Griechenland gewinnt Nato-Schachmeisterschaft

von Ulrich Bohn
08.07.2022 – In der letzten Juniwoche zeigte die NATO im Baltikum auch im Schach Präsenz. Die 32. NATO-Schachmeisterschaften wurden von Estland ausgerichtet. In der Mannschaftswertung konnte Griechenland Titelverteidiger Polen auf Platz zwei verweisen. Deutschland wurde hinter der USA Vierter. Ulrich Bohn berichtet. | Foto: v.l. Robert Stein, Alexandros Papasimakopoulos, Ekaterini Pavlidou (Fotos: Estland Orga Team)

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Die Nato-Schachmeisterschaft in Estland

Die Austragungsorte der jährlich stattfindenden NATO Schachmeisterschaften werden grundsätzlich fünf Jahre im Voraus festgelegt. Vor dem Hintergrund des unsäglichen, menschenverachtenden Krieges in der Ukraine und der besonderen Betroffenheit der baltischen Staaten, war es insofern Zufall, aber doch eine durchaus passende Wahl, dass in diesem Jahr die 32. NATO Schachmeisterschaft in Estland und damit zum zweiten Male in einem baltischer Staat ausgetragen wurde. Konnte so der Zusammenhalt der NATO Staaten besonders mit den baltischen Ländern im Rahmen der NATO Schachgemeinschaft weiter gestärkt werden. Welche Bedeutung Estland dieser Veranstaltung beimaß, ließ sich allein daran erkennen, dass der Ausrichter mit dem Befehlshaber der Verteidigungskräfte der Republik Estland, Generalleutnant Martin Herem, einen sehr prominenten Schirmherrn für das Turnier gewinnen konnte. Dieser ließ es sich dann auch nicht nehmen an dem im Rahmenprogramm ausgetragenen Blitzturnier teilzunehmen, wobei er sich als respektabler Schachspieler erwies. Daneben bot die Meisterschaft in Estland auch eine gute Gelegenheit Land und Leute kennen zu lernen, was sicherlich auch ein wichtiger Aspekt dieser Veranstaltung ist.

Das Turnier wurde vom 27.06. bis 01.07.2022 in Tartu ausgetragen, das mit knapp 100.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Landes ist. Die An- und Abreise per Flugzeug erfolgte über die estnische Hauptstadt Tallinn. Dies nutzten viele der Teilnehmer um die sehr schöne, alte Stadt kennenzulernen. Tallinn, das bis zur ersten estnischen Unabhängigkeit von Russland im Jahre 1918 Reval hieß, ist vor allem mit seinem Domberg und seiner Altstadt bis heute noch von der teils dänischen, teils deutschen Vergangenheit zur Zeit der Hanse geprägt. Aus kulinarischer Sicht sehr beliebt unter Touristen und in der Tat auch lohnenswert ist ein Besuch des traditionsreichen Restaurants „Olde Hansa“.

Und auch Tartu hat seine Reize und ist eine sehr liebenswerte und lebendige Universitätsstadt, wie die Teilnehmer feststellen durften. Dass die Menschen hier mit noch größerer Sorge auf den Ukraine Krieg des Aggressors Russland schauen, ist nur zu verständlich. Ist die russische Grenze doch gerade einmal 50 km von Tartu entfernt. So war dann auch der Besuch des an der Grenze gelegenen Peipussees ein Teil des Rahmenprogramms.

Mit Lionel Kieseritzky, der hier geboren wurde und hier auch studierte, hat die Stadt auch einen bedeutenden Schachspieler hervorgebracht. Dass dieser ausgerechnet durch eine Verlustpartie, die sogenannte „Unsterbliche“ gegen Adolf Anderssen, zu besonderer Prominenz gelangte, tut dem keinen Abbruch.

Auch vom Wetter her zeigte sich Tartu von seiner besten Seite: Fünf Tage Sonnenschein bei Temperaturen von z.T. über 30°C, die dann aber doch dem ein oder anderen Spieler etwas zusetzten.

