Frauen-Bundesliga: Hamburg schlägt Baden-Baden

von Andreas Albers
15.01.2019 – Nachdem das Team des Hamburger SK in der Frauenbundesliga schon Schwäbisch Hall schlagen konnte und gegen Königshofen 3:3 spielte, ließen die Hamburgerinnen am Wochenende noch einen Sieg gegen den Top-Favoriten Baden-Baden folgen. Drei Weltmeisterinnen waren nicht genug, um den Laufe der Hamburgerinnen zu stoppen, berichtet der überglückliche Hamburger Kapitän. | Fotos: Thilo Gubler, Andreas Albers

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„An Tagen wie diesen...“ Hamburg stürmt die Frauenbundesliga!

Das Hamburger Team auf dem Titelfoto: v.l.n.r: Monika Socko, Diana Baciu, Judith Fuchs, Sarah Hoolt, Filiz Osmanodja und Sarasadat Khademalsharie. 

Nach nahezu perfektem Start, 7-1 Punkte an den ersten beiden Wochenenden (darunter ein klarer Sieg gegen das Top-Team von Schwäbisch Hall und ein eher unglückliches 3-3 gegen einen weiteren Titelkandidaten aus Bad Königshofen) und Tabellenplatz 2, sollte es nun zu Beginn des Jahres ins schöne Baden Baden zum „Meister aller Klassen“ gehen. Die Wetterprognosen ließen uns ein wenig zittern, aber spätestens als unsere frisch gebackene Doppel-Vizeweltmeisterin „Sara“ Khademalsharie am Freitagmorgen ihre erfolgreiche Landung aus Stuttgart meldete, war klar, dass es zumindest auf dieser Ebene keine Probleme geben würde. Sara hatte bereits in der Woche davor die optimistische Grundrichtung vorgegeben: „Wir haben ein gutes Team und werden selbst gegen Baden Baden unsere Chance bekommen. Ich bin bereits vorbereitet und werde Anna (Muzychuk) oder Alexandra (Kosteniuk) bereits im 1. Zug überraschen!“ Es ist ein gutes Gefühl, wenn das das ganze Team sich auf solche eine Herausforderung freut und nicht vor Ehrfurcht erstarrt.

Aber vor dem „großen“ Duell galt es erst mal die Konzentration auf die vermeintliche Pflichtaufgabe gegen die SF Karlsruhe zu legen, die im Abstiegskampf immer eine gute Rolle spielen und auf keinen Fall zu unterschätzen sind.

Am Samstag die Pflichtsiege für die Favoriten

Im geräumigen „Kristall-Saal“ des LAB Baden Baden, direkt an der wunderbaren Lichtenthaler Allee, die selbst im Regen einen Spaziergang wert ist, wartete die erste Überraschung auf uns. Die Karlsruher hatten einige logistische Probleme und konnten leider nur fünf Spielerinnen ins Rennen schicken. Spitzenbrett Jovanka Houska spielte in der englischen Liga, und so kam GM Monika Socko bereits nach 30 Minuten zu ihrem vollen Punkt. Ein wenig seltsames Gefühl ist es immer, man führt zwar schon mal, aber hat dafür nichts geleistet und darf sich auf keinen Fall in Sicherheit wiegen. Für Monika eine Weißpartie, die sie auch gerne gespielt hätte, aber Punkt ist Punkt, und so konnte sich unsere Nummer 1 voll und ganz auf die Aufgabe am Sonntag konzentrieren, denn dann würde aller Voraussicht nach Anna Muzchuk auf sie warten (wenn der Badener Teamchef nicht plötzlich auch noch die beste Schachspielerin der Welt Hou Yifan aus dem Ärmel zaubern würde).

