Der Traum wird Wirklichkeit: Gukeshs Sieg bei einem historischen Ereignis

von Shahid Ahmed
24.04.2024 – Bei den FIDE-Kandidatenturnieren 2024 wurden Rekorde gebrochen und Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal fanden zwei Wettkämpfe - ein offener und ein Damenturnier - gleichzeitig am selben Ort statt. Dabei sahen wir erstmals auch ein Geschwisterpaar am Start, R Praggnanandhaa und R Vaishali. Am End brach D. Gukesh eine Reihe von Rekorden: Er war der jüngste Sieger eines Kandidatenturniers und ist damit der jüngste Herausforderer des Weltmeisters aller Zeiten. Sagar Shah hat Gukess in einem langen Gespräch interviewt. | Foto: FIDE / Michal Walusza

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10 Gründe, warum das Kandidatenturnier für das indische Schach etwas Besonderes war

1. Der jüngste Gewinner eines FIDE-Kandidatenturniers aller Zeiten

Im Alter von 17 Jahren ist D. Gukesh der jüngste Spieler, der jemals ein Kandidatenturnier gewonnen hat. Letztes Jahr, am 1. September 2023, war Gukesh schon der erste Inder seit 37 Jahren, der Vishy Anand in der Weltrangliste überholte.

Es ist also logisch, dass Gukesh einen weiteren großen Rekord aufstellte, der nur sehr schwer zu erreichen, geschweige denn zu brechen sein wird.

2. Erstes Kandidatenturnier offenem Turnier und Damenturnier

Die kürzlich abgeschlossene Veranstaltung in Toronto war die erste, bei der sowohl das offene Turnier als auch das Kandidatenturnier der Frauen in derselben Halle stattfanden.

Lei Tingjie, Humpy Koneru, Tan Zhongyi

Die drei Erstplatzierten des Frauenturniers - Lei Tingjie, Humpy Koneru und Turniersiegerin Tan Zhongyi | Foto: FIDE / Michal Walusza

3. Indiens Vorherrschaft und die erste Bruder-Schwester-Teilnahme überhaupt

Vishy Anand und Koneru Humpy waren die einzigen beiden Inder, die sich vor diesem Turnier jemals für die Kandidatenturniere qualifiziert hatten. In diesem Jahr haben sich fünf Inder - drei im offenen Turnier und zwei bei den Frauen - qualifiziert. Indien stellte mit drei Vertretern die meisten Spieler im offenen Turnier.

Es war auch das erste Mal, dass ein Bruder-Schwester-Duo, R Praggnanandhaa und R Vaishali, in der gleichen Ausgabe eines Kandidatenturniers spielte.

Die mathematischen Chancen waren sicherlich zu Gunsten Indiens. Der Sieg von Gukesh und der zweite Platz von Humpy sind der Beweis dafür.

Praggnanandhaa Rameshbabu

Praggnanandhaa hatte einen starken Start in Toronto, fiel aber in der zweiten Hälfte des Turniers aus dem Rennen um den ersten Platz heraus | Foto: FIDE / Michal Walusza

4. Wie man mit einem Verlust umgeht, ist wichtiger als der Verlust selbst

"...wenn ich einen Moment nennen müsste, in dem ich das Gefühl hatte, dass dies mein Moment sein könnte, dann war es wahrscheinlich nach der siebten Partie. Nachdem ich gegen Firouzja verloren hatte. Natürlich war ich danach ziemlich sauer, aber während des Ruhetages fühlte ich mich schon so gut, obwohl ich gerade eine schmerzhafte Niederlage erlitten hatte. Ich habe mich absolut gut gefühlt, und ich weiß nicht, vielleicht hat mich diese Niederlage einfach so sehr motiviert. Nach der siebten Runde fühlte ich mich dann wirklich am besten."

So antwortete D. Gukesh einem Journalisten, der ihn fragte, wann er das Gefühl habe, dieses Turnier gewinnen zu können.

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5. Die Bedeutung eines starken Teams

Um in irgendetwas erfolgreich zu sein, braucht man ein großartiges Unterstützungssystem. D Gukesh war umgeben von seinem Vater Dr. Rajini Kanth, seinem Sekundanten Grzegorz Gajewski und Westbridge Capital-Sponsor Sandeep Singhal.

Gukesh erwähnte auch, dass er während des Turniers von der Außenwelt abgeschirmt war. Er konzentrierte sich auf seine Partien und die Vorbereitung.

Dommaraju Gukesh

Das Dream Team (v.l.n.r.): Dr. Rajini Kanth (Vater), D. Gukesh, Grzegorz Gajewski (Zweiter) und Sandeep Singhal von Westbridge Capital (Sponsor) | Foto: Sagar Shah

6. Seine letzte Chance ergreifen

D. Gukesh hat sich nicht über den FIDE-Weltpokal für die Kandidatenturniere qualifiziert, und das Grand Swiss Turnier möchte er gerne vergessen. Bei den London Chess Classic war er ganz nah dran, die entscheidenden Punkte zu holen, aber es hat nicht gereicht.

