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Die Kunsthalle Platoon in Prenzlauer Berg - eine aus Containern zusammen gezimmerte Location für Events aller Art - hatte den Schachboxern jahrelang ein festes Domizil geboten, aber nach Ende dieses Projekts im letzten Jahr musste man sich auf die Suche nach einem neuen Domizil machen. Im Dezember fand die Veranstaltung im Kaufhaus Jandorf in Berlin-Mitte statt und beim ersten Schachbox-Event des Jahres 2017 war man am zweiten April-Wochenende ins Ballhaus Kreuzberg in der Nähe des Görlitzer Parks gezogen.
Wie üblich standen an diesem Abend drei Schachbox-Wettkämpfe auf dem Programm. Der "Intellectual Fight Club" erlebte bereits seine siebte Auflage. Amateursportler aus ganz Europa stellen sich - oft zum ersten Mal vor Publikum - dem Fight of "Brain and Brawn", Hirn und Muskelkraft - denn beides wird benötigt, wenn man beim Schachboxen bestehen will. Eine Schachpartie mit je neuen Minuten Bedenkzeit - aufgeteilt auf sechs Runden à drei Minuten und dazwischen je eine Runde Boxen - das sind die Regeln, die der holländische Aktionskünstler Iepe Rubingh entwickelt hat, als er nach einer Comic-Vorlage das Schachboxen im Jahr 2003 erfand.
Den ersten Fight an diesem Abend bestritten vor ca. 500 Zuschauern Michal Adamski und Stephan Kring. Letzterer ist ein 50-jähriger Lehrer aus Schweden, der es geschafft hat, das Schachboxen in seinem Land so bekannt zu machen, das sogar das Fernsehen darüber berichtet. Sein Gegner kam aus Polen. Begonnen wurde mit Schach und hier zeigten beide Schachboxer eine passable Spielanlage. In den Boxrunden machte sich dann die größere Reichweite von Adamski entscheidend bemerkbar. Das konnte Kring auf dem Brett nicht ausgleichen und er verlor in der sechsten Runde - der dritten Boxrunde - durch technischen KO.
Nach einer Pause folgte der zweite Kampf zwischen Jens Beyer aus Köln und dem in Italiener Luigi Sbailo. Beiden Schachboxern war anzumerken, dass ihre Qualitäten eher im Ring lagen. Sie schenkten sich nichts, weder mit Fäusten noch mit den Figuren. Es war ein höchst abwechslungsreicher Kampf, bei dem der Schachschiedsrichter gegen Ende der Partie nach einem regelwidrigen Zug eingreifen musste. Die Position wurde auf den Zeitpunkt vor der Regelwidrigkeit zurückgesetzt und dann weitergespielt. Allerdings konnte die Partie von den meisten Zuschauern dann nicht mehr verfolgt werden, weil die Übertragungstechnik streikte.
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Nur wer ganz nah am Ring stand, bekam die Züge noch mit. Der Schachkommentator Paul Atkinson vom SC Empor Berlin versuchte das Geschehen auf dem Brett den Zuschauern dann verbal zu vermitteln. Beyer suchte, nachdem seine Stellung auf dem Brett sich immer mehr verschlechterte, die Entscheidung im Ring, aber Sbailo überstand trotz eines Niederschlags die vierte Boxrunde. Danach setzte er, nachdem er sich eine weitere Dame geholt hatte, in der fünften Schachrunde schachmatt.
Beim dritten Kampf musste umgestellt werden, da sich der ursprünglich vorgesehene Schachboxer Sergey Ksendzov das Bein gebrochen hatte. So sprang Karim vom ChessBoxing Club Berlin für ihn ein und er wollte mit den weißen Steinen gleich spektakulär gewinnen. Allerdings misslang ihm die Eröffnungsfalle gründlich, so dass er im vierten Zug die Dame verlor und dann sein Heil doch im Boxring suchen musste. Der Kampf wogte hin und her, die Spieler ließen sich weder durch nicht regelgerechte Rochaden noch durch schwere Kopftreffer beeindrucken und boten unter den Anfeuerungsrufen des Publikums einen abwechslungsreichen Fight, den Karim letztendlich mit einem Schachmatt zu seinen Gunsten entscheiden konnte.
"Men will fight, kings will fall, by the end of the night one will stand before all.” - das ist das Motto der Schachboxer, welches auch über dieser Veranstaltung stand. In diesem Sinne hatte der Abend wieder einmal beste Unterhaltung geboten.
Auch wenn so mancher der Besucher, die eher dem Schach nahestanden, sich vielleicht über einige Auf dem Brett gespielte Züge wunderte - man sollte dabei nicht vergessen, dass man nicht weiß, wie man selbst spielen würde, wenn Einem die Varianten aus dem Kopf herausgeschlagen werden.
Andererseits können sich viele Schachveranstaltungen in Puncto Vermarktung vom Schachboxen eine dicke Scheibe abschneiden, allein die lange Liste der Sponsoren dürfte so manchen Schatzmeister und Turnierdirektor vor Neid erblassen lassen.