Auch an den anderen Brettern entwickelte sich das Match schnell beruhigend, Sarah Hoolt bekam schnell „ihre“ Stellung gegen die U16 Weltmeisterin Annmarie Mütsch, und an den Brettern 2, 5 und 6 war der Elo-Unterschied auch so groß, dass schon viel zusammenkommen müsste, um wirklich in Probleme zu geraten. Einzig bei Filiz Osmanodja war die Lage, wie so häufig, vollkommen unklar. Manuela Maders Spanisch-Abtauschvariante wurde aggressiv mit h7-h5 und g5-g5 angesprungen, aber Filiz Bedenkzeitverbrauch ist mittlerweile schon fast sprichwörtlich und Manuela verteidigte sich zäh und umsichtig, um dann um Zug 25 herum die Kontrolle zu übernehmen....

In der Zwischenzeit erzielte Judith das 2-0, nach ordentlichem Eröffnungsvorteil war ihr auf dem Weg zur Verwertung zwar ein wenig die Kontrolle entglitten, aber das Finale bot ein paar hübsche Motive:

 

Wurde Ihrer Favoritenrolle gerecht: Judith Fuchs

Kurz vor der Zeitkontrolle hatte auch Annmarie Mütsch genug gesehen und gratulierte Sarah Hoolt zum Sieg. Nach vielen starken Ergebnissen sollte es nicht das Wochenende der jungen Karlsruherin werden - in dieser Partie bekam Schwarz einfach kein Bein auf den Boden und wurde überspielt. Aber auch solche Rückschläge werden Annmarie nur stärker machen. Das deutsche Frauenschach kann sich glücklich schätzen, solche Talente zu haben und eine Liga, in der sie sich mit den Allerbesten messen können.

Weltmeisterin U16, aber an diesem Wochenende Glücklos, Annmarie Mütsch

Sarah Hoolt behielt in Ihrer Partie immer das Kommando und sicherte einen wichtigen Punkt zum 3-0

Wo wir gerade bei der Liga sind, der Deutsche Schachbund hat keine Mühen gescheut und für die Frauenbundesliga ein eigenes Logo entwickelt, das an diesem Wochenende an allen Spielorten vorgestellt wurde, für die Außendarstellung sicherlich wünschenswert unter einem einheitlichen Label aufzutreten.

Die Mannschaftskapitäne und Schiedsrichter Daniel Fuchs präsentieren gemeinsam das neue Logo

Zurück zum Match in Baden Baden. Plötzlich wurde an Brett 4 die Uhr abgestellt, und Filiz Osmanodja sah deutlich erleichtert aus... was war passiert? In gegenseitiger Zeitnot hatte Filiz ihre schlechte Stellung erfolgreich repariert und schickte sich an,  mit einem Freibauern auf der d-Linie allmählich auf Vorteil zu spielen. Solch ein „Kippen“ der Partie ist auch psychologisch immer extrem schwer zu verarbeiten, und so überschritt Manuela Mader plötzlich die Zeit in einer Stellung, die zumindest für die kaltblütigen Maschinen noch im Gleichgewicht war...

4:0, das war dann doch ein wenig überraschend. Und dass an diesem Wochenende alles irgendwie zu Gold wurde, was Filiz anfasste, das deutete sich hier schon an (um das Glück nicht frühzeitig aufzubrauchen, verzichteten wir auf den obligatorischen Besuch im Casino von Baden Baden).

Optimismus pur, Filiz Osmanodja war mit Caissa im Bunde

Während der volle Punkt an Brett 6 von Diana Baciu lediglich eine Frage der Zeit und der zähen Gegenwehr der jungen Jana Basovskiy war, musste Sara Khademalsharie in ihrer dritten Schwarzpartie (alle drei begannen mit 1. e4 e5) in einem Turmendspiel über 75 Züge arbeiten, um die junge Schweizerin Lena Georgescu doch noch in die Knie zu zwingen. „Irgendwo muss es mal Remis gewesen sein!“ ärgerte sich Georgescu über die vergebene Chance zum Ehren-Remis, und in der Tat gibt zumindest das allwissende Silicon-Monster zumindest einmal eine Ausgleichschance, aber nach mindestens 35 Zügen Endspiel-Massage mit bis zu 50 Minuten weniger auf der Uhr ist es natürlich extrem schwer, im entscheidenden Moment zuzugreifen.

