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Das 1. Erfurter Frauenschachfestival findet vom 24. bis 31. August im Hotel Radisson Blu statt. Die erste Runde beginnt am Montag, den 25. August, um 14:30.
In einem Artikel für die Thüringer Allgemeine sieht Axel Eger die Georgierin Bela Khotenashvili, mit einer Elo-Zahl von 2494 die Nummer eins der Setzliste, als Turnierfavoritin. Außerdem blickt er kurz auf Schacholympiade zurück. Dort spielten die deutschen Damen in der letzten Runde gegen Georgien und hätten mit einem Sieg sehr gute Chancen auf die Bronzemedaille gehabt. Daraus wurde jedoch nichts, denn die deutschen Damen verloren klar mit 0:4. Grund genug für den Wunsch nach Revanche beim Erfurter Frauenschachfestival.
Thüringer Allgemeine, 23. August 2014
Turnierfavoritin Bela Khotenashvili aus Georgien (Foto: Axel Eger)
Neben dem Ausblick auf das Erfurter Frauenschachfestival veröffentlichte Axel Eger unter dem Titel "Wieder daheim" auch ein längeres Porträt von Elisabeth Pähtz, Deutschlands Nummer eins.
Wieder daheim
Die Erfurterin Elisabeth Pähtz, Deutschlands beste Schachmeisterin, spielt in der nächsten Woche zum ersten Mal bei einem Turnier in ihrer Heimatstadt
Von Axel Eger
Elisabeth Pähtz tut das, was alle jungen Leute gern tun. Sie schläft aus. Mittags gegen halb zwölf zeigt Mutter Anna mit dem Finger auf den Lippen nur stumm noch oben zur ersten Etage. Zum Zimmer der Tochter im elterlichen Haus in Kerspleben. Die Großmeisterin schläft den Schlaf der Gerechten.
Erst am Abend zuvor ist sie von der Schach-Olympiade aus Norwegen zurückgekehrt. Einmal mehr als beste deutsche Spielerin. Und nach durchfeierter Nacht. Der Bus zum Flughafen fährt schon vier Uhr früh, da lohnt das Hinlegen nicht. Von Tromsö am Polarkreis geht es mit dem Flieger nach Oslo, dann weiter nach Frankfurt, schließlich mit dem Zug nach Erfurt.
Elisabeth Pähtz bewältigt solche Touren routiniert. 30 000 Meilen hat sie allein in diesem Jahr schon in der Luft gesammelt. Die 29-Jährige ist eine Weltenbummlerin in Sachen Schach.
Sibirien, Bulgarien, Amerika. China, Südafrika, die Türkei. Zehn Monate im Jahr ist sie in der weiten Welt. Wenn Vater Thomas zu Hause den Computer einschaltet, dann ploppt in der Regel ein kleines Fenster auf: Ellilara ist online.
Ellilara ist ihr Pseudonym. Via Internettelefon Skype diskutieren beide Schachvarianten für eine anstehende Partie. Manchmal schüttet sie ihr Herz aus, manchmal sind es einfach nur ein paar väterliche Ratschläge, die die Tochter dann in einem Hotel in Peking erreichen oder bei einer Freundin in Moskau. Oder unterwegs zu einem Schulschachprojekt in Johannesburg.
Unterwegs. Das war und ist Elisabeth Pähtz Zeit ihres Lebens.
Rückblende. 1994, mit gerade einmal neun Jahren, spielt sie schon in der Bundesliga der Frauen. Ein Jahr später holt sie Silber bei Europa- und Weltmeisterschaft. Das German Wunderkind ist geboren. Zweimal wird sie Weltmeisterin. Eine einmalige Leistung im deutschen Schach.
Die Zeit der Wunder ist vorbei
Zwanzig Jahre später sind die Wunder vorbei. Rückblickend spricht sie von ihrer „Blütezeit“. „Als Mädchen ist man fürs Fernsehen interessant, aber das hört dann auf“, sagt sie im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeine“.
Damals war sie bei Harald Schmidt und Hape Kerkeling. Heute ist sie noch immer die stärkste deutsche Schachspielerin. Eine Nummer eins auf lange Sicht. Doch Schach ist eine Randsportart. Und Frauenschach liegt am Rand dieses Randes.
Vor allem: Sie ist nicht mehr das Wunderkind von einst.
Elisabeth Pähtz ist erwachsen geworden. Ja, sie sollte mal an Familienplanung denken, gibt sie lächelnd zu. Mit Luca, einem Italiener mit albanischen Wurzeln und Doktorand der Gentechnologie in Rom, ist sie seit anderthalb Jahren zusammen. Eine moderne Fernbeziehung.
