüssel vom Barschrank in die Hand gedrückt. Ich überließ unserem Team-Shooting-Star gerne meinen Platz am Brett, weil ich mit der Rolle des Kiebitzes vollkommen zufrieden war.
Najdorf führte die Regie. Stolz auf seinen Sieg am Vortag gegen Tal wartete er auf Lob und Anerkennung. Als aufmerksamer Gastgeber orderte er für uns auch aus der Hotelküche die Verpflegung. Für Fischer zwei Liter frische Milch, dazu zwei medium rare Steaks. Ich aß an diesem speziellen Abend ein Steak tartare auf Toast und hatte mir vorgenommen, den Scotch on the rocks sehr vorsichtig zu genießen.
Bobby kannte die Partie Najdorf-Tal auswendig und zeigte, wo sich Tal hätte viel besser verteidigen können. Seiner Meinung nach hätte auch Najdorf viel besser spielen können. Während der Analyse wurde mir klar, dass ich vom Schach im Vergleich zu Bobby nichts wusste und Don Miguel sehr wenig.
Eine Weile war unser Grand Maître mit den 200 Gramm schweren Steaks beschäftigt, so dass wir, das Fußvolk, schon mal mit dem Blitzen beginnen konnten. Mein erster Zug war, 1.e2-e4, Najdorf verteidigte sich mit seiner eigenen Waffe (Najdorf-Variante) und ich verlor später durch Zeitüberschreitung. Wir spielten nur um die Ehre. Bei Unentschieden blieb der Spieler mit den schwarzen Figuren sitzen, bei Sieg der Sieger. Ich erinnere mich, dass wir, Miguel und ich, uns ununterbrochen abwechselten und gegen Fischer keinen Stich machen konnten. Nach gut drei Stunden konnte ich dem Amerikaner eine Figur abklopfen. Im Nachhinein glaube ich, er ließ mich gewinnen, weil er schnellstens zu dem Örtchen musste, wo selbst der Kaiser ohne Lakaien hingeht.
Das Sitz-Karussell drehte sich wie gehabt weiter. Hort verlor gegen Najdorf, der wieder gegen Fischer, dann wechselten wir zwei N.H.,H.N.,N.H gegen F. Der zukünftige World Champion war einfach schneller und besser. Seit diesem denkwürdigen Abend nannte mich Fischer bei meinem Vornamen „Vlasty“.
Irgendwann gähnte Fischer, schaute dabei auf seine Armbanduhr und ich gewann die zweite Partie. Dennoch verließ ich den „Tatort“ als erster und sah draußen, dass die Sonne bereits ihre ersten Strahlen auf die Erde schickte.
Aus: Vlastimil Hort „Meine Schachgeschichten“. 2019, Seite 82 ff. (Schach-Niggemann)
Vor der dritten Runde schlief ich so tief, dass ich den Wecker gar nicht hörte. Ich kam fast 15 Minuten zu spät zur Runde und verpasste deshalb den gemeinsamen Fototermin. So bin ich als einziger auf dieser Jahrhundert-Dokumentation nicht mit dabei! Noch nach fünfzig Jahren bin ich deswegen traurig.
Wo ist Hort?
Zurück zur Runde. Am Brett wartete Polugajewski bereits. Ich verlor noch zusätzliche Minuten, weil ich mich durch die Menschenmenge fast durchboxen musste, um zum Spieler-Podest zu kommen. Mein Fan, der Kellner aus dem jugoslawischen Restaurant, half mir dabei.
13… Se8!? Spassky verlor an dieser Stelle sehr viel Zeit, während Larsen auf dem Podest hin und her spazierte.
Larsen kiebitzt
14. De7 Dxe7 15. Lxe7 Tg8 die Partie ist sehr wild geworden und beide Gegner beginnen im Trüben zu fischen.
33. Txb6? Mit 33. Se6! hätte Spassky besser gestanden.
33…Sc4 34. Tb3 g5 35. Sd5 Te5 36. Td1 g4 hier waren beide Gegner in riesiger Zeitnot.
37. Kf1?? Ein fürchterlicher Fehler von Spassky!
37…Th1+ 38. Ke2 Txd1 Spassky verlor den Springer und gab auf.
