Dronavalli Harika gewinnt 1. Online-Frauenblitz-WM

von Alina L'Ami
02.12.2015 – Ende November kamen die besten Online-Blitzspielerinnen der Welt nach Rom, um dort gemeinsam und gegeneinander das Finale der 1. Online-Frauenblitzweltmeisterschaft zu spielen. Der Siegerin winkte ein Preisgeld von 3.000 US-Dollar. Nach 18 Runden gewann Dronavalli Harika nach Wertung vor Nana Dzagnidze und Alexandra Kosteniuk. Alina L'Ami berichtet.

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Begreift man Schach als unaufhörliche Suche nach Perfektion, dann ist es natürlich besser, wenn man viel Bedenkzeit hat. Aber heutzutage haben viele Leute wenig Zeit und wir brauchen einfach manchmal ein bisschen Unterhaltung, für die es kaum etwas Besseres gibt als ein paar Blitzpartien.

Klassisches Schach bietet höchsten intellektuellen Genuss, doch im Blitz sind andere Dinge wichtig: Reflexe, Automatismen, Intuition und, last but not least, Nervenstärke.

Doch auch die relativ überschaubare Welt des Blitzschachs lässt sich noch weiter unterscheiden. Bei der klassischen Variante sitzen wir dem Gegner gegenüber und - wenn wir Freundschaftspartien spielen - kann man reden, Witze machen oder Trashtalk üben. Oder man konzentriert sich so, wie man sich auch in einer Turnierpartie konzentrieren würde. Aber der technische Fortschritt hat auch dem Blitzschach neue Möglichkeiten beschert und so spielt man heutzutage vor allem im Internet Blitz. So kann man gegen Spieler und Spielerinnen aus aller Welt antreten und in der Sprache des Schachs miteinander reden - ganz im Geist des FIDE-Mottos "Gens Una Sumus".

Letzter Check-up vor Turnierbeginn: Maus-funktioniert! Wifi-funktioniert! Kopfhörer-funktioniert!
Gute Züge - das wird sich zeigen...

Die 1. FIDE Online-Blitz Weltmeisterschaft für Frauen war eine Mischung aus all den oben erwähnten Faktoren. Der Preisfonds war attraktiv und mehr als 300 Spielerinnen aus 39 Ländern versuchten ihr Glück. Gespielt wurde zunächst in acht Vorgruppen, in denen man sich für das Halbfinale qualifzieren konnte. Im Halbfinale qualifizierten sich die Spielerinnen dann für das Finale. Zu diesen acht kamen noch zwei weitere Spielerinnen hinzu, die von der FIDE und der WOM, der FIDE-Kommission für Frauenschach, vergeben wurden.

Finalteilnehmerinnen aus Indien und den USA kamen nur für dieses Turnier nach Rom.
Und hatten, wie sie im Anschluss erklärten, jede Menge Spaß.

Nur Padmini Rout aus Indien hatte Pech, denn sie verpasste einen Anschlussflug und kam verspätet...
Auswirkungen auf ihren kompromisslosen und kämpferischen Stil hatte das jedoch nicht!

Das Online-Finale wurde live im exklusiven Circolo Canottieri Aniene in Rom gespielt.

“Alle Qualifikationen führten nach Rom”, denn das Finale wurde in der "Ewigen Stadt" gespielt. Allerdings online. Alle Partien wurden in Rom gespielt, aber die Spielerinnen machten ihre Züge am Computer und nicht auf einem 3D-Brett, das zwischen ihnen stand.

Für die meisten Spieler und Spielerinnen ist eine gute Maus ein Muss...

...aber nicht für jede! Adriana Nikolova bevorzugt ihr Touch-Pad;
auch Kopfhörer wollte sie nicht.

Wird ein Film gezeigt?! Nein, das ist nur der Soundcheck...

Drei Spielerinnen lieferten sich einen Kampf um die Medaillen: Harika Dronavalli (sie spielte unter dem Handle "Elegance"), Nana Dzagnidze ("nanuchka") und Alexandra Kosteniuk ("AlexandraK"). Harika Dronavalli gewann mit 13,5 Punkten aus 18 Partien nach Wertung vor Nana Dzagnidze, die ebenfalls 13,5 Punkte aus 18 Partien holte.

Schlussstand

Hier eine Liste der Handles:

  • Elegance – Harika Dronavalli
  • nanuka – Nana Dzagnidze
  • Fenyx1989 – Valentina Gunina
  • Olghita – Olga Zimina
  • nejashka – Irina Vasilevich
  • torpedo_88 – Adriana Nikolova

Preise

Platz
Preis
1st
3000 USD
2nd
2000 USD
3rd
1000 USD
4th
750 USD
5th
550 USD
6th
500 USD
7th
400 USD
8th
400 USD
9th
200 USD
10th
200 USD

Die erste Online-Blitz-Frauenweltmeisterin!

