Aus alten Zeitungen:
Schach und Geld
Für Lasker war die soziale Lage eines Schachmeisters immer ein wichtiges Thema. Er hatte das Beispiel Wilhelm Steinitz vor Augen, der als Schachweltmeister viele Jahre auf höchstem Niveau spielte, wesentliche Impulse für die Weiterentwicklung des Schachspiels gab und trotzdem seine letzten Lebensjahre in großer Not verbringen musste. Deshalb trat Lasker dafür ein, dass die Leistungen der Schachmeister entsprechend honoriert werden sollten. Er legte großen Wert auf die Ausgestaltung von Verträgen für Wettkämpfe und Turniere, insbesondere auf die finanzielle Seite.
Die folgenden Betrachtungen zum Thema Schach und Geld beziehen sich auf den Zeitraum bis 1930 des vorigen Jahrhunderts. Diese Jahre sind gekennzeichnet durch stabile wirtschaftliche Perioden, den ersten Weltkrieg, Inflation und Weltwirtschaftskrise. Aus heutiger Sicht kann man schwerlich beurteilen, welche Kaufkraft die in der Literatur angegebenen Beträge in ihrer Zeit hatten. Mit Hilfe von Umrechnungen soll der Versuch unternommen werden, hier eine Relation zur heutigen Euro-Währung herzustellen. (1)
Einige der damaligen Spitzenspieler arbeiteten neben dem Schach noch in einem Beruf und waren nicht unbedingt auf das Geld angewiesen. Als Ärzte praktizierten so z.B. Tarrasch und Berthold Lasker. J. Mieses redigierte Schachspalten in Tageszeitungen und organisierte Turniere. Vidmar war Ingenieur der Elektrotechnik und Hochschullehrer. Capablanca formal als Diplomat Kubas tätig, konnte sich völlig dem Schach widmen.
Curt von Bardeleben erbte ein großes Vermögen. Dank des Schachmäzens Leo Nardus, einem wohlhabenden Maler und Kunsthändler, mussten sich Janowski und Marshall keine Sorgen um ihren Lebensunterhalt machen.
Dagegen kämpften die reinen Berufsspieler buchstäblich gegen das Matt. Obwohl Sieger mehrerer Turniere und Mitarbeiter der Deutschen Schachzeitung, starb Schlechter 1918 an den Folgen von Krankheit und Unterernährung. Der Grund für die Unterernährung war allerdings in diesem Fall vor allem die schlechte Ernährungslage in Österreich-Ungarn zum Ende des Ersten Weltkrieges als Folge der Kontinentalblockade durch die alliierten Kriegsmächte.
Auch Emanuel Lasker war de facto Berufsspieler, denn die Bemühungen als Mathematiker eine dauerhaft Anstellung zu finden, blieben erfolglos. Seine Schacherfolge und die daraus resultierende finanzielle Unabhängigkeit ermöglichtem es ihm, sich auch anderen Beschäftigungen zuzuwenden. Durch Krieg und Inflation verlor er jedoch diese Unabhängigkeit und mußte ab 1933 wieder mit dem Schachspielen seinen Lebensunterhalt sichern.
Welche Möglichkeiten gab es, mit dem Schachspiel Geld zu verdienen?
Bei Schachturnieren konnten die Spieler für die ersten Plätze Geldpreise gewinnen, für besonders interessante Partien gab es Schönheitspreise. Manchmal erhielt ein Spieler aus dem unteren Tabellenbereich noch einen Preis, wenn er gegen die Preisträger das beste Ergebnis erzielt hatte. Um die Kampfeslust der Spieler anzuspornen, gab es manchmal für gewonnene Partien eine Bonuszahlung. (Petersburg 1909)
Es ist von einigen Turnieren bekannt, dass für die Teilnehmer die Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung bezahlt wurden (Cambridge Springs 1904). Bei Turnieren ist auch die Dauer zu berücksichtigen, um die möglichen Preisgelder ins Verhältnis zum eventuellen anderweitigen Verdienstausfall zu setzen. So ist z.B. von Tarrasch bekannt, daß er Einladungen ablehnte, weil er sich um seine Arztpraxis kümmern mußte.
Einige Spieler konnten es sich leisten, vom Veranstalter ein „Antrittsgeld“ zu fordern, so z.B. Lasker beim WM-Kampf mit Tarrasch 1908.
Eine weitere Einnahmequelle waren Simultanveranstaltungen, bei denen die Zuschauer und Teilnehmer einen Betrag zahlen mussten, der sich natürlich nach dem Bekanntheitsgrad des Simultanspielers richtete. Lasker hat im Anschluß an internationale Turniere auf der Rückreise häufig Zwischenstationen eingelegt, um Simultanpartien zu spielen, z.B. Petersburg 1914.
Für Bücher und Zeitschriften, die von Spielern herausgegeben oder redigiert wurden, kann man die Preise mit heutigen vergleichen, aber entscheidend ist natürlich die Anzahl der verkauften Exemplare. Dies ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Bei einem gesicherten Absatz, z.B. als Vereinszeitung, ließ sich der Gewinn besser kalkulieren. („Der Schachwart“, Lasker)
Einige Tageszeitungen hatten eine regelmäßige Schachspalte, die manchmal auch weniger bekannten Spielern eine Einnahmequelle boten.
Emanuel Lasker hat mehrfach den Versuch unternommen, dass für Schachpartien ein Urheberrecht eingeführt wird. Er stellte das künstlerische Schaffen der Schachspieler mit Malern und Musikern in eine Reihe und forderte deshalb eine Gleichbehandlung. Zeitungen und Zeitschriften sollten nur noch gegen Honorar die Partien veröffentlichen dürfen. Er konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Quellen:
(1) Bundesbank: kaufkraftaequivalente-historischer-betraege-in-deutschen-waehrungen-data.pdf (Im Internet verfügbar)
(2) Norddeutsche Allgemeine Zeitung 9.4.1904 S.6
(3) Renette, Hans; “Emanuel Lasker: A Chess Biography with 1832 Games”; McFarland
(4) Jahresbericht Berliner Schachgesellschaft für 1908
(5) Norddeutsche Allgemeine Zeitung 22.11.1908 S.6 (A)
(6) Berliner Morgenpost 7.12.1913 S.13
(7) Norddeutsche Allgemeine Zeitung 8.12.1912 S. 10 (Anzeige)
(8) Wieteck, H.; „Schach im 20 Jahrhundert 1921-1930“; Edition Jung
(9) Norddeutsche Allgemeine Zeitung 7.8.1910 S.8