IM Martin Neubauer zu Simon Williams' Budapester Gambit

von Martin Neubauer
17.12.2020 – Das Budapester Gambit ist eine ausgezeichnete Eröffnung, wenn man nicht nur Erfolg, sondern auch Spaß haben will - die ideale Eröffnung also für Simon Williams. IM Martin Neubauer hat sich die DVD angesehen und konnte den Spaßfaktor nachvollziehen - besonders bei Blitzpartien im Internet.

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Simon Williams: The Exciting Budapest Gambit

Mehr als nur Spaß fürs Internet-Blitzen

The Exciting Budapest Gambit

The Budapest Gambit is an exciting and fun way to play against 1.d4 and 2.c4 - replying with 1...Nf6 and 2...e5. In this video you will learn how to pose problems for White with this fascinating opening.

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Simon Williams beschwört in seinem Eröffnungskurs den romantischen Geist des Schachspiels: Wir sind unerschrockene Krieger, die ihre Figuren in die heiße Schlacht schicken. Zu diesen martialischen Appellen gesellt sich der Spaß-Effekt: Der englische Großmeister verspricht, dass das aufregende Budapester Gambit dabei hilft, die Lust aufs Schachspielen neu zu entdecken. Die Begeisterung für das Gambit vermittelt Simon Williams selbst durch sein Aussehen – hippe Frisur und Barttracht würden ihn sogar für den Wrestling-Ring qualifizieren.

Das Budapester Gambit wird systematisch in sechs Stunden aufbereitet. Die allgemeine Einführung umfasst Musterpartien, strategische Pläne und typische taktische Motive. Die kritischen Varianten werden mit einem Intro vorgestellt, dann folgen Musterpartien und die Theorie. Simon Williams hatte bis zur Erstellung seines Kurses zwar selbst noch nie das Budapester Gambit gespielt, glich die mangelnde Erfahrung aber mit analytischem Eifer aus. So präsentiert er die bestmöglichen Lösungen für alle weißen Ansätze, das Gambit zu widerlegen. Gegen die Adler-Variante (4.Lf4) nimmt er nur 4...Sc6 intensiv unter die Lupe, in 4...g5 hat er kein Vertrauen. Wenn Schwarz auch nicht immer 0,00 erreicht, so landet er dennoch in einer spielbaren Stellung – und es ist der Weiße, der davor taktische Klippen umschiffen muss.

Im mittlerweile 10 Jahren alten Buch "Squeezing the Gambits" setzt sich GM Kiril Georgiev intensiv mit den Gambits gegen 1.d4 auseinander. Sein Urteil über das Budapester Gambit sollte man ernst nehmen, aber jede Schwäche kann sich auch als Stärke entpuppen. Zuerst meint er, dass die entstehende Bauernstruktur für Schwarz solid, aber defensiv sei: Dem Nachziehenden bleibe nur aktives Figurenspiel. Und genau das ist es, was Williams propagiert: Schnell raus mit den Figuren und im besten Fall mattsetzen!

Zudem attestiert der bulgarische Großmeister dem Budapester Gambit ein eingeschränktes Repertoire an strategischen Ideen, es biete nur klare, einfache Pläne. Damit spricht er gleichzeitig an, was sich viele von Eröffnungskursen wünschen: Klarheit und verständliche Pläne. Wird dadurch die schachliche Entwicklung eingeschränkt? Nicht unbedingt, denn jeder Schwarzspieler muss ohnehin ein zweites System gegen 1.d4 im Köcher haben, da Spaßverderber gerne zu 2.Sf3 greifen.

Das Budapester Gambit eignet sich jedenfalls hervorragend für Blitz- und Schnellschach, doch selbst auf hohem Niveau erzielt es bei regulärer Bedenkzeit Erfolge: Das bezeugen die Schwarzsiege von Rapport gegen Gelfand oder von Shirov gegen Bacrot.

Wer nach noch mehr Abenteuer sucht, kann mit 3...Se4 das Fajarowicz-Gambit probieren, das Simon Williams ebenfalls untersucht. Bei bester Fortsetzung erzielt Weiß Vorteil, aber wer merkt sich schon die Widerlegung einer so seltenen Eröffnung? In der Corona-Zeit hat sich das Schachgeschehen fast ausschließlich ins Internet verlagert. Diese Gelegenheit nutzte Simon Williams, um seine Studien in der Praxis auszutesten. Im Blitzen packte er gegen zwei Eloschwächere 3...Se4 aus und gewann, was aber nicht unbedingt an der Eröffnung lag. Noch eindrucksvoller ist das Experiment, das der israelische GM Postny beim Internet-Blitzen startete: Er erzielte mit 3...Se4 16/18, hauptsächlich gegen Spieler im Bereich von 2100 bis 2400.

 

Eine der beiden Niederlagen fügte ihm GM Jobava zu, doch auch hier hatte Schwarz eine angenehme Stellung erreicht. Allerdings gewann er häufig nicht wegen, sondern trotz des Fajarowicz-Gambits.

Ich war natürlich neugierig, wie sich das Budapester Gambit in der Praxis bewährt: Beim Blitzen im Internet startete ich mit einigen Niederlagen, aber nach einer gründlicheren Wiederholung der Varianten wendete sich das Blatt und das Gambit bescherte mir bereits einige spektakuläre Angriffssiege. Ein großer Pluspunkt ist die überschaubare Theorie, es genügt, die drei wichtigsten Varianten zu überblicken, nämlich 4.Sf3, 4.Lf4/Sd2 und 4.Lf4/Sc3. Etwas ein Drittel der Gegner verweigert übrigens jede theoretische Diskussion und zieht 3.e3, 3.Sf3 oder 3.d5: Natürlich analysiert Williams auch diese Nebenvarianten, aber nicht so ausführlich, wie sie prozentuell auftreten.

Wer sein Schwarz-Repertoire um eine gefährliche Waffe erweitern will, dem kann ich das Budapester Gambit von Simon Williams empfehlen.

The Exciting Budapest Gambit

The Budapest Gambit is an exciting and fun way to play against 1.d4 and 2.c4 - replying with 1...Nf6 and 2...e5. In this video you will learn how to pose problems for White with this fascinating opening.

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Martin Neubauer ist Internationaler Meister und spielte von 2000 bis 2012 für das österreichische Nationalteam und trainierte von 2006-2008 den österreichischen Jugendkader.(Foto: Chess.at)

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