Setzte den Schlusspunkt am Samstag zum 6-0, Sarasadat Khademalsharie

Alles in allem also ein verdienter, wenn auch in der Höhe etwas glücklicher 6-0 Erfolg, der uns zwar nicht euphorisch werden ließ, aber zumindest die Gewissheit gab, dass wir unsere Pflicht sauber erfüllt hatten und nun befreit die „Kür“ am Sonntag in Angriff nehmen konnten.

Unsere Reisepartner von TuRa Harksheide hatten gegen die Badenerinnen zwar keinerlei Chance auf einen Mannschaftspunkt, verkauften sich aber mehr als ehrenwert! Das sympathische Team aus dem Süden Schleswig-Holstein hatte sich zu dieser Saison zumindest partiell verstärkt, bleibt aber seiner Philosophie treu, jungen Talenten die Chance zu geben und so das Abenteuer Erste Liga zwar in Angriff zu nehmen, aber nicht auf Teufel komm raus den Klassenerhalt zu erzwingen. Wie stark die Spielerinnen von Teamchef Eberhard Schabel sind, zeigen sie immer wieder in einzelnen Partien, und so gelangen der jungen Slowenin Laura Unuk und der Polin Maria Gosciniak zwei überzeugende Remisen gegen die Muzychuk-Schwestern Anna und Mariya, ihres Zeichens 300 bzw. 500 Elopunkte stärker eingeschätzt als ihre Gegnerinnen.

Hält auch gegen Anna Muzychuk stand: Laura Unuk am Spitzenbrett von Harksheide

Maria Gosciniak übte gegen die Ex-Weltmeisterin Maryia Muzychuk sogar einigen Druck aus

Ein weiteres Remis wäre sicherlich an Brett 5 drin gewesen, aber die erfahrene Ex-Europameisterin Ketevan Arakhamia-Grant hielt ihre schlechte Stellung gegen Amina Sharif so lange zusammen, bis der jungen Studentin die Nerven versagten und die Partie doch noch zu Gunsten der Favoritin kippte. Der 5-1-Sieg lässt natürlich keine Fragen nach dem Klassenunterschied offen und war dennoch keine Demonstration der Stärke.

Showdown am Sonntag!

Warum genau nur noch die Frauenbundesliga morgens um 9 Uhr anfangen muss, weiß niemand so genau, aber es findet sich anscheinend keine Mehrheit für einen späteren Beginn, auch wenn es immer mal wieder diskutiert wird. Auf jeden Fall besteht auch deswegen das Abendprogramm nach der Samstagsrunde meist lediglich aus einem gemütlichen Mannschaftsessen, danach heißt es dann schnell auf die Zimmer, vorbereiten und Gute Nacht! Einige Skype-Gespräche wurden geführt, die Mannschaft konnte sich über die eröffnungstechnische Unterstützung von IM Jonas Lampert aus unserer „Herren“-Mannschaft freuen, der mit Veröffentlichung der Aufstellungen am Mittag begonnen hatte, Pläne zu erarbeiteten, auch für den Fall, dass es einen personellen Wechsel (im „schlimmsten Fall“ Hou Yifan, eher wahrscheinlich aber Ketino Kachiani-Gersinska) geben würde. Vielen Dank Jonas für Deine Hilfe!

Beim Frühstück erschreckten mich kurz chinesische Töne am Buffet, aber nein es war lediglich eine Gruppe Touristen aus dem Reich der Mitte! Ein kurzer Spaziergang durch den Morgenregen von Baden Baden und dann war klar, zumindest eine kleine Überraschung hatte sich Teamchef Thilo Gubler tatsächlich zurechtgelegt und mit Ketino Kachiani-Gersinska noch mal ein paar Elopunkte „nachgeladen“.

