Schach Muppet Show oder Impressionen eines neuen Einsteigers, Teil 2

von Vlastimil Hort
03.08.2018 – Im zweiten Teil seiner Betrachtungen zu den Senioren-Mannschaftsweltmeisterschaften beschäftigt sich Neu-Senior Vlastimil Hort mit den Vorfällen an den Schachbrettern und hat einige kritische Partien und Stellungen herausgepickt und kommentiert.

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Schach Muppet Show in Dresden oder Impressionen eines neuen Einsteigers, Teil 2

Die jüngeren Kollegen (50+) überlasse ich ihrem Schicksal. Sie sind noch jung und stark. USA, England, Germany I waren besonders leistungsfähig. Zurück zur 65+. Wer mich sehr angenehm überraschte, war Jefim Rotstein. Wir spielten unsere erste Partie und meine Stellung verschlechterte sich mit jedem Zug. Ja, er hätte einige Male klar gegen mich gewinnen können und sein b-Bauer wird mich noch in meinen Träumen verfolgen. Jedoch, wenn man aufgegeben hat, kann man eine Partie nicht mehr retten, lautet eine bekannt Schachregel.

 

Es geschah 39.Ta7+ Kf6 40.b7?? Glück gehabt! 40...Txc5! Und Schwarz rettet sich nicht nur ins Unentschieden, sondern steht glatt auf Gewinn.

Warum trägt er "nur" den Titel FIDE-Meister? Ein Rätsel. Er hatte in Dresden den amtierenden Weltmeister Eugeny Sveshnikov ärgern können und sogar vielleicht besiegen, was für mich nur ein kleiner Trost war.
 

 

Ich war recht neugierig und entdeckte in Wikipedia folgende Information:

Jefim Rotstein (*16. Mai 1933)
Rotstein wurde im Lemberger Pionierpalast von Alexei Sokolski im Schach unterrichtet. Zu seinem Freundeskreis zählten damals Leonid Stein und Boris Katalymow. Nach dem Schulabschluss absolvierte Rotstein ein Studium am Polytechnischen Institut und war in Stanislaw als Maschinenbauingenieur tätig. Seine beste historische Elozahl war 2534 im November 1959. Er war in den Jahren 2000, 2002, 2004 und 2017 Deutscher Seniorenmeister. Meines Erachtens liefert Jefim Rotstein einen klaren Beweis, dass man sogar mit 85 Jahren nicht nur dabei ist...

Germany I versus Germany II.

Was für ein dramatisches Match! Besonders die Partie zwischen Schmidt und Boidman hatte es in sich:

Weiß stand lange sehr gut, dann nur besser und im Endspiel konnte Schwarz nach präzisem Spiel endlich aufatmen.

 

In der anschließenden stürmischen Analyse glaubten wir, dass 42.Sf5 statt 42.Td7 gewinnt. es stellte sich jedoch heraus, dass nach 42...Txg6 43.Txa7 Lf8! 44.Kf3 Tb6 45.a5 b3! der schwarze Bauer sehr gefährlich werden kann.

Germany I musste sich anschauen, wie Bodo überzogen hat und nach 54...Tc4 seine Ohren eine purpurrote Farbe bekam. 

Der echte Matchwinner war Boris Khanukov, der seinen Vorteil im Turmendspiel gegen Buchal erfolgreich vergrößerte.

Favoritenstürze

Die Rentner und Schachamateure hatten insgesamt hervorragende Theoriekenntnisse und waren auf jeden Gegner gut vorbereitet. Hier und da wurden die Favoriten ausgekontert und regelmäßig vorgeführt.

 

FM Peter Rahls aus Berlin hat zuerst einen Bauern in der Partie Rahls-Hort geopfert. 

 

 

 

Schwarz sollte unbedingt mit 23...De7 statt 23...Sa5 fortsetzen. Der Durchbruch f4-f5 geht nämlich wegen 24...gxf5 25.Dg7 Df8! noch nicht.

Es ging alles sehr schnell. Mein Gegner spielte a tempo und ich hatte das Gefühl Michael Tal gegenüber zu sitzen. Der einzige Versuch, die weiße Initiative zu bremsen, war der Blockadezug 28... Te6 statt 28... g5?. Nach 29.hxg6 fxg6 30.Sf4 droht weniger der Qualitätsverlust, sondern 31.Df3 und Schwarz kann den Bauern d5 nicht effizient verteidigen. Der Favorit konnte aus dem ganzen Verlauf der Partie etwas lernen. Danke nach Berlin!

 

 

 

Die beiden superstarken Amateure zeigten viel Dynamik und Spielverständnis. Eigentlich wäre ein Unentschieden ein gerechtes Resultat gewesen. Anstatt 27...Dg4+ 28.Kd3 Lc1? hätte 27...Lg7 auf der Stelle gewonnen. Falls 28.Dc7 so 28...Te8 und der weiße König wird mattgesetzt. Der schwarze Läufer, den GM Klaus Bischoff "Herr Hausmeister" nennt, zeigte, was er kann.

Fazit: Es war schön in Radebeul! Wann sehen wir uns wieder? Herr Dr. Dirk Jordan und sein Team waren wieder fehlerfrei.

Zum Schluss meiner Betrachtung lasse ich noch meine Partie gegen Sveshnikov folgen. 
  

 

Fast 25 Jahre vorher:

 

 

 

 


Ehemaliger Weltklasse-Spieler, WM-Kandidat, vielfacher Autor und bekannter TV Schachmoderator.

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