Inzwischen hat sie die Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin abgeschlossen. Und ja, sie hat darüber nachgedacht, in dem Beruf zu arbeiten. Ein Job, wie gemacht für sie, die fünf Sprachen spricht. Doch dann spürt sie es wieder. Ein Dasein ohne Schach ist für sie nur schwer vorstellbar: „Mein ganzer Freundeskreis, ja, mein ganzes Leben baut darauf auf.“
Sie nennt es eine Ersatzfamilie. Andere haben Freundschaften im Hausaufgang nebenan. Elisabeth Pähtz‘ Nachbarschaft ist die Weltelite. Ihre Kumpels sind Top-Großmeister, wie der Russe Sergej Karjakin, ihre Freundinnen wohnen über den Globus verteilt. Mit der italienischen Nationalspielerin Marina Brunelli pflegt sie derzeit den engsten Kontakt. Täglich tauschen sich die jungen Damen aus.
Die Erfurterin ist die einzige Frau in Deutschland, die Schach professionell betreibt. Kein Quell für Reichtümer, aber sie kann davon leben. Einsätze in der Bundesliga und internationalen Ligen, Simultanvorstellungen und Vorträge sichern ihr Einkommen.
Wie vieles sieht sie das sehr pragmatisch. Schach ist ein Job. Wenn ich im Büro sitze, hat sie einmal sinniert, würde ich vielleicht genauso viel verdienen. Aber Schach öffnet ihr den Weg in die Welt. Sie liebt das Reisen und fremde Kulturen, den Kaukasus, die georgische Küche.
Doch Großmeisterin ist keine Festanstellung. Es ist eine tägliche Herausforderung. Sie weiß um die Schwierigkeiten, allein am Computer Varianten zu studieren, diszipliniert zu sein. Nicht immer kann sie sich überwinden. Oft hängt ihr Erfolg von der Tagesform ab. Der große Kasparow traute ihr einst den Sprung unter die besten Zehn in der Welt zu. Vor zwei Jahren war sie 18., aktuell liegt sie auf Platz 37.
Lieber taktisch als strategisch
Sie spielt lieber taktisch als strategisch. Im Blitz- und Schnellschach ist sie am stärksten. Lieber kleine Überraschungen, statt großer Pläne. So hält sie es auch im Leben. Das meiste lässt sie auf sich zukommen. Manchmal lässt sie sich treiben, manchmal ist sie eine Getriebene.
Ein knappes Jahr hat sie es in der Türkei versucht. Als Trainerin der Mädchenauswahl. Sie mag die Arbeit mit Kindern. Am Ende blieb es bei Bürotätigkeit, ein paar Übersetzungen für den Verband und einem überzogenen Visum, für dessen Kosten sich niemand zuständig fühlte.
Schach verschlingt Energie. Energie, die Elisabeth Pähtz seit jeher auch für Dinge abseits der 64 Felder opfert. Sie war Aktivensprecherin, setzt sich ein für bessere Konditionen im Frauenschach, schreibt einen offenen Brief: Frauen brauchen ihre Chance! Sie eckt an bei Funktionären, weil sie Dinge, die ihr nicht passen, offen anspricht. 2007 schafft sie es als „Alphamädchen“ auf den Titel des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“.
Das Erfurter Frauenfestival, das morgen im Radisson-Hotel eröffnet wird, hat sie maßgeblich mit organisiert. Sie hat mit Spielerinnen in aller Welt telefoniert, Erfurt gepriesen und als Gesicht des Turniers dafür geworben. Unterm Strich steht der stärkste Frauenwettbewerb, den es je auf deutschem Boden gab.
Doch es werden noch aus einem anderen Grund besondere Tage für sie. In ihrer Heimatstadt hat sie, abgesehen von einigen Kinderwettbewerben, noch nie gespielt. Und: Sie wird während des Turniers nicht im Hotel schlafen. Sie fährt abends nach Hause, hinaus nach Kerspleben.
Elisabeth Pähtz, die ewige Weltreisende, wird es genießen. Anzukommen, das Bündel abzulegen und dieses Gefühl zu verspüren: wieder daheim.
Die stillen Momente im satten Grün des elterlichen Gartens in Kerspleben sind
für Elisabeth Pähtz ebenso selten wie kostbar. (Foto: Alexander Volkmann)
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Thüringer Allgemeinen