Botvinnik gegen Boleslavsky 1943 - Lösung des historischen Rätsels

von Zoran Petronijevic
08.09.2025 – Vor einiger Zeit haben wir unsere Leser gebeten, sich die 1943 gespielte berühmte Partie Botvinnik gegen Boleslavsky genauer anzuschauen. In seiner nachträglichen Analyse meinte Botvinnik, er hätte in der entscheidenden Stellung auf Gewinn gestanden, aber den neuen Analysen zufolge hätte Boleslavsky mit präzisem Spiel wohl Remis halten können.

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Als diese Begegnung stattfand, war Botvinnik bereits ein etablierter Star. Mehrfacher Landesmeister, hatte er zudem bei internationalen Turnieren glänzende Resultate erzielt. Einige Höhepunkte: 1935 teilte er in Moskau den ersten Platz, ein Jahr später wurde er dort hinter Capablanca Zweiter, 1936 teilte er in Nottingham den Turniersieg mit eben jenem Capablanca, und 1938 erreichte er beim legendären AVRO-Turnier den dritten Platz.

Seine Sammlung bedeutender Siege umfasste große Namen – allen voran zwei denkwürdige Erfolge gegen Capablanca und Aljechin. Die Partie gegen Capablanca gilt bis heute als eine der schönsten überhaupt, während sein Sieg gegen Aljechin als Musterbeispiel positioneller Brillanz gefeiert wird.

Schon damals war klar: Botvinnik war ein ernstzunehmender Anwärter auf die Schachkrone – ein Ziel, das er schließlich erreichte. Von 1948 bis 1963 war er Weltmeister, nur kurz unterbrochen in den Jahren 1957 und 1960.

Anhand der Botvinnik-Partien zeigen unsere Experten, wie man bestimmte Eröffnungen erfolgreich bestreitet, welche Musterstrategien es in bestimmten Strukturen gibt, wie man auch taktische Lösungen findet und wie man Endspiele nach festen Regeln gewinnt

Auch Boleslavsky war keineswegs ein Unbekannter. 1938, als junger und beinah noch unbekannter Spieler, gewann er die Ukrainische Meisterschaft in Kiew (damals Teil der UdSSR). Bei der UdSSR-Meisterschaft 1940 belegte er Platz fünf, bei der Absoluten Meisterschaft der UdSSR 1941 wurde er Vierter und 1942 gewann er das Turnier von Kujbyschew für sich.

Er spielte originell und kreativ und sprühte vor neuen Ideen. Im Sizilianer und im Königsinder entdeckte er viele neue Möglichkeiten, die immer noch Bestand haben. Er war stets gut vorbereitet und ein hervorragender Eröffnungskenner.

Beim Kandidatenturnier 1950 in Budapest wurde er zusammen mit Bronstein geteilter Erster, aber verlor dann den Stichkampf gegen Bronstein, der so 1951 gegen Botvinnik um die Weltmeisterschaft spielen durfte.

Botvinnik maß der Partie gegen Boleslavsky hohe Bedeutung bei und kommentierte sie in allen seinen großen Partiensammlungen (1949, 1966 und 1985). In der Partie opferte Botvinnik im frühen Mittelspiel einen Bauern für dauerhafte positionelle Initiative. Eine kritische Stellung entstand nach 29.Lxf6.

Hier meinte Botvinnik, die Partie sei im Grunde bereits entschieden. Tatsächlich war die Stellung aber weiterhin im Gleichgewicht – wenn Schwarz genau spielt. Mit Unterstützung unserer Leser lässt sich heute sagen: Der eigentliche Fehler war 31…Dd7?. Richtig ist 31…De5! und Schwarz hält sich.

33…Kxf7 führt zu einem Endspiel Dame gegen zwei Türme, und in solchen Stellungen kommt es auf jedes Tempo an und kleine Nuancen entscheiden. Botvinnik hielt seinen Zug 34.g5? für ungenau und empfahl stattdessen 34.Kg2. Noch klarer ist allerdings 34.De3.

Auch 42…Tcf2 gefiel Botvinnik nicht, und er empfahl stattdessen 42…Txb2. Aber auch nach 42…Tcf2 war die Stellung noch haltbar. Erst 43…T2f7? verliert. 43…T8f3, 43…Kh7 oder 43…T2f3 halten alle das Gleichgewicht.

Nach 44.Dd5!! steht Weiß jedoch tatsächlich auf Gewinn und Botvinnik die Partie fehlerfrei zu Ende.

Schauen wir uns die Partie genauer an!


Zoran Petronijevic ist ein IM und lebt in der serbischen Stadt Niš. Viele Jahre lang spielte er für verschiedene Mannschaften, hauptsächlich in der ersten Liga im ehemaligen Jugoslawien und Serbien. Er ist Lehrer für Philosophie und Logik und arbeitet seit 2003 als Schachtrainer. 2004 produzierte er für ChessBase eine CD über Caro-Kann (B13-B14) und für den Informator hat er an der Enzyklopädie der Schachendspiele mitgearbeitet. Seine Leidenschaft gilt der Literatur und im Schach interessiert er sich für Geschichte und Endspiele.