Doch nicht nur die Siegerin war guter Dinge.

Im Verlauf der ersten Turnierhälfte übernahm Nana Dzagnidze die Spitze, aber wurde in der zweiten Turnierhälfte von Harika Dronavalli eingeholt. Alexandra Kosteniuks gutes Abschneiden war keine allzu große Überraschung, hatte sie doch im Laufe ihrer Karriere schon Spieler wie Carlsen oder Kramnik im Blitz geschlagen.

Nana Dzagnidze liebt Rom und Rom erwiderte diese Liebe! Dzagnidze landete am Ende mit 13,5 aus 18 auf dem geteilten Platz,
aber hatte die etwas schlechtere Wertung und musste sich so mit Platz zwei begnügen. Die direkte Begegnung
gegen Harika Dronavalli endete nach entschiedenen Partien 1:1 Unentschieden.

Die Bronzemedaille ging an Alexandra Kosteniuk.

Hier zwei interessante Ausschnitte aus den Partien, die bei dieser Blitz-Weltmeisterschaft gespielt wurden (denn nicht immer entscheiden beim Blitz die Fehler oder wer den letzten Patzer macht):

Fenyx1989 – Gvetadze

In dieser Stellung entschied sich Gunina für ein aggressives Vorgehen: 19. g4! b4
20.axb4 Lxb4 21.g5!
mit vernichtendem Angriff. Weiß gewann wenige Züge
später. 1-0.

Padmini – AlexandraK

16...Lxh3! nutzt die exponierte Stellung des weißen Königs aus, der
nach 17.gxh3 Te8 ernsthafte Schwierigkeiten bekam. 0-1.

Harte Kämpfe, aber Spaß macht es trotzdem!

Zwischen den Partien gab es fast keine Pause und nach dem Ende einer Runde folgte gleich die nächste.

Valentina Gunina ist eine sehr starke Blitzspielerin, aber sie erwischte einen schlechten Start und wurde am Ende Vierte.

Platz fünf an die Lokalmatadorin IM Olga Zimina aus Italien.

In einem kurzen Interview nach Ende des Turniers gestand Dronavalli Harika, die Siegerin der 1. FIDE Online-Frauenweltmeisterschaft, dass sie von Indien bis nach Rom gereist ist, um in dem Turnier zu spielen, aber ohne besondere Erwartungen kam. Sie wollte einfach das Turnier und die Partien genießen und... sich ein paar Stunden frei nehmen, um sich Rom anzuschauen!

Am liebsten blitzt sie mit einer Bedenkzeit von drei Minuten für die ganze Partie, aber in Rom kam sie auch mit dem Inkrement von zwei Sekunden pro Zug gut zurecht. Harikas Schachmotto lautet: "Wenn du auf Gewinn stehst, werde niemals leichtsinnig. Wenn du auf Verlust stehst, gib niemals auf!" Über den Gewinn des Titels war sie besonders glücklich, denn ihr letzter großer Titelgewinn liegt schon eine Weile zurück.

Harika arbeitet hart an ihrem Schach, sechs bis sieben Stunden pro Tag. "Ich habe keinen anderen Beruf, also sollte ich für Schach arbeiten!"

Wer glaubt, vier Stunden Blitz seien mehr als genug, sollte sich einmal bei Schachprofis umhören.

Schach bei der Abschlussfeier!

Ein besonderes Turnier mit Online-Zuschauern...

... und Live-Zuschauern!

Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass die 1. Online-Blitz-Frauenweltmeisterschaft das erste Online-Sport-Turnier ist, das je vom Olympischen Komitee mit der Vergabe des entsprechenden Titels anerkannt wurde!

Zieht man all das Betracht, so ist diese Weltmeisterschaft ein Meilenstein der Schachgeschichte und so war es keine Überraschung, dass viele Funktionäre, allen voran FIDE-Präsident Kirsan Ilyumzhinov, dem Turnier einen Besuch abstatteten.

Der FIDE-Präsident kibitzt beim Online-Blitz!

Aber warum spielten die Finalteilnehmerinnen an einem Ort, in einem Saal, wenn die Meisterschaft doch eine Online-Meisterschaft war? Nun, zunächst einmal wollten die Organisatoren diesen historischen Moment würdig begehen und den Medien zugänglich machen. Außerdem räumten viele der Spielerinnen (darunter Turniersiegerin Dronavalli Harika) ein, dass sie froh waren, dass so das ohnehin sehr geringe Risiko des Betrugs verhindert war.

Die elegante "Elegance"! Das Handle passt!

Partien

 

Alina L'Ami ist Schachprofi, WGM, und bringt allem, was sie macht, großen Enthusiasmus entgegen. Sie liebt es, in die entlegensten Winkel der Erde zu reisen, um dort Schach zu spielen und darüber hier bei ChessBase zu berichten.

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