Kanadas erster Großmeister - ein Porträt zum 95.Geburtstag

von Max Berchtenbreiter
26.03.2020 – Mit Eric Hansen und Evgeny Bareev hat Kanada heute zwei prominente schachliche Aushängeschilder. Im 20. Jahrhundert hingegen war Kanada noch schachliches Entwicklungsland, mit einer Ausnahme: Daniel "Abe" Yanofsky, Sohn polnischer Einwanderer, wurde Kanadas erster Schachgroßmeister. Heute wäre er 95 Jahre alt geworden. Max Berchtenbreiter widmet ihm ein Porträt.| Foto: Yanowsky und Euwe (Dutch National Archive)

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Foto: WikipediaHeute hat Kanada mehrere Großmeister im Schach, von denen der Bekannteste sicher Eric Hansen ist. Im 20. Jahrhundert war das riesige Land eher ein Exot im Kreise der Schachnationen. Eine prominente, spielstarke Ausnahme gab es allerdings, Daniel "Abe" Yanofsky (26. März 1925 - 5. März 2000).

 

1925 im heutigen Polen geboren, kam Daniel Yanofsky, genannt Abe, bereits im Kleinkindalter mit seiner Familie nach Winnipeg und galt bereits in jungen Jahren als Ausnahmetalent. Mit 14 Jahren nahm er als zweites Brett für Kanada an der Schacholympiade 1939 in Buenos Aires teil, der letzten vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Einen Namen in der internationalen Schachszene machte er sich hier u.a. mit einer schönen Angriffspartie in der Vorrunde gegen den Peruaner Alberto Dulanto.

 

Der frühe Tod des Vaters und sein Dienst in der Marine während des Krieges verzögerten zunächst seine weitere Karriere. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre nahm Yanofsky an einigen Spitzenturnieren in Europa teil, darunter das berühmte Staunton-Memorial in Groningen 1946, das die Ära der sowjetischen Dominanz im Schach einleitete. Hier gelang dem 21-jährigen Yanofsky sein wohl bekanntester Sieg über den späteren Turniersieger Mihail Botvinnik, der sich zwei Jahre später zum Weltmeister krönen sollte.

 

 

Foto: Kanadischer SchachverbandIn Groningen schlug sich Abe mit insgesamt 8,5 aus 19 achtbar. Er verlor u.a. gegen Miguel Najdorf nach Buenos Aires 1939 die bereits zweite Partie. Wie das Dossier der Mega Database 2020 ausweist, etablierte sich der Argentinier im weiteren Verlauf als eine Art Nemesis für Yanosfky, sollten ihm doch in den insgesamt neun Begegnungen bei vier Niederlagen kein einziger Sieg gelingen. 

Entscheidung gegen eine Profikarriere

Nach seiner Europareise stand Yanofsky Anfang der 1950er Jahre vor einer Entscheidung, die damals viele starke Amateurspieler zu treffen hatten. Er entschied sich dagegen Profi zu werden und stattdessen für eine klassische Karriere und studierte Jura in Oxford. 1953 gewann er dann dort auch die Britische Meisterschaft mit 1,5 Punkten Vorsprung. Wie außergewöhnlich seine Stellung im kanadischen Schach war, zeigen seine acht Landesmeistertitel. 1959 gewann er gar mit der perfekten Ausbeute von 11/11 im Stile Bobby Fischers.  1964 erreichte er dann auch den Großmeistertitel und schrieb lange Zeit auch eine wöchentliche Kolumne in der Winnipeg Free Press.

Neben dem Schach stellte der Rechtsanwalt Yanofsky seine vielen Begabungen und Interessen immer wieder unter Beweis: So engagierte er sich in der Lokalpolitik und schuf dort in seiner Rolle als Finanzpolitiker die Grundlagen für den Bau eines neuen Krankenhauses, in dem er im Jahr 2000 an den Folgen einer Krebserkrankung versterben sollte.

Eintrag der englischsprachigen Wikipedia

Nachruf seiner lokalen Zeitung, der Winnipeg Free Press

Nachruf bei der New York Times

Biografie beim Kanadischen Verband


Max Berchtenbreiter, Jahrgang 1994, spielt seit bald 20 Jahren Schach. In der 2. Bundesliga ist der Internationale Meister seit der Saison 2017/18 für den Münchener Schachclub 1836 aktiv. Max arbeitet gegenwärtig an seiner Promotion im Bereich Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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