„Du weißt, dass der Gegner dich ernst nimmt, wenn er drei Weltmeisterinnen auffährt“ –  Kosteniuk und Mariya Muzychuk im klassischen Schach, Anna Muzychuk zumindest im Schnell-und Blitzschach, in der klassischen Bedenkzeit reichte es bisher „nur“ zu Silber

Joker am Sonntag, Ketino Kachiani Gersinska wechselt ein

Anna Muzychuk: „Voller Zuversicht am Sonntagmorgen“| Foto: Thilo Gubler

Alexandra Kosteniuk: „Mit unzähligen Titeln und Goldmedaillen dekoriert“| Foto: Thilo Gubler

Was soll man sagen? „Du hast keine Chance, also nutze sie!“ hatten wir Sara und Monika am vorigen Abend beigebracht, und gerade die beiden strahlten eh eine Menge Zuversicht und Tatendrang aus. Wie bereits im Vorfeld angekündigt, ist Sara dabei ihr Repertoire zu erweitern. Sie griff gegen die russische Nummer eins, Alexandra Kosteniuk, zum ersten Mal in ihrer Laufbahn zu 1. Sf3 bei einer ernsthaften Partie. Das reicht natürlich nicht, um so eine Gegnerin wirklich in Bedrängnis zu bringen und doch zeugt es von Selbstvertrauen, in so einem wichtigen Match solche „Experimente“ zu wagen.

Nach etwa zwei Stunden begannen die anwesenden Fans sich mehr oder weniger große Sorgen um die Hamburger Schwarz-Bretter zu machen, vor allem die beiden Muzychuk-Schwestern schienen gut aus der Eröffnung gekommen zu sein. Gegen Monikas Caro-Kann standen die weißen Figuren einfach besser, und Sarahs Figuren schienen nicht ausreichenden Raum und gute Felder zu finden, um glücklich zu werden. Die Partie, in denen wir Weiß hatten, machten allerdings alle doch einen ganz ordentlichen Eindruck, was aber natürlich angesichts der gegnerischen Klasse auch noch keinerlei Aussage über das Ergebnis der Partien zulässt. Mit diesem leicht pessimistischen Gefühl verließ ich für eine halbe Stunde den Spielsaal und versuchte die geschundenen Kapitänsnerven zu beruhigen. Der Cappuccino war noch nicht mal bezahlt, als IM Jonathan Carlstedt sich bei mir meldete: „Oh Yes, Monika hat gewonnen!“ Ein nicht besonders lustiger Scherz? Aber wenn man seine engen Freunde kennt, dann weiß man, wann Witze gemacht werden und wann es ernst ist, also schnell den Kaffee hinuntergeschluckt und ab an die Bretter. Und in der Tat konnte ich einer freudestrahlenden Monika gratulieren. Was war passiert?

 

Wow, das war ein Punkt, von dem wir geträumt, aber nicht gehofft hatten, auch wenn Monika im Hamburger Dress schon so viele Weltklasseleute geschlagen hat (Unter anderem gelang ihr der bisher einzige Sieg gegen Kosteniuk 2016 …. im Match Baden Baden – Hamburger SK, damals reichte es zu einem sensationellen 3-3).

Was für ein Spitzenbrett! GM Monika Socko mit 14,5/17 in den letzten 4 Spielzeiten für Hamburg! „Aber erinnerst Du Dich Andi, vor 4 Jahren habe ich eine gewonnene Stellung gegen Kashlinskaya verloren in der letzten Runde und damit haben wir Silber verpasst, das tut heute noch weh!“

Eine Zugwiederholung brachte einen weiteren halben Punkt in der Partie Ketino Kachiani-Gersinska vs. Judith Fuchs „Normalerweise stehen wir beide immer mal auf Gewinn in unseren Partien und am Ende wird es Remis“ fasste Judith beim Morgenspaziergang ihre Erfahrungen mit der ehemaligen deutschen Nationalspielerin zusammen. Diesmal war es auch nicht ganz „ruhig“, aber zumindest nicht ganz so aufregend wie in der Vergangenheit und mit Schwarz auf jeden Fall ein gutes Ergebnis für uns. 1,5 – 0,5 für Hamburg, wir durften zumindest ein wenig hoffen und hatten das klare 0,5 – 5,5 aus dem vergangenen Jahr schon überboten.