Das Turnier wurde wie immer als siebenrundiges Einzelturnier mit Mannschaftswertung ausgetragen. Insgesamt nahmen 94 Spieler aus 15 Ländern teil. Je Nation können offiziell acht Spieler gemeldet werden, von denen sechs im nationalen Team antreten und zwei Spieler auf NATO Teams verteilt werden. Spieler mit mindestens acht Einsätzen bei NATO Meisterschaften, sogenannte Lifetime Member, können darüber hinaus in NATO Teams spielen. Je Team werden die besten vier Spieler in der Einzelwertung für die Mannschaftswertung berücksichtigt.

Zur Tradition des Turniers gehört dazu, dass vor den Partien ein Gastgeschenk an den Gegner übergeben wird. Auch in diesem Jahr stellte ChessBase Präsente für alle Partien der deutschen Spieler zur Verfügung. Diese erfreuten sich bei den Gegnern großer Beliebtheit und wurden sehr dankbar von den Spielern der anderen Nationen entgegengenommen.

Das Team der Bundeswehr ging in diesem Jahr geschwächt an den Start, da die nominellen Nummern zwei und drei nicht mitspielen konnten. Besonders stark war wieder das griechische Team vertreten, dass in den letzten beiden Meisterschaften jeweils zum Teil nur ganz knapp und auch etwas unglücklich den Meistertitel verpasste. Und natürlich war Polen als Titelverteidiger ein heißer Anwärter auf den Mannschaftstitel. Allerdings zeichnete sich spätestens nach der fünften Runde ab, dass sich Griechenland in diesem Jahr den Sieg nicht nehmen lassen würde. Vor der letzten Runde war Griechenland mit dreieinhalb Punkten Vorsprung in der Mannschaftswertung der Titel so gut wie nicht mehr zu nehmen, so dass es eigentlich nur noch um die Plätze zwei und drei ging. Hier lagen Polen und Deutschland gleich auf, und das Team der USA folgte mit nur einem halben Punkt Rückstand.

In der letzten Runde punktete Polen dann besser und auch die US-Amerikaner schoben sich noch vor das Bundeswehr Team.

In der Mannschaftswertung ergaben sich somit folgende Platzierungen:

Damit konnte Griechenland zum ersten Mal die Bronzestatue des dänischen Königs Knut als begehrte Trophäe für die Mannschaftswertung in Empfang nehmen. Und auch aus deutscher Sicht war das Ergebnis einmalig: Konnte das Bundeswehr Team doch bisher in weit mehr als der Hälfte der vergangenen 31 Meisterschaften den Sieg davontragen oder sich einen zweiten bzw. zuletzt zumindest einen dritten Platz sichern. Der vierte Platz stellt somit das schlechteste Ergebnis der deutschen Equipe dar.

 

Das siegreiche griechische Team (v.l.n.r.):
IM Anastasios Pavlidis, Konstantinos Mouroutis, CM Alexandros Papasimakopoulos, WIM Ekaterini Pavlidou, Andreas Nikomanis, Spyros Ntalampiras © Estland Orga Team

In der Einzelwertung konnte die Nummer eins des deutschen Teams, FM Robert Stein, seiner Favoritenrolle als Führender der Startrangliste nicht ganz gerecht werden. Mit einer sehr soliden Leistung erreichte er mit 5,5 Punkten aus 7 Runden, bei drei Remisen einen guten dritten Platz.

Natürlich dominierten auch hier die Spieler aus Griechenland: Mit einem überzeugenden Resultat von 6,5 Punkten wurde CM Alexandros Papasimakopoulos völlig verdient und souverän Erster, vor seinem Landsmann IM Anastsios Pavlidis mit 6 Punkten. Letzterer gewann dann auch den Schönheitspreis mit einer eindrucksvollen Partie gegen den US-Amerikaner Eigen Wang, der ebenso wie Robert Stein mit 5,5 Punkten auf Platz vier landete. Mit gleicher Punktzahl rundete WIM Ekaterini Pavlidou, die Schwester von Anastasios, den Erfolg des griechischen Teams auf Platz 5 ab.