Dann hatte der Mitbegründer und CEO von ChessBase India, Sagar Shah, eine Idee und stellte das Chennai Grand Masters zusammen, das von der Regierung von Tamil Nadu und der Sportentwicklungsbehörde von Tamil Nadu gesponsert und unterstützt wurde. Die Veranstaltung wurde von MGD1, NODWIN Gaming und ChessBase India organisiert, und sie wurde an Vishy Anands 54sten Geburtstag angekündigt.

Gukesh gewann dieses Turnier und sicherte sich einen Platz im Kandidatenturnier. Es gab einige Bewegungen und Kombinationen, die zu einem anderen Ergebnis bei der Schnell- und Blitzweltmeisterschaft hätten führen können, aber alles lief zu Gukeshs Gunsten.

7. Wenn es um Schach geht, versteht Vishnu Prasanna Gukesh besser als jeder andere

Was auch immer D Gukesh im Schach erreicht hat, es hatte viel mit dem Beitrag eines Mannes zu tun: GM Vishnu Prasanna. Wenn es um Schach geht, kennt Vishnu Gukesh besser als jeder andere - Gukesh selbst sagte das nach dem Gewinn des Chennai Grand Masters.

Apropos Vishnu, es wäre nachlässig, wenn ich dieses nette Detail nicht erwähnen würde: Vishnu erzielte 9/9, um das Olympiad Curtain Raiser Rapid Rating Open 2024 zu gewinnen. Es fand im selben Saal und an denselben Brettern statt, an denen auch die Schacholympiade 2022 ausgetragen wurde.

Wir alle wissen, dass Gukesh bei der historischen Mannschaftsveranstaltung acht Siege in Folge erzielte, darunter einen Sieg über Fabiano Caruana. Gukesh gewann schließlich eine Einzel-Goldmedaille am Spitzenbrett und eine Mannschafts-Bronzemedaille für das Indien-2-Team.

Vishnu Prasanna

Vishnu Prasanna mit einem Lächeln im Gesicht (hier ist ein Interview mit Gukeshs Trainer) | Foto: Shahid Ahmed

8. Sagar Shahs Traum wird Wirklichkeit

Neben der Förderung des Schachs in Indien und von Spielern auf der ganzen Welt war es Sagar Shahs Traum, ein klassisches Superturnier in Indien zu organisieren. Schnell- und Blitz-Superturniere finden seit 2018 jährlich in Form des Tata Steel Chess India statt. Im klassischen Bereich gab es jedoch eine Lücke. Er hat es im Dezember 2023 Wirklichkeit werden lassen.

Gukesh erwähnte, dass Sagar an ihn glaubte, obwohl Gukesh es nach einer schlechten Leistung beim FIDE Grand Swiss nicht geschafft hat. Gukesh gewann das Chennai Grand Masters am 21. Dezember 2023. Genau vier Monate später, am 21. April 2024, gewann er das FIDE-Kandidaten-Turnier.

Damit wurde nicht nur Sagars Traum, das erste indische Superturnier zu veranstalten, Wirklichkeit, sondern es erfüllte sich auch ein weiterer Traum - der eines zweiten Weltmeisterschaftsherausforderers aus Indien nach Vishy Anand.

Master Class Band 12: Viswanathan Anand

Als Viswanathan Anand auf der europäischen Schachbühne erschien, hatte er in Indien schon einige Erfolge erzielt, die indischen Jugendmeisterschaften und als Jugendlicher auch die Landesmeisterschaften der Erwachsenen gewonnen. Mit gerade einmal 14 Jahren wurde Anand 1984 für die Schacholympiade in die indische Nationalmannschaft berufen. 1987 wurde er Juniorenweltmeister, 1988 verlieh die die FIDE dem 19-jährigen den Titel eines Großmeisters.

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Sagar Shah, Dommaraju Gukesh

Gukesh und Sagar bei der Aufnahme des FritzTrainers des Herausforderers der Weltmeisterschaft im Studio von ChessBase India | Foto: Abhyudaya Ram

9. Humpy auf dem zweiten Platz

Trotz eines sieglosen Starts mit nur 2½/7 Punkten in der ersten Hälfte schlug Koneru Humpy zurück wie die Kämpferin die sie ist, und erzielte in der zweiten Hälfte eine Punktzahl von 5/7, was ihr den zweiten Platz einbrachte. Wir alle wissen, was für eine erstaunliche Legende sie ist.

Humpy Koneru

Humpy Koneru | Foto: FIDE / Michal Walusza

10. Vaishalis episches Comeback

Wenn man bei einem so wichtigen Turnier wie den Kandidatenturnieren vier Partien in Folge verliert, ist es nicht leicht, ein Comeback zu schaffen. Vaishali gelang nicht nur ein starkes Comeback, sondern sie konnte auch fünf Partien in Folge gewinnen. Sie erzielte die gleiche Punktzahl, 7½ aus 14, wie die Zweitplatzierte. Nur aufgrund von Tiebreak-Kriterien wurde sie auf Platz vier gesetzt.

Und das war ihr Debüt bei den Kandidatinnen!

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Shahid Ahmed ist leitender Redakteur bei ChessBase India. Er schreibt gerne über Schach und Schachturniere und spielt gelegentlich auch selber in Turnieren.