18… cxd4 Zu früh! Einfach und besser wäre 18…Kb8 mit weiterer Verdoppelung der Türme auf der c-Linie. Nach 19. exf6 Sxf6 20. dxc5 Se4 hätte Petrosjan die Initiative.
19. cxd4 Sb8
Zu langsam! 20. Kg2 Sc6 21. Sc1! Td7 22. Dd2 Da5 23. Dxa5 Sxa5 der Abtausch aller Figuren führt unweigerlich zum Remis.
24. Sd3 Sc6 25.Tac1 Tdc7 26. Tcc3 b6 27. Tgc1 Kb7 28. Sb4 Thc8 29.Txc6 Txc6 30.Txc6 Txc6 31. Sxc6 Kxc6 32. Kf3 Unentschieden gegeben.
War Bobby etwa zu müde zum Kämpfen nach unserer wilden Schach-Nacht im Hotel?
Nach der Partie fragte ich Viktor, ob er mit 8.h3 eine theoretische Neuigkeit vorbereitet hatte. Seine Antwort: „Überhaupt nicht. Ich hatte gerade auf dem Demo-Brett die Partie Fischer-Petrosjan beobachtet, dadurch war ich abgelenkt und habe meine Züge verwechselt.
8…Sa5 Portisch liquidiert natürlich den wertvollen Läufer. Der Ungar stand dann lange Zeit schlecht, kam aber heil ins Endspiel:
61. Txc5 Sxb3 das Blatt hat sich definitiv gewendet. 62. Tb5 Txb5 63. axb5 Sc5 Weiß gab auf.
Das erste Großmeister-Remis (11 Züge) im ganzen Match! Kein weiterer Kommentar!
Auch wenn diese Partie 26 Züge dauerte, verdient auch sie keinen Kommentar!
Nach 32…Sf8
33. Df5! Diesen feinen Zug hat Schwarz bei dem vorherigen Abtausch auf g4 übersehen. 33…Dc7 Smyslov gibt lieber einen Bauern, denn 33…Dd6 34. Kg2 Kh8 35. Df7 Kh7 36. G4 gefiel ihm überhaupt nicht.
34. Lxe6+ Sxe6 35. Dxg6+ Kf8 36. Dxa6 Am Einfachsten! Der freie b-Bauer garantiert den weißen Sieg!
Für diese Partie bekam Reshevsky von der serbischen Zeitschrift Politik den Sonderpreis von 1000 Dinars.
Nach 37…Txe3 Uhlmann hat nur den Turm für zwei leichte Figuren, aber sein Bauer a5 kann gefährlich werden.
38. Sb5? Weiß verliert die Übersicht. Besser wäre 38. Ta3.
Nach dem Text-Zug waren sich die Gegner bei der Analyse einig, dass Weiß nicht mehr gewinnen konnte.
Botwinnik (O.Masek)
92…Kf3
Schwarz gewinnt? Nein, überhaupt nicht!
93. Dd3+! Und Patt nach 93…Dxd3. „Matulco“ hatte sich bis zum Schluss exakt verteidigt.
24…Se6? Grober Fehler! War Miguel auch noch mit seinen Gedanken bei unserer Blitznacht? Er sollte besser 24…Tb5 spielen. Tal wollte mit 25. Tc1 fortsetzen, aber nach 25…Se6 26. Sxe6 Dxe6 27. Lf1 Tb4! hätte Najdorf ausgeglichen.
Einige Züge später:
32. Dxc6 Txe4. Schwarz versucht vergebens das Gegenspiel, verliert aber nur die Bauern ohne Kompensation.
33. Dxa6 Te1+ 34. Kh2 und Tal gewinnt ohne Problem!
Keres (O.Masek)
20. Sxh7?! Möglich war noch ein ruhiges 20. Lxg6 Dxg6 21. Df4 mit Ausgleich.
Später:
41…Dc7 Abgabezug - Weiß hat sehr präzise analysiert.
42. h5 gxh5 43. Dg5+ Kf8 44. Dh6+ Ke8 45. Lc6+ Ke7 46. Dg5+ Kd6 47. Lg2 Kd7 48. Df6 Remis.