In der Einzelwertung ergaben sich auf den ersten Rängen folgende Platzierungen:

Endstand nach 7 Runden

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Papasimakopoulos Alexandros 6,5 30,5
2 Pavlidis Anastasios 6,0 32,5
3 Stein Robert 5,5 34,5
4 Wang Eigen 5,5 31,5
5 Pavlidou Ekaterini 5,5 27,5
6 Cichy Kamil 5,0 31,0
7 Pietruszewski Marcin 5,0 30,0
8 Graczyk Damian 5,0 30,0
9 Nikomanis Andreas 5,0 27,5
10 Flaata Alexander R. 5,0 27,0
11 Onley David E 5,0 27,0
12 Rizihs Valerijs 5,0 24,0
13 Valeinis Janis 4,5 31,5
14 Sycz Dariusz 4,5 30,0
15 Bohn Ulrich 4,5 29,5
16 Kedzierski Slawomir 4,5 29,0
17 Tustanowski Mateusz 4,5 28,0
18 Duren Andrew 4,5 27,5
19 Keough Robert 4,5 27,5
20 Peraino Andrew 4,5 27,0
21 Nill Oliver 4,5 26,5
22 Balmaceda Enrico 4,5 26,5
23 Pedersen Finn 4,0 31,5
24 Nilsson Erik 4,0 29,5
25 Cheung Jan 4,0 29,0

94 Spieler

CM Alexandros Papasimakopoulos (GRE), souveräner Sieger der Einzelwertung © Estland Orga Team

Die deutsche Mannschaft (v.l.n.r.): Wilhelm Jauk, Karl Koopmeiners, Guido Schott, Ulrich Bohn, Ken Koort (Präsident des estnischen Schachverbandes), Generalleutnant Martin Herem (Schirmherr), Oliver Nill, FM Robert Stein, Marko Sauer, Tobias Jacob © Estland Orga Team

 

Die Platzierungen der deutschen Spieler im Einzelnen:

FM Robert Stein,  SG 1871 Löberitz   5,5 Punkte / 3. Platz

Ulrich Bohn, Schachverein 03/25 Koblenz  4,5 / 15.

Oliver Nill , vereinslos   4,5 / 21.

Wilhelm Jauk, TSG Oberschöneweide 4 / 26.

Marko Sauer, SG Arnstadt/Stadtilm 4 / 27.

Guido Schott, Schachverein Hennef 1927 4 / 36.

Tobias Jacob, Schachclub Unterhaching 4 / 38.

Karl Koopmeiners (LTM), 1. Schach-Klub Troisdorf  2 / 82.

 

Abschließend wurde wie in jedem Jahr ein Blitzturnier ausgetragen. Hier fanden sich immerhin 77 Teilnehmer, die über elf Runden im Schweizer System gegeneinander antraten.

Auch in diesem Wettbewerb ließ CM Alexandros Papasimakopoulos mit 9,5 Punkten nichts anbrennen und siegte mit einem halben Zähler Vorsprung vor FM Robert Stein. Mit acht Punkten sicherte sich WIM Ekaterini Pavlidou den dritten Platz punktgleich vor Eigen Wang.

Nachfolgend die Platzierungen auf den ersten zehn Rängen

Alle Informationen zu Paarungen und Platzierungen der 32. NATO Schachmeisterschaft können auf den Internetseiten https://www.natochess22.ee/ bzw. https://www.natochess.com/2022/ eingesehen werden.

Die nächste NATO Meisterschaft ist vom 04. bis 08. September 2023 in Portorož an der slowenischen Adriaküste geplant. Das deutsche Team möchte auch dann wieder dank der Unterstützung durch die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung e.V. ganz vorne um die Meisterschaft mitspielen.

Übergabe des Wikingerschiffs als Staffelstab für die Ausrichtung der NATO Meisterschaft von Mati Tikerpuu (EST, re.) an Peter Papler (SLO), © Estland Orga Team

Partien:

 

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