Berlin 1928 II – Friedrich Sämisch war der tragische Held
Eigentlich sollte das Turnier der Freien Schachvereinigung und des Berliner Schachverbandes im Herbst 1928 im Café Kerkau ausgetragen werden. Doch der Besitzer hatte aufgegeben und der Umbau zum Café Equitable war nicht rechtzeitig fertig geworden. Also spielte man im Café König Unter den Linden/ Ecke Friedrichstraße. Das „König“ war Nachfolger vom Café Victoria, bot aber längst nicht die Klasse des Victoria. Der Autor Alfred Stieler berichtete in „Westermanns Monatshefte“ 1930 wenig Schmeichelhaftes über das Café: „An der Kreuzung Friedrichstraße mit den Linden spiegelt Café König, das in früheren Jahren weltbekannte Café Victoria, die gesellschaftliche Zerrissenheit und geschmackliche Urteillosigkeit unserer Zeit wieder. Wohl infolge seiner überaus günstigen Lage ist es ein vielbesuchter Treffpunkt unentwegter Geschäftemacher, billigster Scheineleganz und nach ein Uhr nachts der Genußgewerblerinnen, die bei Kaffee oder Likör Anschluß suchen.“
Beim Kampf um den „Preis der Stadt Berlin“ kümmerte solche Kritik weder die vier Großmeister Efim Bogoljubow (Triberg), Ernst Grünfeld (Wien), Boris Kostic (Belgrad) und Lajos Steiner (Budapest), der „Ortsfremde“ Walther von Holzhausen (Magdeburg) und schon gar nicht die sieben „echten“ und „zugereisten“ Berliner. Das „Berlin-Team“ waren Friedrich Sämisch, Carl Ahues, Kurt Richter, Simon Rotenstein sowie Karl Helling (Luckenwalde), Paul Johner (Zürich) und Dr. Paul List (Odessa). Die zuletzt genannten drei Spieler lebten schon so lange in Berlin, dass sie gewissermaßen „eingemeindet“ worden waren.
Bogoljubow galt als Favorit und stand im Mittelpunkt des Interesses des Publikums. Fast noch größere Aufmerksamkeit genoss Boris Kostic. Der noch in der k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn geborene Serbe war der Paradiesvogel unter den Meistern. Wenn auf jemand der Begriff Weltenbummler zutraf, dann auf Kostic. Während seines Studiums in Budapest und Wien erlernte er das Schachspiel, ließ durch Wettkampfsiege gegen Frank Marshall (1; =2; -0) und Paul Leonhardt (+3; =1; -1) aufhorchen.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, buchte er eine Passage nach Südamerika. In Argentinien, Brasilien, Chile spielte er erfolgreich kleinere Turniere und Wettkämpfe. 1915 in Buenos Aires erlitt er eine krachende Niederlage. Mit 2:12 ohne Remis unterlag er Raoul Capablanca. Als Kostic 1919 aus Nordamerika nach Europa zurück wollte, machte er noch einen Abstecher nach Havanna, da Capablanca eine Revanche über acht Siege akzeptiert hatte. Es ging schneller: Nach fünf Niederlagen in Serie gab Kostic den Kampf vorzeitig auf.
Das größte Aufsehen erregte seine Weltreise von 1924 bis 1926. In den rund drei Jahren besuchte unter anderem Südafrika, Indien, Singapur, Hongkong, Australien, die Philippinen und die Inseln Java, Bali, Sumatra und Borneo. Das Erstaunlichste: Er finanzierte die Reise durch Einnahmen aus Wettkämpfen und Simultanvorstellungen und warb so für das Schach in den entlegensten Ecken der Welt.
Aus dem Berliner Lager galt Friedrich Sämisch als aussichtsreichster Teilnehmer und etliche Experten trauten ihm den Turniersieg zu. Denn „Fritz“, wie die Berliner ihn nannten, war in Hochform. Nach dem Fiasko beim Jubiläumsturnier der Berliner Schachgesellschaft (als Zehnter) im Februar lief es prächtig. Dritter im April in Gießen hinter Reti und Tartakower, aber vor Hans Kmoch. Im Mai erneut Dritter im slowakischen Teplitz-Trentschin hinter Kostic und Andras Steiner, aber vor Rudolf Spielmann, Grünfeld und Reti. Dann der Knüller von Dortmund Ende Juli bis Anfang August. Dort gewann Sämisch mit 6,5 Punkten aus acht Partien vor Reti, Paul Johner und Bogoljubow. Danach gewann er mit Reti das Turnier von Brünn vor Kmoch, Marshall und Karel Opocsensky.
Und nun Berlin. Als das Turnier am 23. September begann, war der Besucherandrang an dem Sonnabend ähnlich groß wie beim Jubiläumsturnier im Februar. Es wurde jeden Tag von fünf bis zehn Uhr gespielt. Die Bedenkzeit betrug 2:30 Stunden für die ersten 40 Züge, danach eine Stunde für jede weiteren 16 Züge. Ruhetage gab es nach jeweils fünf Runden. Die Preise betrugen 1000, 600, 400, 250, 200 und100 Mark. Für den Sieger gab es den Ehrenpreis der Stadt Berlin, eine große Silberschale mit Widmung.
Das Turnier hatte begonnen und „Fritze“ legte richtig los. Nach einem Remis gegen Kostic, traf er in Runde zwei auf Bogoljubow – und gewann mit Schwarz in nur 21 Zügen!
Beating the French Vol.1
In his DVD series on the French Defence, Rustam Kasimdzhanov presents a promising White repertoire based upon 3.Nc3. Topic of the fi rst DVD is the position following 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Nc3 Bb4 4.e5, in which the pawn on e5 secures the first player a space advantage in the centre and on the kingside.
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Die Schachfans waren begeistert und Sämisch siegte oder remisierte Partie für Partie weiter, Bogoljubow konnte kaum Boden gutmachen. Dann kam die zehnte und damit vorletzte Runde gegen Paul Johner. Auch wenn er Schwarz hatte, der Schweizer war bei ihm ein guter „Kunde“. Bei den bisherigen sieben Duellen hatte er fünf Siege und zwei Remis erzielt. Doch Sämisch verlor die Partie, Bogoljubow schnappte ihm den Sieg weg. Besonders schmerzlich: Nach 44 Partien (+20; =24) musste der Berliner wieder eine Niederlage quittieren. Da half es auch nichts, dass er in der Schlussrunde gegen Helling gewann.
Endstand
Alle Partien
Beating the French Vol.1
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