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Nico Zwirs: The Refreshed Evans Gambit
In den letzten Jahren erlebte die Italienische Partie eine Renaissance: Viel Weißspieler waren es leid, gegen die Berliner Mauer anzurennen. Sie stellten den Läufer daher gleich auf c4 und hofften darauf, in einem Mittelspiel mit geschlossenem Charakter kleine Vorteile ansammeln zu können. Viele Schwarzspieler sind sich mittlerweile der Gefahren, die dort lauern, bewusst und wissen genau, wann sie a6 oder a5 spielen sollen, wie sie auf verzögertes d3-d4 reagieren und den Angriffsplan Sg3-f5 parieren können.
Der holländische IM Nico Zwirs stellt einen 60-Minuten-Kurs vor, der nicht auf subtiles Lavieren wir im Italiener mit d3 (Giuoco pianissimo), sondern auf forschen Angriff setzt: Nach einer kurzen Einführung werden in vier Videos die wichtigsten Abspiele des angenommenen Evans-Gambits besprochen. Für die Ablehnung mit 4…Lb6 blieb keine Zeit, ebenso bekommen wir keine Tipps, wie wir 3…Sf6 bekämpfen können.
Die Analysen sind Engine-geeicht und zeigen, dass das Evans-Gambit in allen Varianten spielbar ist – lediglich Zwirs´ Hauptvariante gegen 5…Le7 vermochte mich gegen Ende hin nicht ganz zu überzeugen. Wird der Schwarzspieler etwas sorglos, droht rasch ein vernichtender Angriff. Kann er aufgrund ausreichender Theoriekenntnisse die gefährlichsten Klippen umschiffen, gibt uns Nico Zwirs folgenden Tipp mit auf den Weg: Verbleiben wir mit einem Minusbauern, brauchen wir nicht alle Brücken hinter uns abbrechen, sondern wir sollten cool bleiben und normale Entwicklungszüge spielen. Offene Linien oder das Läuferpaar versprechen immer ausreichend Kompensation, auch wenn die schwarz Stellung solid wirkt.
Nico Zwirs referiert in gut verständlichem Englisch. Dabei klingt ein sympathischer niederländischer Akzent durch, der sich z. B. beim „Effans-Gambit“ bemerkbar macht. Teilweise hätte ich mir etwas mehr Begeisterung fürs kühne Angriffsspiel erhofft: Wer das Evans-Gambit propagiert, sollte nicht nur sorgsam geprüfte Variante vorstellen, sondern für seine Eröffnung brennen. Dies vermisse ich etwas beim holländischen IM. Ein Grund für die mangelnde Euphorie könnte sein, dass Zwirs selbst noch nie das Evans-Gambit gespielt hat, zumindest laut den veröffentlichten Partien der letzten Jahre. Außerdem bleibt er uns die Erklärung schuldig, was an Varianten „refreshed“ ist. Wer aber einen unaufgeregten, sachlichen Vortragsstil bevorzugt, wird die abgeklärte Art von Nico Zwirs schätzen.
Meiner Meinung trägt es zur schachlichen Entwicklung bei, sich mit Gambits zu beschäftigen. Zum einen wird automatisch das taktische Auge geschärft, zum anderen wird das Verständnis für dynamische Stellungen trainiert. Daher kann ich den 60-Minuten-Kurs über das Evans-Gambit allen Spieler*innen, die sich weiterentwickeln wollen, ebenso empfehlen wie jenen, die sich an romantischem Angriffsschach erfreuen.
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