Kandidatenturnier Rd. 6: Kramnik überzieht, So brilliert

von Marco Baldauf
16.03.2018 – Ein Tag voller Überraschungen in Berlin! Vladimir Kramnik überdreht gegen Shakhriyar Mamedyarov und setzt auf Siegchancen, wo nur Verlustchancen waren - Wesley So gelingt ein fantastisches Comeback gegen Levon Aronian. Fabiano Caruana spielt eine zweischneidige Partie gegen Alexander Grischuk und führt nach einer Punkteteilung jetzt gemeinsam mit Mamedyarov. | Foto: Worldchess

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Zusammenfassung mit IM Steve Berger

Eine langweilige, dafür drei großartige Partien

Was für eine Runde! Das Kandidatenturnier lieferte in der heutigen sechsten Runde Ergebnisse, mit welchen wohl nur die wenigsten gerechnet hatten. Wesley So schlägt Levon Aronian und ist mit nunmehr 2½/6 wieder auf Tuchfühlung. Vladimir Kramnik schlägt eine frühe Zugwiederholung aus und geht gegen Shakhriyar Mamedyarov baden und Alexander Grischuk opfert wieder zum dritten Mal in Folge Material...

Ein frühes Remis produzierte die einzige "langweilige "Partie des Tages zwischen Liren Ding und Sergey Karjakin. In einem g3-Grünfeld opfert Ding zwar früh einen Bauern auf b2, sieht sich aber schon nach 14 Zügen gezwungen, seine Initiative in eine Zugwiederholung umzumünzen. Karjakin kann dieser unter keinen Umständen ausweichen und so ist die Punkteteilung früh unterzeichnet.

 

Kein gutes Ergebnis für beide Spieler: Ding vergibt eine Weißpartie, Karjakin bleibt weiterhin am Tabellenende stecken.

Deutlich mehr Action produzieren hingegen Fabiano Caruana und Alexander Grischuk. Caruana eröffnet auch seine dritte Weißpartie mit dem Damenbauern, Grischuk entgeget wie erwartet grünfeldindisch.

Fabiano Caruana und Alexander Grischuk | Foto: Worldchess

 

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Kramnik auf Tilt

Vladimir Kramnik stand vor der Partie gut im Turnier. Zwar musste er nach seinem Raketenstart mit 2½/3 eine sehr bittere Niederlage gegen Caruana in Runde Vier einstecken, schien sich davon aber nicht weiter ablenken zu lassen und spielte gestern eine saubere Schwarzpartie gegen Wesley So. Ein Remis ohne größere Aufreger war das Ergebnis des Aufeinandertreffens. Nach einem solchen sah es heute auch bald aus. Mamedyarov hatte gegen Kramnik ultrasolides Schwarzrepertoire nichts herausgeholt und mit der Zugfolge 26.Lc2-Sa5 27.Ld3-Sc6 28.Lc2 eine stilles Friedensangebot unterbreitet.

 

Kramnik nahm sich sieben Minuten Zeit und zog dann nicht das erwartete 28...Sa5 sondern entkorkte 28...h5. Ein Zug, der die Stellung völlig verändert. Weiß bekommt mit 29.g5-fxg5 30.e5! großen strategischen Vorteil und Kramnik stand bereits mit dem Rücken zur Wand.

 

Zwar war die Stellung kompliziert und auch mit Gegenchancen für Schwarz, doch nach dem Kramnikschen Patzer im 34...Tdc8? (anstatt 34...Sc4 mit Gegenspiel) befand sich Mamedyarov auf der Siegerstraße.

 

Mamedyarov tauschte ein Turmpaar ab und holte mittels Th1 den Bauern auf h4 ab. Der Rest war mehr oder minder eine Frage azerischer Technik.

Wesleys Comeback

Wesley So hatte eine denkbar schlechten Start ins Turnier und muss mit der Hypothek von 0/2 das Turnier gestalten. In den letzten Runden stabilisierte er sich und vermied mit drei Remisen am Stück immerhin, völlig den Anschluss zu verlieren. Heute war es jedoch an der Zeit, ein Signal zu senden - wer den jungen US-Amerikaner bereits abgeschrieben hatte, wurde eines besseren belohnt. Eine starke Vorbereitung in Aronians Stammgebiet, dem Anti-Marshall, gefolgt von einer sauberen Leistung bis zum Schluss. So überspielte den Armenier überzeugend und ist nun endlich im Turnier angekommen.

Wesley So besiegt Levon Aronian | Foto: Worldchess

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Stand nach 6 Runden

 

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Marco Baldauf, Jahrgang 1990, spielt seit seinem sechsten Lebensjahr Schach. Zwei Mal wurde er Deutscher Jugendmeister, seit 2015 spielt er für die Schachfreunde Berlin in der Bundesliga. Für Chessbase schreibt er gelegentlich auf der Homepage, kommentiert live oder versucht sich als Autor von Fritztrainern.

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