Während Diana Baciu am Brett 6 in stoischer Ruhe ihre gute Stellung Stück für Stück verbesserte und sich anschickte, den ersten Bauern einzusammeln...,

Die Ruhe in Person, Diana Baciu

... machten sich am 2. Brett Saras Königsflügelbauern auf die Wanderschaft...

Und bei Filiz? Ihre Gegnerin Anna Zatonskih hatte am Samstag eine schnelle Partie gewonnen und war glücklich ins Hotel entschwunden, um sich um ihre beiden Kinder zu kümmern; wir hielten es im Vorfeld nicht für unwahrscheinlich, dass sie mit Schwarz ein relativ schnelles Remis anstreben würde. Aber Filiz ist eine Kämpferin aus dem Lehrbuch und so war es relativ einfach, sie davon zu überzeugen, dass diese Partie gerne über die volle Distanz gehen dürfe. In einer russischen Partie hatten beide bereits nach zwölf Zügen jeweils über ein Stunde ihrer Bedenkzeit verbraucht und es kündigte sich bereits ein gewisses Chaos an....

Anna Zatonskih hätte sich sicher einen entspannteren Sonntag vorgestellt

Und was machte Sarah in unserer letzten Schwarzpartie? Auch hier gab es zumindest für die Zuschauer vor Ort und auch Sarah selbst Grund zur Hoffnung, denn Mariya Muzychuk hatte, für sie eigentlich untypisch, die Kontrolle über ihre vorteilhafte Stellung verloren und sah sich plötzlich mit allerhand Gegenspiel konfrontiert. Ob das reichen könnte, war vor Ort ohne Rechner-Unterstützung kaum einzuschätzen, aber dass selbst diese Partie nicht chancenlos an die Badener ginge, ließ gewissen Optimismus aufkommen; wer weiß, vielleicht würde es heute doch wieder zu einem 3-3 reichen?

Dafür müsste allerdings vermutlich eine positive Entscheidung an Brett 2 fallen. „Es ist so schwer gegen Alexandra zu gewinnen! Sie kämpft immer wie eine Löwin, ist voller Energie, selbst in schlechten Stellungen, sehr beeindruckend!“ hatte Monika noch am Abend zuvor zu erzählen gewusst und auch Sarasadat hatte bereits ihre Erfahrungen gemacht. Allerdings bei der so erfolgreichen Blitzweltmeisterschaft hatte sie gegen die Exweltmeisterin zum ersten Mal gewonnen.

 

Soeben kam 47. g6-g7 und Alexandra spürt: die Lage gerät vollkommen außer Kontrolle!)

Wahnsinn! 2-0 gegen die beide Spitzenbretter von Baden Baden - wann hatte es das gegeben?

Wenn es heute nicht mit einem Matchsieg klappen sollte, wann dann? Wenig später musste Sarah ihre Partie aufgeben, am Ende hatte sich die weltmeisterliche Stärke dann doch durchgesetzt, aber immer noch stand es 2,5 – 1,5 für Hamburg, zwei Remisen würden für die Sensation ausreichen und zumindest bei Diana schien das Unentschieden zumindest jederzeit möglich zu sein.

Live vor Ort ist Schach halt doch am schönsten, zu Hause vor dem Bildschirm ist es bequem und der Rechner sagt einem auch gleich noch alles, was man selbst genauso wenig sieht wie die beiden Spielerinnen am Brett, aber nur am Ort des Geschehens bekommt man ein wirkliches Gefühl für die Spannung, die im Raum herrscht. Das Finale der Partie Osmanodja – Zatonskih ist aus diesen Gründen bewusst nur verbal und ohne Engine-Beratung kommentiert, folgende Situation: Beide Spielerinnen haben jeweils maximal 1 Minute (+30 Sekunden pro Zug) auf der Uhr. Nach Zug 40 kamen 30 Minuten dazu, aber diese waren nach 5 weiteren Zügen bereits wieder komplett investiert, und es ging wieder in den Blitzmodus. Um die 20 Zuschauer versammeln sich um das Brett und beiden Spielerinnen ist klar, hier geht es um alles! Und nun passiert folgendes:

 

Unfassbar, wir hatten es tatsächlich geschafft! 3,5 – 1,5 den Deutschen Meister geschlagen, ... eine Mannschaft bezwungen, die "eigentlich" nicht "zu besiegen war", wie Thilo Gubler augenzwinkernd sagte  und die Tabellenführung erobert!

Dass Ketevan Arakhamia-Grant gegen Diana Baciu zum zweiten Mal an diesem Wochenende eine schlechte Stellung mit Schwarz erfolgreich verteidigt und am Ende sogar noch gewinnt, spielte kaum mehr eine Rolle, ebenso wie ich unsere Reisepartner aus Harksheide um Verzeihung bitte, dass Ihr erster Saisonsieg gegen Karlsruhe (die am Sonntagmorgen mit drei neuen Spielerinnen und auch komplett angetreten waren) in diesem Bericht nur eine kurze Erwähnung findet. Die Glückwünsche aus der Heimat aber vor allem auch von unserer Teamkollegin IM Rout Padmini aus Dehli („Great job girls, I am so proud of my team!“) und von vielen Schachfans aus ganz Deutschland und Europa trudeln ein und werden gerne von uns aufgenommen, es ist ein historischer Sonntag, der erste Sieg gegen Baden Baden für unser Team überhaupt und das in dieser Art und Weise.

„Jetzt zieht es aber auch durch, ja? Wenn wir es schon nicht schaffen können, dann wollen wir wenigstens gegen die Meister verloren haben!“ gratulierte der Badener Teamchef Thilo Gubler aufrichtig.

Thilo Gubler

Auf so mancher Schachseite wird nun geschrieben, wir hätten den Weg zum Meistertitel schon fast geschafft, so ist es natürlich keineswegs! Wir lassen uns auch durch den Riesensatz unserer Titelchancen, den das Liga-Orakel von 0,8% auf 70,6% macht, nicht verführen (https://www.schachklub-bad-homburg.de/). 

Wir genießen diesen Erfolg ein paar Tage und dann geht es am 9./10. Februar schon wieder weiter, in Norderstedt gegen die beiden  Teams aus Lehrte (mit einer unberechenbaren WIM Fiona Sieber am Spitzenbrett), die uns vor zwei Jahren schon mal überraschend geschlagen haben, und gegen die sehr erfahrenen Berlinerinnen von Rotation Pankow. Auf dem Papier werden wir sicherlich Favoriten sein, aber jeder Sportler weiß, wie schwer diese Bürde sein kann, und jetzt haben wir etwas zu verlieren. Selbst wenn diese beiden Runden erfolgreich gestaltet werden sollten, warten zum Finale in Berlin mit TuRa Harksheide und Bayern München noch mal zwei Teams auf uns, die im Abstiegskampf keinerlei Geschenke zu verteilen haben, und mit den Rodewischer Schachmiezen ein bärenstarkes Team, das selbst noch große Ambitionen hat, ganz vorne anzugreifen. Alle 5 Gegner würden uns sicherlich nur allzu gerne in die Suppe spucken, und so tun wir sehr gut daran weiterhin von Runde zu Runde zu denken und zu planen.

Andreas Albers

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Schachspieler, Trainer, Organisator ... manchmal auch einfach "Mädchen für alles".

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